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ZBJV 2013 - servat.unibe.ch - Universität Bern

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790 Walter Kälin et al. <strong>ZBJV</strong> ·Band 149 · <strong>2013</strong><br />

Arbeitsverbot (BGE 138 I 246). Ein Asylbewerber aus Banglades<strong>ch</strong> hatte<br />

seit 1995 erfolglos versu<strong>ch</strong>t, die Bereinigung seines Aufenthaltsstatus<br />

zu errei<strong>ch</strong>en. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> begehrte er eine Arbeitsbewilligung, um si<strong>ch</strong><br />

von der Nothilfe lösen zu können. Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t bestand zwar<br />

darauf, dass das asylre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Erwerbsverbot (Art. 43 Abs. 2 AsylG)<br />

grundsätzli<strong>ch</strong> erforderli<strong>ch</strong> sei, um die Wegweisung ni<strong>ch</strong>t zu gefährden<br />

(E. 3.2.2). Der S<strong>ch</strong>utz des Privat- und Familienlebens na<strong>ch</strong> Art. 8 EMRK<br />

könne aber in Ausnahmesituationen au<strong>ch</strong> bei einer bloss faktis<strong>ch</strong>en Anwesenheit<br />

ohne irgendwie geartetes Aufenthaltsre<strong>ch</strong>t eine Arbeitserlaubnis<br />

erfordern. Bei einem 13-jährigen Arbeitsverbot sei die freie Gestaltung<br />

der Lebensführung in einem Mass einges<strong>ch</strong>ränkt, die den Sinn und<br />

Zweck der Regelung infrage stelle (E. 3.3.2). Zwar wird das Begehren<br />

des Bes<strong>ch</strong>werdeführers im Ergebnis abgewiesen. Das Geri<strong>ch</strong>t gibt dem<br />

Amt für Migration in Basel-Lands<strong>ch</strong>aft aber den Auftrag, beim nä<strong>ch</strong>sten<br />

S<strong>ch</strong>eitern der Wegweisung eine (vorläufige) Arbeitsmögli<strong>ch</strong>keit und damit<br />

den Ausweg aus der Nothilfeabhängigkeit zu s<strong>ch</strong>affen (E. 3.3.4).<br />

2.2 Bewegungsfreiheit- Fürsorgeris<strong>ch</strong>e Freiheitsentziehung na<strong>ch</strong><br />

verbiisster Jugendstrafe<br />

Das wohl meistkritisierte Urteil des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts im Beri<strong>ch</strong>tszeitraum<br />

fällte die II. zivilre<strong>ch</strong>tliehen Abteilung, indem sie die Fürsorgeris<strong>ch</strong>e<br />

Freiheitsentziehung, die einen psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong> Kranken betraf, guthiess,<br />

der als Jugendli<strong>ch</strong>er eine Prostituierte ermordet hatte (BGE 138<br />

III 593). Als Voraussetzung für eine sol<strong>ch</strong>e Unterbringung sieht Art. 397a<br />

Abs. 1 ZGB vor, dass «die nötige persönli<strong>ch</strong>e Fürsorge» für die betroffene<br />

Person «ni<strong>ch</strong>t anders erwiesen werden kann». Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t<br />

argumentiert nun, dass aus dem Fremdgefährdungspotenzial zwangsläufig<br />

ein Fürsorgebedürfnis folge: «Wer die Si<strong>ch</strong>erheit anderer bedroht,<br />

ist persönli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>utzbedürftig», denn zum S<strong>ch</strong>utzauftrag gehöre au<strong>ch</strong>,<br />

«eine kranke bzw. verwirrte Person davon abzuhalten, eine s<strong>ch</strong>were<br />

Straftat zu begehen» (E. 5.2). Zudem gestattete das Geri<strong>ch</strong>t ausnahmsweise<br />

die Einweisung in eine Straf- statt in eine Therapieanstalt, weil<br />

«die wesentli<strong>ch</strong>en Bedürfnisse» au<strong>ch</strong> dort befriedigt werden könnten<br />

(E. 8.1). Im Ergebnis hat das Bundesgeri<strong>ch</strong>t mit diesem Ents<strong>ch</strong>eid eine<br />

Fürsorgeris<strong>ch</strong>e Freiheitsentziehung wegen Fremdgefährdung zugelassen,<br />

wie sie im Gesetz ni<strong>ch</strong>t vorgesehen ist. Kombiniert mit der Unterbringung<br />

in der Jugendstrafanstalt wirkt si<strong>ch</strong> diese für den Betroffenen wie<br />

eine unbefristete Fortsetzung der Jugendstrafe contra legem aus.

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