Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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2. Wo liegen die Grenzen einer Bezugnahme auf kantis<strong>ch</strong>e<br />
Epistemologie?<br />
Wenn in dieser Arbeit eine Letztbegründung der Form der Erkenntnis<br />
au<strong>ch</strong> bei Kant aufgespürt wurde, dann bedeutet das ni<strong>ch</strong>t,<br />
daß die Transzendentalpragmatik ihren Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong><br />
insgesamt in der kantis<strong>ch</strong>en Tradition sehen könnte oder müßte.<br />
Das gilt insbesondere für das Verfahren der Begründung, das die<br />
moderne Philosophie im Diskurs ansiedelt, während Kant insoweit<br />
– selbst in der ästhetis<strong>ch</strong>en Reflexion – bei einem individuellen Erkennen<br />
geblieben ist. Hier wirkt si<strong>ch</strong> der Übergang von solipsistis<strong>ch</strong>em<br />
zu kommunikativem Erkenntnisverfahren deutli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> auf<br />
den Gegenstand der Letztbegründung aus: Diskursregeln sind in<br />
der Transzendentalpragmatik mit in den Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong><br />
einbezogen; der kantis<strong>ch</strong>en Philosophie sind sie hingegen<br />
fremd. S<strong>ch</strong>on dieses Beispiel zeigt die Grenzen einer Bezugnahme<br />
auf kantis<strong>ch</strong>e Epistemologie.<br />
S<strong>ch</strong>wieriger ist die Frage zu beantworten, ob jenseits der Form<br />
der Erkenntnis au<strong>ch</strong> die übrigen Gegenstände der transzendentalpragmatis<strong>ch</strong>en<br />
Letztbegründung eine Parallele bei Kant finden.<br />
Bezügli<strong>ch</strong> des weiteren formalen Gegenstandes, daß man nur das<br />
tun darf, was angesi<strong>ch</strong>ts seiner Folgen und Nebenwirkungen für<br />
die Befriedigung der Interessen jedes einzelnen Betroffenen in einem<br />
Diskurs mit diesen verteidigt werden könnte (Handlungsprinzip),<br />
besteht eine auffällige Nähe zum kategoris<strong>ch</strong>en Imperativ.<br />
Dieser ist als Teil der praktis<strong>ch</strong>en Philosophie hier ni<strong>ch</strong>t untersu<strong>ch</strong>t<br />
worden. Trotzdem läßt au<strong>ch</strong> eine oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Betra<strong>ch</strong>tung<br />
s<strong>ch</strong>on Parallelen erkennen: in apels<strong>ch</strong>er wie kantis<strong>ch</strong>er Philosophie<br />
ist dieses oberste Prinzip ri<strong>ch</strong>tigen Handelns dur<strong>ch</strong> transzendentale<br />
Argumente auf die allgemeine Epistemologie gestützt. Daraus<br />
muß in beiden Fällen glei<strong>ch</strong>ermaßen eine Ausdehnung der Letztbegründung<br />
auf die oberste Handlungsnorm folgen. Was in der<br />
Transzendentalpragmatik ausdrückli<strong>ch</strong> als 'Letztbegründung' bezei<strong>ch</strong>net<br />
wird, ma<strong>ch</strong>t bei Kant das 'Universalistis<strong>ch</strong>e' seiner Philosophie<br />
aus.<br />
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