Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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xion »von Anfang an« relativiert sei 89 . Immerhin sind Ans<strong>ch</strong>auung<br />
und Erfahrung des Einzelnen no<strong>ch</strong> grundlegender Vermögen<br />
als die Kommunikation in der Gemeins<strong>ch</strong>aft, so daß ni<strong>ch</strong>t einzusehen<br />
ist, warum eine klassis<strong>ch</strong>e Philosophie, die in ihrer Voraussetzungsanalyse<br />
bei diesen Vermögen ansetzt, dem Vorwurf der Relativierbarkeit<br />
eher ausgesetzt sein soll, als die moderne Transzendentalpragmatik.<br />
Viel naheliegender ist die Interpretation, es<br />
handle si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bei Kant ganz unrelativiert um »Ans<strong>ch</strong>auungsformen,<br />
die uns notwendig und konstitutiv gegeben sind, hinter die<br />
wir gewissermaßen ni<strong>ch</strong>t zurückgreifen können« 90 . Daß letztli<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> die Transzendentalpragmatik auf Ans<strong>ch</strong>auung und Erfahrung<br />
des Individuums ni<strong>ch</strong>t verzi<strong>ch</strong>ten kann, zeigt in verräteris<strong>ch</strong>er<br />
Weise die Unbestimmtheit in dem obigen Zitat (»verwandelt bzw.<br />
... erweitert«). Ob Kants Philosophie tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> derartige Relativierungen<br />
bereits eins<strong>ch</strong>ließt, oder ob sie vielmehr selbst Letztbegründungs<strong>ch</strong>arakter<br />
hat, wird im dritten Teil dieser Arbeit genauer<br />
zu untersu<strong>ch</strong>en sein 91 . Wäre eine Letztbegründung wie bei Apel<br />
bereits in der Philosophie Kants na<strong>ch</strong>zuweisen, dann würde ni<strong>ch</strong>t<br />
nur der Neuigkeitsgehalt der Transzendentalphilosophie deutli<strong>ch</strong><br />
relativiert, sondern es wäre au<strong>ch</strong> der Weg frei, um solipsistis<strong>ch</strong>e<br />
und kommunikative Reflexion in ihrer gegenseitigen Ergänzung,<br />
ihrer Komplementarität, statt nur in ihrer Gegensätzli<strong>ch</strong>keit zu beleu<strong>ch</strong>ten<br />
92 .<br />
In anderem Zusammenhang gesteht au<strong>ch</strong> Kuhlmann zu, daß die<br />
epistemologis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>iede zwis<strong>ch</strong>en klassis<strong>ch</strong>er Transzendentalphilosphie<br />
und gegenwärtiger Transzendentalpragmatik eher<br />
gradueller als kategoris<strong>ch</strong>er Natur sind:<br />
»Das strikt reflexive Letztbegründungsargument ... ist das<br />
transzendentalpragmatis<strong>ch</strong>e Äquivalent für die kantis<strong>ch</strong>e<br />
89<br />
Vgl. Kuhlmann, Kant (Fn. 9), S. 51 f.<br />
90<br />
Adorno, Kants »Kritik der reinen Vernunft« (Fn. 86), S. 36.<br />
91<br />
Dazu unten S. 54 ff.<br />
92<br />
Dazu unten S. 101 ff. (Mögli<strong>ch</strong>keiten und Grenzen).<br />
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