Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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nen als 'Antinomien', also als vernünftelnde S<strong>ch</strong>lüsse und ni<strong>ch</strong>t als<br />
Vernunfts<strong>ch</strong>lüsse eingestuft werden. In Kants Worten:<br />
»Diese vernünftelnde Behauptungen sind so viele Versu<strong>ch</strong>e,<br />
vier natürli<strong>ch</strong>e und unvermeidli<strong>ch</strong>e Probleme der Vernunft<br />
aufzulösen, ...« 175<br />
Man könnte ergänzen: »vergebli<strong>ch</strong>e Versu<strong>ch</strong>e«. Im Dialektikkapitel<br />
zeigt Kant, daß die spekulative Metaphysik der vorkritis<strong>ch</strong>en<br />
Zeit versagt, weil sie si<strong>ch</strong> in endlose Streitigkeiten verwickelt, statt<br />
in wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Erkenntnis fortzus<strong>ch</strong>reiten 176 . Der Werkteil<br />
über die Antinomien gipfelt in der Aussage: »Die dogmatis<strong>ch</strong>e<br />
Auflösung [der Antinomien] ist also ni<strong>ch</strong>t etwa ungewiß, sondern<br />
unmögli<strong>ch</strong>.« 177 Nimmt man nur diese Teilaussage der Elementarlehre,<br />
so s<strong>ch</strong>eint es bei Kant, wie die Literatur gern betont 178 , gerade<br />
keine Letztbegründung zu geben.<br />
Die auffällige Verwendung des apagogis<strong>ch</strong>en Beweisinstruments<br />
('Widerlegung des Gegenteils') deutet in dieselbe Ri<strong>ch</strong>tung.<br />
Denn wenn man zur Widerlegung des Gegenteils greift, dann vor<br />
allem, weil ein positiver Beweis ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>eint. Die Dominanz<br />
dieser Argumentform ist also ein weiteres Indiz dafür, daß<br />
Letztbegründung von Kant ni<strong>ch</strong>t für mögli<strong>ch</strong> gehalten wird. Ohnehin<br />
lebt der apagogis<strong>ch</strong>e Beweis (demonstratio apagogica, deductio<br />
ad absurdum) als indirekte Beweisart davon, daß es ein<br />
kontradiktoris<strong>ch</strong>es Gegenteil gibt, dessen Widerlegung na<strong>ch</strong> dem<br />
Satz vom ausges<strong>ch</strong>lossenen Dritten als Beweis angesehen werden<br />
kann 179 . Fehler s<strong>ch</strong>lei<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> bei dieser Beweisart folgli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on<br />
dann ein, wenn wegen kriterieller Vers<strong>ch</strong>iedenheiten das Gegenteil<br />
175 Kant, KrV (Fn. 9), A 462/B 490.<br />
176 Höffe, Kant (Fn. 152), S. 163.<br />
177 Kant, KrV (Fn. 9), A 484/B 512.<br />
178 Vgl. z.B. oben Fn. 109.<br />
179 Vgl. Georg Mohr, Art. 'Apagogis<strong>ch</strong>er Beweis', in: Pre<strong>ch</strong>tl/Burkard<br />
(Hrsg.), Metzler Philosophie Lexikon (Fn. 6), S. 35.<br />
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