Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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det 273 , aber keinesfalls auf der Höhe der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnis.<br />
Die moderne Logik hat nämli<strong>ch</strong> als Relationenlogik<br />
über die (klassis<strong>ch</strong>-aristotelis<strong>ch</strong>e) Prädikatenlogik hinausgefunden.<br />
Sie rekonstruiert nunmehr die gesamte Mathematik eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong><br />
der Zahlen und arithmetis<strong>ch</strong>en Sätze als ein analytis<strong>ch</strong>es Axiomensystem,<br />
das dur<strong>ch</strong>aus zur kantis<strong>ch</strong>en Epistemologie paßt:<br />
»S<strong>ch</strong>on Frege kam zu dem Ergebnis, daß die Mathematik als<br />
Zweig der Logik aufzufassen ist. ... Es zeigt si<strong>ch</strong> nämli<strong>ch</strong>,<br />
daß jeder mathematis<strong>ch</strong>e Begriff aus den Grundbegriffen der<br />
Logik abgeleitet werden kann, [... so daß z.B.] bei dieser Definition<br />
von 'zwei' nur die genannten logis<strong>ch</strong>en Begriffe verwendet<br />
worden sind; [...] In ähnli<strong>ch</strong>er Weise können alle natürli<strong>ch</strong>en<br />
Zahlen abgeleitet werden; ferner au<strong>ch</strong> die positiven<br />
und die negativen Zahlen, die Brü<strong>ch</strong>e, die reellen Zahlen, die<br />
komplexen Zahlen; s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die Begriffe der Analysis:<br />
Limes, Konvergenz, Differentialquotient, Integral, Stetigkeit<br />
u.s.w. [...] Das ist sowohl für die Erkenntnistheorie der<br />
Mathematik, als au<strong>ch</strong> für die Klärung viel umstrittener philosophis<strong>ch</strong>er<br />
Fragen von größter Bedeutung geworden. [...] Da<br />
alle Sätze der Logik tautologis<strong>ch</strong> und gehaltleer sind, kann<br />
aus ihr ni<strong>ch</strong>ts darüber ers<strong>ch</strong>lossen werden, wie die Wirkli<strong>ch</strong>keit<br />
sein muß oder wie sie ni<strong>ch</strong>t sein kann. Jeder logisierenden<br />
Metaphysik, wie sie im größten Maßstabe von Hegel aufgestellt<br />
worden ist, ist damit die Bere<strong>ch</strong>tigung genommen.<br />
Au<strong>ch</strong> die Mathematik ist, als Zweig der Logik, tautologis<strong>ch</strong>.<br />
In <strong>Kantis<strong>ch</strong>e</strong>r Ausdrucksweise: die Sätze der Mathematik<br />
sind analytis<strong>ch</strong>, es sind keine synthetis<strong>ch</strong>en Sätze a priori.« 274<br />
273 Sie findet si<strong>ch</strong> ansatzweise au<strong>ch</strong> bei Kant selbst, weil er (ungenauerweise)<br />
aus dem Zahlen<strong>ch</strong>arakter folgert, die Mathematik bestehe<br />
im wesentli<strong>ch</strong>en aus synthetis<strong>ch</strong>en Sätzen a priori (Kant, KrV (Fn.<br />
9), B 15 ff.) und es gebe nur »wenige Grundsätze, [die] wirkli<strong>ch</strong><br />
analytis<strong>ch</strong>« seien (ebd., B 16).<br />
274 Rudolf Carnap, Die alte und die neue Logik (1930), zitiert na<strong>ch</strong><br />
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