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Forschung Integrative Taxonomie - Senckenberg Museum

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<strong>Forschung</strong><br />

<strong>Integrative</strong> <strong>Taxonomie</strong> –<br />

eine Zukunftswissenschaft<br />

Mit modernen Methoden in interdisziplinärer<br />

Kooperation erforschen <strong>Senckenberg</strong>-<br />

Wissenschaftler die Vielfalt des Lebens<br />

Abb. 2<br />

Bei zentralasiatischen<br />

Steppenschildkröten (Testudo<br />

horsfieldii-Komplex) wurden<br />

mehrere Arten und Unterarten<br />

beschrieben, die sich nicht mit<br />

den schwach differenzierten<br />

genetischen Linien decken<br />

(Fritz et al. 2009).<br />

Foto: Markus Auer,<br />

Mazdavan, Nordost-Iran<br />

von Martin Päckert, Heiko Stuckas, Raffael Ernst, Michael Mende & Uwe Fritz<br />

q<br />

Abb. 1 a/b<br />

Landschildkröten (Testudo<br />

graeca) aus Syrien: Das hell<br />

gefärbte Exemplar mit der<br />

ausgeheilten Verletzung<br />

(rechts, b) stammt aus einer<br />

ariden Gegend im Windschatten<br />

des Antilibanon-Gebirges.<br />

Das dunklere und wesentlich<br />

größere Tier (links, a) kommt<br />

aus einem wesentlich humideren<br />

Lebensraum mit mehr<br />

Futter in Nord-Syrien. Beide<br />

gehören zur selben genetischen<br />

Linie und lassen sich<br />

in allen bislang untersuchten<br />

Markersystemen nicht unterscheiden.<br />

Fotos: Pavel Široký<br />

Wie viele verschiedene Arten von Organismen gibt es auf unserem Planeten? Wie viele davon<br />

kennen wir überhaupt und wie viele haben wir noch nicht einmal entdeckt? Hinter diesen<br />

Fragen verbirgt sich eine schier unlösbare Herausforderung für jene Wissenschaftler, welche<br />

die Vielfalt des Lebens auf der Erde beschreiben und beim Namen nennen, die Taxonomen. Die<br />

allerdings sind weltweit besorgt, ob sie tatsächlich in der Lage sind, all diese noch unbekannten<br />

Arten zu entdecken und zu benennen, bevor sie ausgestorben sind (Costello et al. 2013 a). Bei<br />

gleichbleibendem Output würde das nämlich etwa 15 000 Jahre dauern (Raupach 2010)!<br />

Einer gern zitierten Schätzung zufolge sind 86 bis 91 Prozent<br />

aller auf dem Land und im Ozean lebenden Arten noch<br />

unbekannt (Mora et al. 2011). Nicht ganz so dramatisch<br />

ist die Sichtweise von Costello et al. (2013b), die vermuten,<br />

dass bereits zwei Drittel aller Arten entdeckt sind. So<br />

oder so, es stellt sich die Frage, wie und anhand welcher<br />

Merkmalskriterien Pflanzen- und Tierarten beschrieben und<br />

gegeneinander abgegrenzt werden. Die wissenschaftliche<br />

Artdiagnose ist zum einen stark geprägt vom jeweiligen theoretischen<br />

Artkonzept, das ihr zugrunde liegt (siehe Kasten<br />

1: Artkonzepte). Zum anderen ist sie stets nur so verlässlich<br />

wie die Merkmalssysteme, derer sie sich bedient. Weil<br />

Arten in der Natur jedoch höchst komplexe Gebilde sind,<br />

reicht ein einziger Merkmalskatalog mitunter nicht immer<br />

aus, um eine Art eindeutig zu bestimmen (Schlick-Steiner<br />

et al. 2010).<br />

a<br />

b<br />

Das Aussehen kann täuschen<br />

Unterschiede im Erscheinungsbild (dem Phänotyp) können<br />

beispielsweise auf Artverschiedenheit hinweisen, müssen<br />

dies aber nicht notwendigerweise (Abb. 1, 2). So sind die<br />

Landschildkröten aus der Verwandtschaft der Maurischen<br />

Landschildkröte (Testudo graeca) dermaßen variabel, dass<br />

manche Autoren sie einer Vielzahl von Arten zugeordnet<br />

hatten, bevor genetische Untersuchungen zeigen konnten<br />

dass dies nicht korrekt ist (Fritz et al. 2007). Offenbar<br />

206 <strong>Forschung</strong> SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

207


t<br />

Abb. 5 a/b<br />

Batagur baska (a) und Batagur affinis (b),<br />

zwei akut von der Ausrottung bedrohte<br />

Flussschildkrötenarten, die Panzerlängen<br />

bis zu 60 cm erreichen können. Foto oben:<br />

S. M. A. Rashid, unten: Brian Horne<br />

a<br />

von Batagur-Flussschildkröten existieren und dass sich die<br />

südliche Art sehr deutlich von der nördlichen (Batagur baska)<br />

unterscheidet (Praschag et al. 2007). Da nationale wie internationale<br />

Schutzmaßnahmen und Gesetze jedoch nur für<br />

wissenschaftlich benannte Arten gelten, konnten die Schutzstrategien<br />

erst angepasst werden, nachdem die Namen der<br />

beiden Spezies geklärt waren – beide gehören leider zu den<br />

25 am stärksten vom Aussterben bedrohten Schildkrötenarten<br />

der Welt (Turtle Conservation Coalition 2011).<br />

b<br />

Typusexemplar mit falschem Fundort<br />

p<br />

Abb. 3/4<br />

Links: Blick in den Reinraum<br />

des Dresdener Molekularlabors<br />

zur Analyse historischer<br />

DNA aus <strong>Museum</strong>sbelegen.<br />

UV-Licht-Bestrahlung<br />

zerstört DNA-Spuren nach<br />

jeder Analyse und verhindert<br />

so Verunreinigungen bei<br />

Folgeanalysen.<br />

Foto: Robert Sommer<br />

Rechts: Von <strong>Museum</strong>sexemplaren,<br />

z. B. Vogelbälgen<br />

(hier ein Klippenkleiber, Sitta<br />

tephronota, aus Afghanistan)<br />

kann Gewebematerial zur<br />

DNA-Analyse gewonnen<br />

werden. Foto: Heidi und<br />

Hans-Jürgen Koch, www.<br />

heidihanskoch.com<br />

Allein in Deutschland hüten zoologische, botanische, paläontologische<br />

und mineralogische Sammlungen einen Schatz<br />

von rund 140 Millionen Belegexemplaren. Davon liegen 38<br />

Millionen – immerhin mehr als ein Viertel – in <strong>Senckenberg</strong>iwird<br />

