Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ni<strong>ch</strong>t positive Beweisart, dann keine definitive Aussage enthält.<br />
Bezogen auf die Anerkennungsdimension der Diskurstheorie bedeutet<br />
das: derjenige, der beharrli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>weigt, erkennt au<strong>ch</strong> die<br />
Diskursregeln ni<strong>ch</strong>t an. Der Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong> der Transzendentalpragmatik<br />
stößt hier auf ein Problem, das von Apel dur<strong>ch</strong><br />
Hinweis auf die psy<strong>ch</strong>opathologis<strong>ch</strong>en Folgen der Kommunikationsverweigerung<br />
nur unzurei<strong>ch</strong>end behandelt wird. Letztli<strong>ch</strong><br />
wird man sagen müssen, die »Letztbegründung« im Sinne der<br />
Transzendentalpragmatik kann von vornherein ni<strong>ch</strong>t so gemeint<br />
sein, daß sie au<strong>ch</strong> gegenüber dem s<strong>ch</strong>weigenden Eremiten gilt.<br />
Und hier zeigt der »solipsistis<strong>ch</strong>e« Ansatz der Erkenntnistheorie<br />
Kants weniger S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>en. Er rekurriert allein auf das Vernunftvermögen<br />
des einzelnen, brau<strong>ch</strong>t also keine Kommunikation, um<br />
die These zu begründen, daß eine 'Einheit des Denkens' für jede<br />
Erkenntnis eine notwendige, aber dur<strong>ch</strong> Erfahrung ni<strong>ch</strong>t gegebene<br />
Voraussetzung ist. Indem Kant seine Erkenntnistheorie anthropologis<strong>ch</strong><br />
auf das Vermögen des einzelnen Mens<strong>ch</strong>en gründet, ohne<br />
eine bestimmte Kommunikationssituation mit anderen vorauszusetzen,<br />
ist er au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t dem Vorwurf ausgesetzt, die Verhaltensvariante<br />
der Ni<strong>ch</strong>t-Kommunikation übersehen zu haben.<br />
Zusammenfassend wird man sagen können, daß die Transzendentalpragmatik<br />
zwar ni<strong>ch</strong>t in jeder Hinsi<strong>ch</strong>t, aber do<strong>ch</strong> in bezug<br />
auf den Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong> ihre kantis<strong>ch</strong>en Wurzeln verkannt<br />
hat. Die Letztbegründung fußt eng auf dem transzendentalen<br />
Argument, glei<strong>ch</strong> ob es jetzt in solipsistis<strong>ch</strong>em oder kommunikativem<br />
Rückgang auf die Bedingungen der Mögli<strong>ch</strong>keit angewendet<br />
wird. Der Übergang von der solipsistis<strong>ch</strong>en Reflexion Kants<br />
zur kommunikativen Reflexion Apels hat dabei – wenn überhaupt<br />
ein signifikanter Unters<strong>ch</strong>ied angenommen werden kann – eher eine<br />
Minderung als eine Stärkung des Letztbegründungsanspru<strong>ch</strong>s<br />
zur Folge. Bezügli<strong>ch</strong> der Form der Erkenntnis beanspru<strong>ch</strong>en klassis<strong>ch</strong>e<br />
Transzendentalphilosophie und moderne Transzendentalpragmatik<br />
glei<strong>ch</strong>ermaßen eine Gültigkeit ihrer Aussagen für alle<br />
Mens<strong>ch</strong>en zu allen Zeiten; sie streben in diesem Sinne beide na<strong>ch</strong><br />
Letztbegründung.<br />
103