Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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These 9:<br />
Eine Letztbegründung im Sinne völliger Gewißheit<br />
beanspru<strong>ch</strong>t die Epistemologie Kants hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
der Form der Erkenntnis, d.h. (am Beispiel der Kosmologie)<br />
in der Art, wie wir über die Welt denken,<br />
und darüber, wo die Grenzen unserer Welterkenntnis<br />
liegen.<br />
Was bedeutet dies nun für das kantis<strong>ch</strong>e Instrument der Letztbegründung,<br />
den Prosyllogismus? Bezogen auf die Gegenstände der<br />
Welt hat er si<strong>ch</strong> in den Antinomien als unfru<strong>ch</strong>tbar erwiesen. Wel<strong>ch</strong>e<br />
Funktion aber kommt ihm bezügli<strong>ch</strong> der 'Einheit des Denkens'<br />
zu, die Kant als Antwort auf die kosmologis<strong>ch</strong>en Fragen fordert?<br />
Mögli<strong>ch</strong>erweise bietet der Exkurs, den Kant glei<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> den<br />
Antinomien eins<strong>ch</strong>iebt, hierzu Aufs<strong>ch</strong>luß 200 . Dort geht es um das<br />
»Interesse der Vernunft«, das au<strong>ch</strong> später wieder auftritt und dort<br />
dur<strong>ch</strong> die drei berühmten Erkenntnisfragen »Was kann i<strong>ch</strong> wissen?«<br />
»Was soll i<strong>ch</strong> tun?« »Was darf i<strong>ch</strong> hoffen?« konkretisiert<br />
wird 201 . Im Exkurs s<strong>ch</strong>ildert Kant zunä<strong>ch</strong>st nur, daß sowohl das<br />
praktis<strong>ch</strong>e als au<strong>ch</strong> das spekulative Interesse uns bei den kosmologis<strong>ch</strong>en<br />
Ideen jeweils für die Seite der Thesis und gegen diejenige<br />
der Antithesis Partei ergreifen läßt. Er stellt damit ni<strong>ch</strong>t in Frage,<br />
was er gerade mit den Antinomien gezeigt hat, nämli<strong>ch</strong> die Unbeweisbarkeit<br />
von Thesis bzw. Antithesis. Er sagt aber, daß gewisse<br />
Annahmen über die Welt mit unserem 'Interesse der Vernunft' besser<br />
in Einklang zu bringen seien als andere:<br />
»Die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Vernunft ist ihrer Natur na<strong>ch</strong> ar<strong>ch</strong>itektonis<strong>ch</strong>,<br />
d.i. sie betra<strong>ch</strong>tet alle Erkenntnisse als gehörig zu einem<br />
mögli<strong>ch</strong>en System, und verstattet daher au<strong>ch</strong> nur sol<strong>ch</strong>e<br />
Prinzipien, die eine vorhabende Erkenntnis wenigstens ni<strong>ch</strong>t<br />
unfähig ma<strong>ch</strong>en, in irgend einem System mit anderen zusammen<br />
zu stehen. Die Sätze der Antithesis sind aber von der<br />
200 Vgl. Kant, KrV (Fn. 9), A 462 ff./B 490 ff.<br />
201 Kant, KrV (Fn. 9), A 804 f./B 832 f.<br />
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