die morphologische Variabilität der Landschildkröten<br />

durch unterschiedliche Umweltbedingungen hervorgerufen.<br />

Hier spielen Faktoren wie Nahrungs- und Wasserangebot,<br />

Substratfeuchte, aber auch die Beschaffenheit und Färbung<br />

des Bodens eine Rolle. Gerade Landschildkröten zeigen<br />

oft eine Ähnlichkeit mit der Bodenfärbung – man spricht<br />

hier von Substratrassen (vgl. Fritz et al. 2007; Daniels et<br />

al. 2010). Ganz im Gegensatz dazu können sich hinter morphologisch<br />

weitgehend einheitlichen Wasserschildkröten<br />

manchmal genetisch tief divergente Linien verbergen, die<br />

sehr wahrscheinlich verschiedenen Arten entsprechen (Vargas-Ramírez<br />

et al. 2010; Fritz et al. 2011).<br />

Auch DNA-Analysen können in die Irre führen<br />

Die schnelle und vermeintlich sichere Diagnose genetischer<br />

Linien im Labor und deren Klassifizierung in Abstammungsgemeinschaften<br />

im Sinne des phylogenetischen Artkonzepts<br />

(siehe Infokasten „Artkonzepte“) hat hingegen auch ihre<br />

Tücken. Die häufig zur Artbestimmung, wie dem genetischen<br />

Barcoding, herangezogene mitochondriale DNA (mtDNA)<br />

erzählt in Wirklichkeit nur die Abstammungsgeschichte der<br />

Weibchenpopulationen, denn sie wird bei den meisten Tieren<br />

nur über die Mütter weitervererbt. Manchmal werden<br />

die Mitochondrien aber auch durch Hybridisierung über<br />

Artgrenzen hinweg ausgetauscht, sodass der Blick nur auf<br />

die mtDNA allein ein falsches Bild vermittelt (Currat et al.<br />

2008). Zur sicheren genetischen Artdiagnose sollte daher<br />

in der Regel auch Kern-DNA untersucht werden (nukleäre<br />

DNA, aus dem Zellkern), die von beiden Elternteilen vererbt<br />

wird. Nur durch solche Analysen lassen sich beispielsweise<br />

Hybridphänomene verlässlich nachweisen und damit das<br />

Ausmaß von Genfluss zwischen Populationen bestimmen.<br />

Erlernte Verhaltensmerkmale<br />

Schlussendlich gehören zu den artspezifischen Merkmalen<br />

tierischer Organismen mitunter auch hochkomplexe Verhaltensmerkmale.<br />

Viele davon sind entscheidend bei der<br />

Verpaarung artgleicher Individuen und daher potenzielle<br />

Indikatoren für reproduktive Barrieren im Sinne des biologischen<br />

Artkonzepts (siehe Kasten „Artkonzepte“). Hierzu<br />

gehören z. B. umfangreiche Lautrepertoires, wie die Reviergesänge<br />

der Singvögel. Bei diesen stellt sich wiederum<br />

das Problem, dass die Singvögel ihren Gesang in seiner<br />

art- oder sogar populationsspezifischen Ausprägung (Dialekt)<br />

von Artgenossen erlernen, er ist also nicht zur Gänze in<br />

den Genen festgeschrieben. Erlernte Merkmale können im<br />

Laufe der Stammesgeschichte deutlich schneller in unabhängigen<br />

Prozessen dieselbe Ausprägung entwickeln als<br />

angeborene Merkmale (konvergente Evolution) und daher<br />

die tatsächlichen Zusammenhänge der Stammesentwicklung<br />

(Phylogenie) eher verschleiern als erhellen.<br />

Ein wichtiges Fazit: Die solide wissenschaftliche Artbestimmung<br />

sollte sich auf mehrere unabhängige Merkmalssysteme<br />

stützen, die sich optimal ergänzen. Dieser<br />

multidisziplinäre Ansatz hat unter dem Begriff „<strong>Integrative</strong><br />

<strong>Taxonomie</strong>“ Schule gemacht.<br />

Genetische Analyse der „Urmeter“ –<br />

Typusexemplare im Labor<br />

schen Sammlungen. Die biologischen Objekte dokumentieren<br />

nicht nur die Vielfalt und Verbreitung von Arten inklusive<br />

der individuellen Variabilität. In den Sammlungen werden<br />

außerdem die sogenannten Typusexemplare aufbewahrt. Sie<br />

werden mit jeder Neubeschreibung einer Tierart quasi als<br />

deren „Urmeter“ nach den Regeln des Internationalen Codes<br />

für Zoologische Nomenklatur (ICZN 1999) festgelegt. Der<br />

Artname ist an das Typusexemplar geknüpft, das in Zweifelsfällen<br />

aufzuklären hilft, ob zum Beispiel versehentlich eine<br />

längst bekannte Art nochmals als „neu“ beschrieben wurde.<br />

Gerade bei morphologisch schwierigen Gruppen liefert der<br />

Vergleich von DNA-Sequenzen der Typusbelege wichtige<br />

Information. Da mit fortschreitendem Alter der Belege das<br />

Erbmaterial in umso kürzere Abschnitte zerbrochen ist, sind<br />

oft viele kurze DNA-Stücke zur Rekonstruktion einer längeren<br />

und informativen Sequenz nötig. Grundsätzlich müssen<br />

dann die Extraktion von Erbgut und seine Vervielfältigung<br />

in einem Reinraum stattfinden, um Verunreinigungen und<br />

fehlerhafte Analysen zu vermeiden (Abb. 3, 4). Dass sich<br />

der Aufwand aber durchaus lohnt, zeigen Beispiele aus dem<br />

DNA-Labor von <strong>Senckenberg</strong> Dresden, das bei Schildkröten<br />

mehrere „harte Nüsse“ knacken konnte.<br />

Ohne Namen kein Artenschutz<br />

Anhand eines etwa 160 Jahre alten Typusexemplars aus<br />

dem Londoner Natural History <strong>Museum</strong> konnte der Artname<br />

für eine der seltensten Schildkröten der Welt, die Südliche<br />

Batagur-Flussschildkröte (Batagur affinis; Abb. 5), bestimmt<br />

werden (Praschag et al. 2008). Erst der genetische Vergleich<br />

von Populationen aus verschiedenen Teilen des Verbreitungsgebiets<br />

hat gezeigt, dass zwei verschiedene Arten<br />

Ein erfreulicheres Ergebnis erbrachte die Untersuchung des<br />

Typusexemplars einer vermeintlich ausgestorbenen Schildkrötenart,<br />

der Seychellen-Klappbrustschildkröte (Pelusios<br />

seychellensis). Von dieser Art waren nur drei Exemplare überhaupt<br />

bekannt, die angeblich Ende des 19. Jahrhunderts auf<br />

der Seychellen-Insel Mahé gesammelt worden waren. Man<br />

hielt die Art deswegen für ausgestorben. Wie nun jedoch<br />

Artkonzepte<br />

Die Phylogenetik betrachtet eine Art als Abstammungsgemeinschaft von einem<br />

gemeinsamen Vorfahren (monophyletische Einheit). Das aus dieser Sichtweise<br />

begründete phylogenetische Artkonzept bedient sich daher zur Diagnose und<br />

Klassifizierung von Arten Stammbaumhypothesen, die sowohl von genetischen als<br />

auch morphologischen, ja sogar akustischen Merkmalen abgeleitet werden können.<br />

