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ZBJV 2013 - servat.unibe.ch - Universität Bern

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800 Walter Kälin et al. <strong>ZBJV</strong> ·Band 149 · <strong>2013</strong><br />

si<strong>ch</strong> kumulierende Gebühren als tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zugangsbes<strong>ch</strong>ränkung<br />

auswirken könnten (E. 4.3). Zwar bleibe den Behörden no<strong>ch</strong> ein Ermessensspielraum<br />

hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des Gebührenansatzes oder -verzi<strong>ch</strong>ts,<br />

do<strong>ch</strong> sei bei geringem Aufwand jedenfalls von einem besonders günstigen<br />

Gebührenansatz für Mediens<strong>ch</strong>affende auszugehen (E. 4.4). Im<br />

Ergebnis bedeutet dies, dass Journalisten zukünftig au<strong>ch</strong> ohne gesetzli<strong>ch</strong>e<br />

Grundlage direkt gestützt auf die Medienfreiheit einen besonders<br />

günstigen Zugang zu öffentli<strong>ch</strong>en Dokumenten beanspru<strong>ch</strong>en können.<br />

2.2 Geheimhaltungspfli<strong>ch</strong>t der Mediens<strong>ch</strong>affenden<br />

Die ersatzlose Strei<strong>ch</strong>ung des Straftatbestandes über «Veröffentli<strong>ch</strong>ung<br />

amtli<strong>ch</strong>er geheimer Verhandlungen» (Art. 293 StGB) regte das<br />

Bundesgeri<strong>ch</strong>t in dem Urteil an, mit dem es die Bestrafung eines Zeitungsjournalisten<br />

bestätigte. 18 Dieser hatte wörtli<strong>ch</strong> aus dem geheimen<br />

Protokoll einer Parlamentskommission zitiert. Der Straftatbestand<br />

enthält zwar eine Geringfügigkeitsklausel (Absehen von Strafe, «wenn<br />

das an die Öffentli<strong>ch</strong>keit gebra<strong>ch</strong>te Geheimnis von geringer Bedeutung<br />

ist»). Der Journalist hatte si<strong>ch</strong> aber weder auf diese Geringfügigkeit<br />

berufen no<strong>ch</strong> den aussergesetzli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund der Wahrung<br />

bere<strong>ch</strong>tigter Interessen geltend gema<strong>ch</strong>t (E. 2.5), sondern vielmehr<br />

unter Berufung auf den Fall Stoll 19 darauf bestanden, dass die<br />

Medienfreiheit dem Staat nur ganz ausnahmsweise gestatte, eine Geheimhaltung<br />

von der Presse zu verlangen. Die Vorinstanz hatte gegenüber<br />

diesem Anliegen spitzfindig zwis<strong>ch</strong>en dem (gewi<strong>ch</strong>tigen) Interesse<br />

der Öffentli<strong>ch</strong>keit an Information und dem (geringen) Interesse<br />

am genauen Wortlaut unters<strong>ch</strong>ieden (E. 1.4). Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t stützte<br />

diese Abwägungsdifferenzierung im Ergebnis und betonte, dass<br />

entgegen der Ansi<strong>ch</strong>t des Bes<strong>ch</strong>werdeführers au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem EGMR­<br />

Ents<strong>ch</strong>eid zum Fall Stoll ein formeller Geheimnisbegriff für Art. 293<br />

StGB zugrunde zu legen sei, weshalb ein Interesse der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />

die Vertretbarkeit der Geheimhaltungserklärung gar ni<strong>ch</strong>t berühren<br />

könne (E. 2.1). Veröffentli<strong>ch</strong>ungen aus vertrauli<strong>ch</strong>en Kommissionssitzungen<br />

erfüllen also immer den Straftatbestand, und die Medienfreiheit<br />

werde erst auf der Ebene der Re<strong>ch</strong>tfertigungsgründe relevant.<br />

18 BGer 6B_186/2012 vom 11. Januar <strong>2013</strong>, E. 2.4- .<br />

19 BGE 126 IV 236- Journalistis<strong>ch</strong>er Quellens<strong>ch</strong>utz; dazu EGMR 69698/01 vom<br />

10. Dezember 2007 - Stoll v. Switzerland.

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