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Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch

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Ursa<strong>ch</strong>e'. Dabei ist nun die Ans<strong>ch</strong>auung mehr als die Summe der<br />

Eindrücke (Apperzeptionen) und Empfindungen 153 , der Begriff<br />

mehr als die Summe der Ans<strong>ch</strong>auungen und das Prinzip mehr als<br />

die Summe der Begriffe. Im Beispiel: das Prinzip ('Jedes...') entsteht<br />

ni<strong>ch</strong>t allein aus der abstrahierenden Wahrnehmung einzelner<br />

Ans<strong>ch</strong>auungen als 'Bäume' (Verstand) 154 , sondern beruht auf einer<br />

Denkleistung, die ein eigenständiges Mehr zu diesen Begriffen<br />

hinzufügt (Vernunft).<br />

Ein s<strong>ch</strong>önes Beispiel für die Alltägli<strong>ch</strong>keit der Vernunftbegriffe,<br />

die der Erkenntnis des Verstandes immer s<strong>ch</strong>on eine Einheit geben,<br />

also der 'Ideen', hat Krings vorgestellt 155 : Wenn der Geograph<br />

si<strong>ch</strong> im Gelände oder auf der Landkarte na<strong>ch</strong> den Polen der<br />

Erde orientiert, so bezei<strong>ch</strong>net der Ausdruck 'Pol' ni<strong>ch</strong>t etwa einen<br />

Gegenstand der sinnli<strong>ch</strong>en Ans<strong>ch</strong>auung, den der Geograph unmittelbar<br />

wahrnehmen könnte, sondern einen Begriff, wel<strong>ch</strong>er eine<br />

Mannigfaltigkeit geographis<strong>ch</strong>er Gegenstände ordnet: »Wo der<br />

Nordpol ist, kann man ni<strong>ch</strong>t sehen, wiewohl ein Blick auf einen<br />

Globus notwendig den S<strong>ch</strong>ein erzeugt, man könne ihn sehen.« 156<br />

Pole, Meridiane und Breitengrade sind geographis<strong>ch</strong>e Begriffe, die<br />

der Verstandeserkenntnis eine Einheit vorgeben, also 'Ideen'. Aus<br />

dieser Modellierung der Vernunft als eines Vermögens der Einheitsbildung<br />

folgt für Kant au<strong>ch</strong> umgekehrt, daß »wir also ... die<br />

153 Vgl. Kant, KrV (Fn. 9), A 20 f./B 36: »So, wenn i<strong>ch</strong> von der Vorstellung<br />

eines Körpers das, was der Verstand denkt, als Substanz,<br />

Kraft, Teilbarkeit etc., imglei<strong>ch</strong>en, was davon zur Empfindung gehört,<br />

als Undur<strong>ch</strong>dringli<strong>ch</strong>keit, Härte, Farbe etc. absondere, so<br />

bleibt mir aus dieser empiris<strong>ch</strong>en Ans<strong>ch</strong>auung no<strong>ch</strong> etwas übrig,<br />

nämli<strong>ch</strong> Ausdehnung und Gestalt. Diese gehören zur reinen Ans<strong>ch</strong>auung,<br />

die a priori ... als eine bloße Form der Sinnli<strong>ch</strong>keit im<br />

Gemüte stattfindet.«<br />

154 Vgl. Kant, KrV (Fn. 9), A 301/B 358: »Daß alles, was ges<strong>ch</strong>ieht,<br />

eine Ursa<strong>ch</strong>e habe, kann gar ni<strong>ch</strong>t aus dem Begriffe, was überhaupt<br />

ges<strong>ch</strong>ieht, ges<strong>ch</strong>lossen werden, ... .«<br />

155 Krings, Funktion und Grenzen (Fn. 129), S. 98.<br />

156 Krings, Funktion und Grenzen (Fn. 129), S. 98.<br />

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