Es besteht jedoch selbst für einzelne Organismengruppen keine allgemeingültige<br />

Einigkeit darüber, wie hoch das Ausmaß an Merkmalsverschiedenheit sein muss, um<br />

phylogenetische Artgrenzen zu begründen (z. B. 2 % Sequenzunterschied des mitochondrialen<br />

Cytochrom-b-Gens bei Vögeln). Der integrative taxonomische Ansatz<br />

führt deswegen die Ergebnisse mehrerer unabhängiger Merkmalsanalysen (z. B.<br />

Genetik, Morphologie, Verhalten) in einer Synthese zusammen und zieht daraus<br />

Rückschlüsse auf Artgleichheit bzw. Artverschiedenheit.<br />

Das maßgeblich von Ernst Mayr begründete biologische Artkonzept betrachtet<br />

eine Art als reproduktive Einheit, die sich gegenüber anderen Einheiten durch<br />

reproduktive Isolationsmechanismen abgrenzt. Diese können sowohl vor als auch<br />

nach der Verpaarung wirksam sein. Vor der Paarung (präzygot) wirken z. B. Verhaltensunterschiede.<br />

Sind die Nachkommen beispielsweise nicht fortpflanzungsfähig<br />

(Hybridsterilität), wie bei Paarungen von Esel und Pferd, so spricht man von postzygoten<br />

Isolationsmechanismen.<br />

Das sehr vereinfacht zusammengefasste Hauptkriterium des Biospezieskonzepts<br />

für die <strong>Forschung</strong> ist: Innerhalb einer Art herrscht Genfluss, zwischen Arten nicht.<br />

208 <strong>Forschung</strong><br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

209


q<br />

Abb. 6<br />

Oszillogramm und Spektrogramm des Rufs von Allobates spumaponens (Aromobatidae). Einige<br />

quantitative Parameter sind bei wechselwarmen Organismen wie Fröschen von der jeweiligen Umgebungstemperatur<br />

abhängig. Daher sollte eine Rufbeschreibung immer eine Temperaturangabe enthalten<br />

(im Bsp.: aufgenommen bei 25 °C Umgebungstemperatur). Eine Note entspricht der kleinsten Einheit<br />

eines Rufs, der aus einer oder mehreren Noten (im Bsp.: 7 Noten). Die Variation der Lautstärke<br />

(Amplitude) eines Rufs wird mithilfe eines Oszillogramms, die Variation der Frequenz im Spektrogramm<br />

dargestellt. Zur Ermittlung der Amplitude einzelner Harmonien dient ein Spektralschnitt. Hier ist<br />

die zweite Note des Rufs dargestellt. Der Pfeil weist auf den Messpunkt für die dominante Frequenz.<br />

Frequenz Amplitude<br />

Lautstärke<br />

2. Note<br />

1. Harmonie<br />

Ruf<br />

Noten<br />

2. Harmonie<br />

Dominante<br />

Frequenz<br />

Fundamentale<br />

Frequenz<br />

Harmonien<br />

Oszillogramm Spektrogramm Spektralschnitt<br />

a<br />

b<br />

=<br />

=<br />

=<br />

t<br />

Abb. 7 a/b<br />

Vereinfachte schematische Darstellung der integrativen taxonomischen Analyse zweier neotropischer Froschgattungen – a. Glasfrösche<br />

der Gattung Hyalinobatrachium aus dem Guianaschild als Beispiel signifikanter genetischer Divergenz (hier mitochondriale<br />

16S rRNA Sequenz als Standardmarker für Amphibien) bei gleichzeitig geringer phänotypischer Differenzierung und klarer<br />

bioakustischer Abgrenzung. – b. Harlekinfrösche der Gattung Atelopus, ebenfalls aus dem Guianaschild als Beispiel ausgeprägter<br />

phänotypischer Differenzierung bei gleichzeitig geringer genetischer Divergenz (hier zwei Kerngene, POMC und Rag-1 sowie<br />

zwei mitochondriale Gene 16S und 12S rRNA) und fehlender bioakustischer Abgrenzung. Fotos: Raffael Ernst<br />

Pnoepgya albiventer<br />

Pnoepgya immaculata<br />

1500 – 3100 m<br />

2400 – 4000 m<br />

7– 8%<br />

Pnoepgya formosana<br />

6%<br />

Pnoepgya pusilla<br />

4%<br />

China<br />

Pnoepgya mutica<br />

Nepal<br />

China<br />

Nepal<br />

Myanmar<br />

SE-Asien<br />

Myanmar<br />

Taiwan<br />

kHz<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

kHz<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

kHz<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

kHz<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

♂ 1 ♂ 2<br />

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 s<br />

♂ 1 ♂ 2<br />

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 s<br />

♂ 1 ♂ 2<br />

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 s<br />

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 s<br />

t<br />

Abb. 8<br />

Multidimensionale phylogenetische<br />

Analyse südostasiatischer<br />

Timalien der<br />

Gattung Pnoepyga (nach<br />

Päckert et al. 2013).<br />

Links: Stammbaum basierend<br />

auf zwei mitochondrialen und<br />

drei Kerngenen, 3457 Basenpaare;<br />

gelbe Doppelpfeile:<br />

zwischen- und innerartliche<br />

paarweise genetische Unterschiede<br />

der mitochondrialen<br />

Cytochrom-b-Sequenzen<br />

zwischen genetischen Linien;<br />

grüne Kästchen: Höhenverbreitung<br />

der Arten in den<br />

Gebirgswäldern des Himalaya.<br />

Rechts: Sonagramme der<br />

Reviergesänge, Zuordnung<br />

entsprechend den Ästen des<br />

genetischen Stammbaums.<br />

anhand von DNA-Sequenzen aus dem Typusexemplar gezeigt<br />

werden konnte, war bei der Artbeschreibung Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts der Fundort verwechselt worden: In Wirklichkeit<br />

gehört das Typusexemplar von Pelusios seychellensis zu einer<br />

weit verbreiteten westafrikanischen Art, Pelusios castaneus,<br />

die auf den Seychellen gar nicht vorkommt. Die Umstände,<br />

die zu diesem Irrtum geführt haben, lassen sich nicht mehr<br />

mit Sicherheit rekonstruieren, doch das beruhigende Ergebnis<br />

der <strong>Forschung</strong>en ist, dass eine Schildkrötenart weniger ausgestorben<br />

ist (Stuckas et al. 2013).<br />

Tierlaute verraten die Stammesgeschichte<br />

Vögel kann man an ihrem Gesang erkennen, die Arten<br />

sind – wie Wissenschaftler sagen – bioakustisch zu unterscheiden.<br />

Etwas weniger bekannt mag es sein, dass diese<br />

Methode auch bei Amphibien als Standardverfahren eingesetzt<br />

wird. Es gibt nämlich in der Tat eine Ordnung – die<br />

Froschlurche (Anura) –, bei der die Lautäußerungen herangezogen<br />

werden müssen, um einzelne Arten voneinander zu<br />

unterscheiden – ein echtes Alleinstellungsmerkmal innerhalb<br />

der Amphibien!<br />

Damit bei der Beschreibung einer neuen Art (Alpha-<strong>Taxonomie</strong>)<br />

mit dem Originalbeleg alle Merkmale nachvollziehbar<br />

hinterlegt werden können, müssen diese Laute aufgezeichnet<br />

werden – die Wissenschaftler nehmen also neben<br />

Zollstock und Kamera auch Mikrophone mit ins Gelände<br />

und veranschaulichen die Froschlaute anschließend in Form<br />

von Diagrammen (Sonagrafi e, Abb. 6). Die Herpetologen am<br />

Dresdner Standort von <strong>Senckenberg</strong> verwendeten diese<br />

bioakustische Information bei der Beschreibung eines südamerikanischen<br />

Pfeilgiftfroschs (Allobates spumaponens),<br />

der als bislang unerkannte „kryptische“ Art noch auf seine<br />

Entdeckung gewartet hatte (Abb. 7, Kok & Ernst 2007). Dieser<br />

integrative taxonomische Ansatz führte zudem noch zu<br />

überraschenden Ergebnissen bei der Aufklärung der Verwandtschaftsbeziehungen<br />

von Fröschen des Guianaschilds<br />

in Südamerika. Die winzigen Glasfroscharten der Gattung<br />

Hyalinobatrachium sind zwar anhand von Größenmerkmalen<br />

und Farbunterschieden nicht gut zu unterscheiden,<br />

ihre Paarungsrufe sind jedoch extrem artspezifisch. Zudem<br />

stimmen die molekularen Daten so gut mit der akustischen<br />

Abgrenzung überein (Abb. 7 a), dass sogar zwei bisher nicht<br />

identifi zierte, kryptische Arten neu beschrieben werden<br />

konnten (Castroviejo-Fisher et al. 2011).<br />

Die Harlekinfröschchen der Gattung Atelopus wiederum<br />

weisen speziell in den Tiefl andregionen des Guianaschilds<br />

einen ausgeprägten Polymorphismus hinsichtlich Färbung,<br />

Musterung und Hautstruktur auf. Aufgrund von Rufmerkmalen<br />

und molekularer Daten müssen alle diese Morphotypen<br />

jedoch klar der nominellen Art Atelopus fl avescens zugeordnet<br />

werden (Abb. 7b).<br />

Die Reviergesänge der Singvögel wiederum sind um einiges<br />

komplexer als Amphibienrufe und daher noch besser<br />

zur Artdiagnose geeignet, z. B. bei den südostasiatischen<br />

Timalien der Gattung Pnoepyga (Päckert et al. 2013). In den<br />

temperaten und subalpinen Gebirgswäldern Südostasiens<br />

unterscheiden sich die beiden Schwesterartenpaare sowohl<br />

genetisch und bioakustisch als auch in ihrer Einnischung in<br />

Waldhabitate eng umrissener Höhenstufen (Abb. 8). Die<br />

Chinesischen Schuppentimalien trennten die <strong>Senckenberg</strong>-<br />

Wissenschaftler aufgrund ihrer unerwartet deutlichen<br />

genetischen und akustischen Eigenständigkeit unter dem<br />

revalidierten Artnamen Pnoepyga mutica von der westlichen<br />

Schwesterart P. albiventer.<br />

Merkmalsdifferenzierung in geografischer Isolation<br />

Die geografische Verbreitung von Artmerkmalen bildet<br />

Artgrenzen nicht immer scharf auf der Landkarte ab. Die<br />

großräumige Vermischung zweier Phänotypen inklusive ihrer<br />

Zwischenformen kann in derselben Verwandtschaftsgruppe<br />

sogar einhergehen mit Separation und Differenzierung<br />

am Rand des Verbreitungsgebiets, wie bei der Tannenmeise<br />

(Periparus ater). Diese Art tritt in Europa in vier klar<br />

getrennten mitochondrialen Linien auf, die aus taxonomischer<br />

Sicht vier Unterarten-Gruppen entsprechen (Tietze et<br />

al. 2011; Abb. 9). In Mitteleuropa überschneiden sich die<br />

Verbreitungsgebiete zweier Gruppen (Pentzold et al. 2013),<br />

es herrscht dort relativ kleinräumiger mitochondrialer Genfluss<br />

und sogar großräumiger nukleärer Genfl uss (Abb. 9).<br />

Alles weist darauf hin, dass sich auf dem europäischen<br />

Kontinent Individuen beider Linien miteinander paaren und<br />

fruchtbare Nachkommen zur Welt bringen. Ganz anders die<br />

südlichsten Populationen in Nordafrika und auf Zypern. Sie<br />

sind nicht nur räumlich und offenbar auch genetisch von den<br />

Festlandpopulationen isoliert, ihre Gesänge werden von<br />

deutschen Tannenmeisen im Playback-Experiment seltener<br />

und weniger aggressiv beantwortet. Die deutschen Vögel<br />

sehen die südeuropäischen Verwandten also nicht mehr als<br />

Artgenossen an, der Gesang stellt somit eine potenzielle<br />

reproduktive Barriere nach dem Biospezies-Konzept dar.<br />

Klimawandel und Besiedlungsgeschichte erklären<br />

komplexe Verbreitungsmuster<br />

Wolfsmilchschwärmer sind aufgrund ihrer extremen Variabilität<br />

in der Farbmusterung des Raupenkleids sowie der<br />

Vorderflügel des Falters in eine Vielzahl von Taxa auf der<br />

Gattungs- bis zur Unterartebene eingeteilt worden, den<br />

Hyles euphorbiae-Artenkomplex (Abb. 10). In Zusammenarbeit<br />

mit dem Projektbereich C von BiK-F verglich man im<br />

DNA-Labor Dresden die morphologischen mit den genetischen<br />

Verbreitungsmustern. Die geografische Verbreitung<br />

der Raupenmorphen unterstützte zunächst die Hypothese<br />

einer großräumigen Hybridisierungszone zweier Taxa im<br />

210 <strong>Forschung</strong><br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

211


t<br />

ater<br />

-Gruppe<br />

Abb. 9<br />

Genetische, morphologische und bioakustische Differenzierung<br />

zwischen europäischen Unterarten der Tannenmeise (Periparus<br />

ater; verändert nach Pentzold et al. 2013; Zeichnungen der<br />

Morphotypen aus Harrap & Quinn 1996). Verbreitung und<br />

lokale Häufigkeiten mitochondrialer Linien sind anhand farbiger<br />

Kreise dargestellt, unterschiedliche Gesangstypen anhand farbiger<br />

Notensymbole; großräumiger nukleärer Genfluss (Kerngenom)<br />

dargestellt durch farbigen Pfeil.<br />

abietum-Gruppe pe<br />

atlas -Gruppe<br />

Hybridisierung<br />

cypriotes<br />

Diese gegensätzlichen genetischen Strukturen warfen die<br />

Frage auf, ob im Ostseeraum Mechanismen fehlen, die in<br />

Nordamerika die Paarung von Individuen verschiedener<br />

Arten unterbinden. In einer populationsgenetischen Studie<br />

wurde gezeigt, dass Gene, die Proteine mit einer Funktion für<br />

die Erkennung zwischen Spermien und Eizellen kodieren und<br />

der natürlichen positiven Selektion unterliegen, nur bedingt<br />

zwischen M. edulis und M. trossulus des Ostseeraums ausgesamten<br />

Mittelmeerraum (Hundsdoerfer et al. 2011a). Die<br />

rezente Verteilung mitochondrialer Linien wies hingegen<br />

nur auf Malta auf kleinräumige Hybridisierungsphänomene<br />

hin (Vermischung verschiedener Linien), jedoch auf separate<br />

endemische Taxa in Süditalien und auf Kreta (Vorherrschaft<br />

einer einzelnen endemischen Linie; Hundsdoerfer et al.<br />

2011b). Aufgeklärt wurde dieses Rätsel abermals mit Belegen<br />

aus <strong>Museum</strong>ssammlungen: Die DNA-Analyse zeigte,<br />

dass sich die Verbreitung mitochondrialer Linien durch<br />

Ausbreitungs- bzw. Zufallsereignisse (genetischer Drift)<br />

unerwartet schnell verändern kann. Anstatt eines sich<br />

seit langer Zeit geografisch getrennt entwickelnden süditalienischen<br />

Taxons waren noch vor wenigen Jahrzehnten<br />

Hybride entstehen, wenn Individuen zwei verschiedener Arten Nachkommen<br />

erzeugen. Insbesondere Hybride der ersten Generation (F1-Hybride) zeigen sehr<br />

deutlich die Merkmale beider Eltern (intermediär), beispielsweise hinsichtlich ihrer<br />

Morphologie, ihrer ökologischen Ansprüche oder ihrer genetischen Konstitution.<br />

Wenn diese F1-Hybride fruchtbar sind, können sie mit anderen Hybriden oder<br />

Individuen der Ausgangsarten (Rückkreuzung) Nachkommen erzeugen. Insbesondere<br />

bei Rückkreuzungen verlieren sich über die Generationen hinweg graduell die<br />

intermediären Merkmale und die Nachkommen ähneln wieder stark den ursprünglichen<br />

Ausgangsarten. Im Laufe dieser Prozesse entstehen Areale, in denen reine<br />

Arten und zwischenartliche Hybride koexistieren, die sogenannten Hybridzonen.<br />

Zur genauen Untersuchung solcher Szenarien müssen deshalb oftmals viele Merkmalskomplexe<br />

parallel analysiert werden, um insbesondere Rückkreuzungshybride<br />

in natürlichen Lebensräumen zu erkennen und deren biologische Eigenschaften zu<br />

verstehen.<br />

verschiedenste mitochondriale Linien auch in ganz Italien<br />

vermischt (Abb. 11). Es handelt sich also bei den vermeintlich<br />

reproduktiv isolierten Arten in Süditalien und auf Kreta<br />

sehr wahrscheinlich um Hybridisierung bzw. eine dynamische<br />

Verbreitung mitochondrialer Linien innerhalb einer<br />

biologischen Art.<br />

Um die immer noch offenen verwandtschaftlichen Zusammenhänge<br />

innerhalb der Wolfsmilchschwärmer endgültig<br />

aufzulösen, sind mitochondriale Gene allerdings nicht ausreichend,<br />

da sie nur die weibliche Abstammungslinie abbilden<br />

(siehe oben). Deshalb wird zur Zeit der Genfluss zwischen<br />

Populationen anhand sehr variabler nukleärerMarker untersucht<br />

(Mende et al. 2011). Anhand dieser sogenannten<br />

Mikrosatelliten kann mittels statistischer Verfahren abgeschätzt<br />

werden, wie nah verwandt sich Populationen sind<br />

und wie häufig und in welche Richtung genetischer Austausch<br />

zwischen ihnen stattfindet. Wahrscheinlich hat die<br />

Verbreitung von Farbmorphen und Genotypen der Wolfsmilchschwärmer<br />

auch eine ökologische Komponente: Es<br />

konnte nämlich eine direkte Korrelation zwischen der Klimaerwärmung<br />

und der nordwärts gerichteten Ausbreitung<br />

der italienischen mitochondrialen Linie im letzten Jahrhundert<br />

gezeigt werden (Mende & Hundsdoerfer 2013).<br />

In der kontinentalen Klimazone konnte sich diese Linie<br />

jedoch bisher nicht etablieren. Deshalb wird im Dresdener<br />

<strong>Senckenberg</strong>-Labor auch an der Entwicklung genetischer<br />

Marker gearbeitet, die eine direkte Rolle in der Frostresistenz<br />

der überwinternden Puppen spielen. Bereits jetzt steht<br />

fest: Die Wolfsmilchschwärmer sind ein interessanter<br />

Modellorganismus zur Erforschung der Auswirkungen des<br />

rezenten Klimawandels auf die Evolution und Verbreitung<br />

der Fauna.<br />

Hybridszenarien: taxonomische Sonderfälle oder<br />

biologisch relevante Phänomene?<br />

An Hybridzonen (siehe Kasten „Hybridisierung“) können<br />

unter natürlichen Bedingungen Mechanismen studiert werden,<br />

die zur Isolation von Populationen und zur Entstehung<br />

neuer Arten führen. Ferner stellt sich oft die Frage, welche<br />

Bedeutung Hybride für die biologische Vielfalt einer Region<br />

oder die Funktion eines Ökosystems haben. Im Fachgebiet<br />

Populationsgenetik von <strong>Senckenberg</strong> Dresden wird die<br />

Hybridisierung zweier Miesmuschelarten (Mytilus edulis,<br />

M. trossulus) in zwei sehr unterschiedlichen Kontaktzonen<br />

212<br />

untersucht. Dazu verwenden wir eine Kombination aus<br />

Markern der Kern- und mitochondrialen DNA, die jeweils<br />

für eine der beiden Mytilus-Arten diagnostisch sind.<br />

In den Küstengebieten Nordamerikas (z. B. Neufundland,<br />

Kanada) bilden die Miesmuscheln in weiten Teilen sogenannte<br />

Mosaik-Hybridzonen aus: Je nach Beschaffenheit<br />

des Habitats finden sich dort kleinräumige Bereiche, wo die<br />

Ausgangsarten als „reine Bestände“ vorkommen und mit<br />

zwischenartlichen Hybriden koexistieren, ohne dass es zu<br />

einer vollkommenen Durchmischung kommt. Im Gegensatz<br />

dazu wird im Fall der Miesmuschelbestände im Ostseeraum<br />

von einem Hybridschwarm gesprochen. Es gibt zudem eine<br />

sehr auffällige Zonierung von der Nordsee, wo die Bestände<br />

genetisch rein sind, über Skagerrak/Kattegat in die Ostsee,<br />

wo die genetische Durchmischung sehr stark ausgeprägt ist<br />

(Abb. 12).<br />

a<br />

2004–2010<br />

0 50 100 200<br />

Kilometer<br />

getauscht werden. Im Gegensatz dazu wurde ein massiver<br />

Austausch von Genabschnitten beobachtet, die keine Proteine<br />

kodieren und nicht der positiven natürlichen Selektion<br />

unterliegen (Stuckas et al. 2009 a). Das spricht zunächst für<br />

eine nur leicht ausgeprägte reproduktive Barriere, die einen<br />

Genaustausch jedoch nicht vollständig verhindert! In den<br />

zurückliegenden Jahren wurde im Dresdener Fachbereich<br />

Populationsgenetik eine Vielzahl weiterer Gene identifiziert,<br />

die derzeit als sogeannte Biomarker verwendet werden, um<br />

ein besseres Verständnis über Ursachen der massiven Hybidisierung<br />

zu erlangen (Stuckas et al. 2009 b; Heß et al. 2012;<br />

Bartel et al. 2012).<br />

b<br />

1910–1929<br />

20<br />

8<br />

4<br />

2<br />

p<br />

Abb. 10<br />

Larven des Wolfsmilchschwärmers<br />

mit Blick auf die<br />

Insel Capri (links) und bis<br />

über hundert Jahre alte Falter<br />

aus dieser Region im<br />

<strong>Museum</strong> für Tierkunde<br />

Dresden (rechts). Fotos und<br />

Collage: Michael Mende<br />

t<br />

Abb. 11 a/b<br />

Verbreitung der mitochondrialen<br />

Linien des Wolfsmilchschwärmer-Artenkomplexes<br />

in Italien (verändert nach<br />

Hundsdoerfer et al. 2011a<br />

und Mende & Hundsdoerfer<br />

2013). Während das Gebiet<br />

von Mittelitalien bis Sizilien<br />

heute von einer einzigen<br />

Linie (grün) dominiert wird<br />

(a), waren im ersten Drittel<br />

des 20. Jahrhunderts dort<br />

auch noch die im restlichen<br />

Europa verbreiteten Linien<br />

(blau, braun) vertreten (b).<br />

<strong>Forschung</strong><br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

213


Mytilus edulis<br />

(geringe genetische<br />

Durchmischung)<br />

Mytilus<br />

edulis<br />

(genetisch<br />

reine<br />

Bestände)<br />

Mytilus trossulus – Hybridschwarm<br />

(starke genetische Durchmischung)<br />

q<br />

Abb. 13<br />

Wissenschaftliche Sammlungen der Naturkundemuseen sind Archive der Biodiversität.<br />

Die Objekte sind Belegexemplare für rezente und historische Artverbreitung und<br />

neben klassischen morphologischen Studien können heute auch DNA-Analysen von<br />

bis zu mehreren hundert Jahre alten Exemplaren durchgeführt werden (hier Vogelbälge<br />

einer südostasiatischen Singvogelgruppe, den Pittas, Pittidae; siehe Irestedt et<br />

al. 2013). Foto: Heidi und Hans-Jürgen Koch, www.heidihanskoch.com<br />

Übergangszone: starke Veränderung<br />

der Allelfrequenzen<br />

Mytilus edulis<br />

Mytilus trossulus<br />

p<br />

Abb. 12<br />

Genetische Struktur der<br />

Miesmuschelpopulationen in<br />

der Ost- und Nordsee. In der<br />

Nordsee finden sich genetisch<br />

reine Bestände von Mytilus<br />

edulis. Im Skagerrak/Kattegat<br />

hingegen sehen die Muscheln<br />

morphologisch M. edulis aus<br />

der Nordsee ähnlich, jedoch<br />

finden sich in diesen Populationen<br />

sowohl Rückkreuzungshybride<br />

(M. edulis x<br />

M. trossulus) als auch genetisch<br />

reine Individuen. In der<br />

Ostsee hingegen sind die<br />

Tiere morphologisch mit<br />

M. trossulus vergleichbar,<br />

jedoch können alle Individuen<br />

als Rückreuzungshybride<br />

klassifiziert werden; genetisch<br />

reine Individuen sind<br />

bisher nicht gefunden worden.<br />

Zwischen den Beständen<br />

des Skagerrak/Kattegat und<br />

der Ostsee findet sich eine<br />

Übergangszone, in der sich<br />

die Häufigkeiten der artspezifischen<br />

Allele<br />

drastisch ändern.<br />

Wie wirkt der Salzgehalt in der Ostsee auf den<br />

Genfluss?<br />

Zusammen mit Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums<br />

für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) erweitern wir derzeit<br />

unsere Untersuchungen der Genfl ussrate zwischen den<br />

verschiedenen Mytilus-Beständen des Ostseeraums. Unter<br />

Verwendung dieser speziell ausgewählten DNA-Abschnitte<br />

(Biomarker-Loci) sollen zunächst die Mechanismen der<br />

reproduktiven Isolation intensiver untersucht werden.<br />

Wir interessieren uns aber auch für solche Gene, die mit<br />

den Anpassungsprozessen an Umweltbedingungen im<br />

Zusammenhang stehen (z. B. Umweltstress, Immunabwehr<br />

oder die Bildung des Kalks, aus dem die Muschelschalen<br />

aufgebaut sind). Es wird vermutet, dass insbesondere der<br />

Salzgehalt des Meerwassers eine Ursache dafür ist, dass<br />

Mytilus-Hybriden im Ostseeraum so massiv auftreten.<br />

Zwischen den Lebensräumen in der Nord- und Ostsee gibt<br />

es große Unterschiede in der Salinität des Wassers und<br />

es könnte sein, dass die Hybrid-Miesmuscheln an deratig<br />

extreme Umweltbedingungen besser angepasst sind. Es<br />

liegt also nahe, gezielt solche Wechselwirkungen zwischen<br />

Umwelt und genetischer Konstitution der Miesmuschelpopulationen<br />

zu untersuchen. In der Tat gibt es erste Hinweise<br />

darauf, dass sich Hybrid-Miesmuscheln aus dem Skagerrak/<br />

Kattegat besser an wechselnde Salinitäten anpassen können,<br />

als Miesmuscheln (M. edulis) aus der Nordsee oder<br />

Miesmuscheln (Hybridschwarm) aus der Ostsee (Kossak<br />

2006). Eine Bestätigung solcher Befunde durch molekulargenetische<br />

Daten hätte auch eine enorme Bedeutung für die<br />

kommerziellen Miesmuschel-Aquakulturen im Ostseeraum.<br />

<strong>Integrative</strong> Biodiversitätsforschung auf Basis integrativer<br />

<strong>Taxonomie</strong><br />

Die moderne Biodiversitätsforschung ist eine quantitative,<br />

von Hypothesen getriebene Wissenschaft. Sie benötigt<br />

klar definierte Einheiten, damit sie nachvollziehbare Unter-<br />

suchungen und entsprechend überprüfbare Prognosen<br />

entwickeln kann. Die Basiseinheiten, die Biologen zählen<br />

und in allen Dimensionen vermessen, sind die Arten<br />

der Organismen. Die Defi nition und Abgrenzung dieser zu<br />

messenden Einheiten ist jedoch keineswegs unumstritten<br />

(siehe Infokasten „Artkonzepte“ auf Seite 209). Die<br />

anhaltende taxonomische Kontroverse ist nicht zuletzt der<br />

Tatsache geschuldet, dass es sich im Falle von (biologischen!)<br />

Arten natürlicherweise nicht um statische Einheiten<br />

handelt, sondern um dynamische Entitäten, die sich ständig<br />

weiterentwickeln. Unabhängig von Klassifizierungssystem<br />

oder -perspektive fi nden deshalb inzwischen sogenannte<br />

Taxon-Konzepte breite Akzeptanz innerhalb der Biodiversitätsforschung.<br />

Die durch sie defi nierten Taxa repräsentieren<br />

die fundamentalsten Einheiten biologischer Vielfalt, manche<br />

von ihnen lösen sich vom klassischen Artbegriff mittels<br />

eher pragmatischer konzeptioneller Begriffe (z. B. operative<br />

taxonomische Einheiten, engl. OTUs). Jede Biodiversitätsstudie<br />

kann letztlich nur so präzise sein wie die Abgrenzung<br />

der ihr zugrunde liegenden Einheiten. Somit ist auch die<br />

aus guten Gründen inzwischen weitläufi g propagierte integrative<br />

Biodiversitätsforschung auf die Ergebnisse einer<br />

integrativen taxonomischen <strong>Forschung</strong> angewiesen. Der<br />

integrative Ansatz ist das Rückgrat vieler Studien, deren<br />

Ziel es ist, jene Prozesse besser zu verstehen, die für globale<br />

Muster der Artenvielfalt, ihre Verteilung aber auch für<br />

die Koexistenz von Organismen in Ökosystemen verantwortlich<br />

sind.<br />

Studie mit 25 000 Individuen in drei Kontinenten<br />

Vor diesem Hintergrund kombinieren Forscher am Dresdner<br />

<strong>Senckenberg</strong>-Standort umfangreiche ökologische Datensätze<br />

aus Langzeitfeldstudien mit integrativen Phylogenien<br />

(Ernst et al. 2012; Abb. 14). Bei der Studie von Ernst et<br />

al. (2012) beispielsweise wurden über 25 000 Individuen<br />

84 unterschiedlicher Froscharten auf 549 unabhängigen<br />

Untersuchungsfl ächen während mehr als 850 Stunden<br />

214 <strong>Forschung</strong><br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

215


Die Autoren<br />

Dr. Martin Päckert, geb. 1970, studierte Biologie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Nach Abschluss seiner<br />

Dissertation im Jahre 2003 und einem anschließenden zweieinhalbjährigen wissenschaftlichen Volontariat am Hessischen<br />

Landesmuseum Darmstadt leitet er seit 2006 die Sektion Ornithologie an den <strong>Senckenberg</strong> Naturhistorischen Sammlungen<br />

Dresden. Seine <strong>Forschung</strong>sschwerpunkte sind neben der Stammesgeschichte und Systematik eurasiatischer Vögel auch<br />

bioakustische und populationsgenetische Analysen.<br />

t<br />

Abb. 14<br />

Schematische Darstellung der von der Dresdner Arbeitsgruppe verwendeten Datensätze im Rahmen einer vergleichenden<br />

groß-skaligen integrativen Biodiversitätsstudie, bei der phylogenetische Daten eine entscheidende Rolle zur Quantifizierung<br />

phylogenetischer Signale spielten (nach Ernst et al. 2012). P entspricht hierbei einer Matritze, die echte genetische Distanzen<br />

zwischen allen beteiligten Arten enthält („Supertree“), S beinhaltet Artenabundanzen in den jeweiligen Untersuchungsabschnitten,<br />

E die damit korrespondierenden Umweltparameter und T die artspezifischen (ökologischen) Eigenschaften, sogenannte „Traits“.<br />

Ameerega trivittata, Grüner Riesenpfeilgiftfrosch, Kabo, Suriname, Foto: Raffael Ernst<br />

Dr. Heiko Stuckas, geb. 1973, studierte Biologie an der Freien Universität Berlin und der University of Wales Swansea<br />

(Großbritannien). Nach Abschluss der Dissertation im Jahr 2003 an der Humboldt Universität Berlin und einem Postdoc an<br />

der Universität Potsdam leitet er seit 2009 das Fachgebiet Populationsgenetik an den <strong>Senckenberg</strong> Naturhistorischen Sammlungen<br />

Dresden. Heiko Stuckas untersucht mittels molekulargenetischer Methoden Mechanismen der Entstehung oder des<br />

Verschwindens von Populationstrukturen und trägt damit zur Lösung von Fragen im Bereich der <strong>Taxonomie</strong>/Systematik,<br />

der Naturschutzgenetik und der Evolutionsbiologie bei.<br />

Systeme haben können. Die komplizierten Wechselwirkungen<br />

zwischen stammesgeschichtlich-evolutionären und<br />

rezenten ökologischen Prozessen, zu denen auch anthropogene<br />

Veränderungen der Biogeosphäre gehören (z. B.<br />

Klima- und Landnutzungswandel) und deren Auswirkungen<br />

auf die Evolution von Artengemeinschaften, bilden somit<br />

den Kerngegenstand einer <strong>Forschung</strong>, die ohne solide taxonomische<br />

Basisarbeit nicht möglich wäre.<br />

Dr. Raffael Ernst, geb. 1975, studierte Biologie an den Universitäten Mainz, Marburg und Würzburg, wo er 2006 über<br />

Gemeinschaftsökologie tropischer Amphibien promovierte. Nach zweijährigem wissenschaftlichem Volontariat am Staatlichen<br />

<strong>Museum</strong> für Naturkunde Stuttgart und dreijähriger Tätigkeit am Fachgebiet Biodiversitätsdynamik der TU Berlin leitet<br />

er nun seit 2010 die Sektion Herpetologie an den <strong>Senckenberg</strong> Naturhistorischen Sammlungen Dresden. Seine <strong>Forschung</strong>sschwerpunkte<br />

sind neben taxonomischen Arbeiten zu tropischen Amphibien und Reptilien Südamerikas und Afrikas primär<br />

gemeinschaftsökologische Untersuchungen und integrative Studien zur Biodiversitätsdynamik dieser Organismengruppe.<br />

Michael Mende, geb. 1981, studierte Biologie an der Universität Hamburg. Seit 2009 arbeitet er als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im DNA-Labor des <strong>Museum</strong>s für Tierkunde am <strong>Senckenberg</strong> Standort Dresden in Kooperation mit dem Biodiversität<br />

und Klima-<strong>Forschung</strong>szentrum (BiK-F). Er schreibt seine Dissertation über den potenziellen Einfluss des Klimas<br />

auf die Verbreitung genetischer Linien des Wolfsmilchschwärmer-Artenkomplexes.<br />

Prof. Dr. Uwe Fritz, geb. 1963, studierte Biologie an der Universität Hohenheim und arbeitete danach mehrere Jahre im<br />

Stuttgarter Zoo als Leiter des Aquariums und Terrariums. 1996 promovierte er und wechselte als Herpetologe an das<br />

Dresdener <strong>Museum</strong> für Tierkunde, das er seit 2001 leitet. Seit 2008 ist er außerdem außerplanmäßiger Professor an der Universität<br />

Leipzig. Er forscht vor allem über die Biogeografie und Systematik von Reptilien, insbesondere von Schildkröten.<br />

Bei <strong>Senckenberg</strong> ist er im Direktorium für die Sammlungen und die wissenschaftlichen Zeitschriften zuständig.<br />

Kontakt (korresp. Autor): Dr. Martin Päckert, <strong>Senckenberg</strong> Naturhistorische Sammlungen, Königsbrücker Landstraße 159,<br />

D-01109 Dresden; E-Mail: martin.paeckert@senckenberg.de<br />

Arten<br />

P<br />

Arten<br />

Lokalität<br />

regional<br />

Arten<br />

S<br />

Datensätze<br />

Lokalität<br />

Umwelt<br />

E<br />

Arten<br />

global<br />

„Traits“<br />

T<br />

+ ( )<br />

standardisierter Transektgänge in drei biogeografischen<br />

Regionen (Guianaschild, Oberguinea, Indomalayischer Raum)<br />

erfasst. Mit solchen Untersuchungen will man unter anderem<br />

herausfi nden, welchen Anteil stammesgeschichtliche<br />

Komponenten (gemeinsame Abstammung = phylogenetisches<br />

Signal) und rezente ökologische Wandelprozesse<br />

(z. B. menschengemachte Störungen wie Landnutzungs- und<br />

Klimawandel, Extremereignisse = ökologisches Signal)<br />

an der Entstehung und Veränderung organismischer Vielfalt<br />

in Ökosystemen haben. Als Modellsystem dienen den<br />

Dresdner Forschern die artenreichen Amphibiengemeinschaften<br />

der tropischen Wälder Südamerikas, Afrikas und<br />

Asiens. In ihnen leben Arten mit unvorstellbar komplexen<br />

Fortpfl anzungsverhalten und sehr spezifi schen Ansprüchen<br />

an ihre Umwelt. Sie reagieren zudem äußerst sensibel auf<br />

Umweltveränderungen, sodass schon kleinste Störungen<br />

sehr deutliche Auswirkungen auf Vielfalt und Funktion dieser<br />

Schriften<br />

Bartel, M., Hartmann, S., Lehmann, K., Postel, K., Quesada, H., Philipp, E., Heilmann, K., Micheel, B. & Stuckas, H. (2012): Identifi cation of sperm proteins as candidate<br />

biomarkers for the analysis of reproductive isolation in Mytilus: a case study for the enkurin locus. Marine Biology, 159: 2195–2207. & Castroviejo-Fisher, S., Vilà,<br />

C., Ayarzagüena, J., Blanc, M. & Ernst, R. (2011): Species diversity of Hyalinobatrachium glassfrogs (Amphibia: Centrolenidae) from the Guiana Shield, with the description<br />

of two new species. Zootaxa 3132: 1–55. & Costello, M. J., May, R. M. & Stork, N. E. (2013 a): Can we name earth’s species before they go extinct? Science 339:<br />

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have been discovered. Systematic Biology, published online ahead of print. & Currat, M., Ruedi, M., Petit, R. J. & Excoffi er, L. (2008): The hidden side of invasions:<br />

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of a threatened tortoise, the speckled padloper. Animal Conservation 13: 237–246. & Ernst, R., Keller, A., Landburg,G., Grafe, T. U., Linsenmair, K. E., Rödel,<br />

M.-O. & Dziock, F. (2012): Common ancestry or environmental trait fi lters: cross-continental comparisons of trait-habitat relationships in tropical anuran amphibian<br />

assemblages. Global Ecology and Biogeography 21: 704–715. & Fritz, U., Hundsdoerfer, A. K., Široký, P., Auer, M., Kami, H., Lehmann, J., Mazanaeva, L. F., Türkozan,<br />

O. & Wink, M. (2007): Phenotypic plasticity leads to incongruence between morphology-based taxonomy and genetic differentiation in western Palaearctic tortoises<br />

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steppe tortoise (Testudo horsfi eldii Gray, 1844): Implications for taxonomy and relocation of confi scated tortoises. Amphibia-Reptilia, 30: 245–257. & Fritz, U.,<br />

Branch, W. R., Hofmeyr, M. D., Maran, J., Prokop, H., Schleicher, A., Široký, P., Stuckas, H., Vargas-Ramírez, M., Vences, M. & Hundsdoerfer, A. K. (2011): Molecular<br />

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M., Roth, K., Messerschmidt, K., Heilmann, K., Kenchington, E., Micheel, B. & Stuckas, H. (2012): Expression M6 and M7 lysin in Mytilus edulis is not restricted to sperm<br />

but occurs also in oocytes and somatic tissue of males and females. Molecular Reproduction and Development 79: 517–524 & Hundsdoerfer, A. K., Mende, M. B.,<br />

Harbich, H., Pittaway, A. R. & Kitching, I. J. (2011a): Larval pattern morphotypes in the Western Palaearctic Hyles euphorbiae complex (Lepidoptera: Sphingidae: Macroglossinae).<br />

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climate relations of the Western Palaearctic spurge hawkmoth (Lepidoptera, Sphingidae, Macroglossinae). Zoologica Scripta 40(4): 403–417. & ICZN [International<br />

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change: Impacts of warming and desalination on prey properties and predator-prey interactions in the Baltic Sea. Ph. D. dissertation, IFM-GEOMAR, Christian-Albrechts-<br />

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new microsatellite loci of the Western Palearctic Hyles euphorbiae complex (Lepidoptera, Sphingidae). Annales Zoologici Fennici 48:142–146. & Mikulíček, P.,<br />

Jandzik, D., Fritz, U., Schneider, C. & Široký, P. (2013): AFLP analysis shows high incongruence between genetic differentiation and morphology-based taxonomy in a<br />

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Vences, M., Branch, W. R., Daniels, S. R., Glaw, F., Hofmeyr, M. D., Kuchling, G., Maran, J., Papenfuss, T. J., Široký, P., Vieites, D. R. & Fritz, U. (2010): Deep genealogical<br />

lineages in the widely distributed African helmeted terrapin: evidence from mitochondrial and nuclear DNA (Testudines: Pelomedusidae: Pelomedusa subrufa). Molecular<br />

Phylogenetics and Evolution 56: 428–440.<br />

216 <strong>Forschung</strong><br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013<br />

SENCKENBERG – natur • forschung • museum 143 (7/8) 2013 <strong>Forschung</strong><br />

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