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SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS<br />
BLITZSCHLAG<br />
Geballte Ladung<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Text: KAI KÖCKERITZ<br />
Knistern<strong>de</strong>, unheimliche<br />
Lichter züngeln an <strong>de</strong>n<br />
Mastspitzen und in einigen<br />
Fällen am Bugspriet empor:<br />
Elmsfeuer. Da Seeleute<br />
schon immer stark <strong>de</strong>m Aberglauben<br />
verfallen waren, galten diese gespenstischen<br />
Lichter als Unglücksboten und<br />
kündigten angeblich <strong>de</strong>n nahen Untergang<br />
<strong>de</strong>s Schiffes an. Dass dieser Aberglaube<br />
durchaus gerechtfertigt war, zeigt<br />
die Physik. Bei einem Elmsfeuer han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um kleine Entladungen zwischen<br />
Luft und Bootskörper, die durch einen<br />
Potenzialunterschied zwischen bei<strong>de</strong>n<br />
Objekten entstehen. Dafür muss die<br />
umgeben<strong>de</strong> Luft aber auch stark gela<strong>de</strong>n<br />
sein, was nur bei einem aufziehen<strong>de</strong>n<br />
Gewitter <strong>de</strong>r Fall ist. Daher besteht bei<br />
einem Elmsfeuer auch erhöhte Gefahr<br />
eines Blitzeinschlages. Schlug <strong>de</strong>r Blitz<br />
dann tatsächlich in ein Schiff ein, konnte<br />
eine Katastrophe oft nicht verhin<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n: Masten wur<strong>de</strong>n gespalten, fingen<br />
Feuer und setzten im schlimmsten<br />
Fall das Schiff in Brand. Für einen effektiven<br />
Blitzschutz ist Holz ein <strong>de</strong>nkbar<br />
schlechter Werkstoff. Ebenso wie GFK in<br />
heutiger Zeit. Dass auch heute noch ein<br />
Blitzschlag erhebliche Schä<strong>de</strong>n verursachen<br />
kann, zeigt die Geschichte <strong>de</strong>s<br />
segeln-Lesers Michael Pullich. Während<br />
eines Sommertörns schlug <strong>de</strong>r Blitz in<br />
<strong>de</strong>ssen topgepflegten 20er Jollenkreuzer<br />
ein und verursachte einen Totalscha<strong>de</strong>n.<br />
Um solchem Verlust vorzubeugen, haben<br />
wir für Sie zusammengestellt, wie sich<br />
ein effektiver Blitzschutz an Bord realisieren<br />
lässt. Dass ein nahen<strong>de</strong>s Gewitter<br />
aber auch durchaus zu neuen Bekanntschaften<br />
führen kann, zeigt die Geschichte<br />
von Manfred Pienemann, einem<br />
Mitglied <strong>de</strong>s segeln-Leserbeirates, <strong>de</strong>r<br />
sich auf <strong>de</strong>r Flucht vor einem Unwetter<br />
unverhofft mit zwei Finnen in einem<br />
Unterstand wie<strong>de</strong>rfand.
Die letzte Fahrt <strong>de</strong>r opus73<br />
<br />
<br />
Text und Fotos:<br />
MICHAEL PULLICH<br />
Auch im vorigen Jahr<br />
sollte es mit unserem<br />
20er Jollenkreuzer<br />
wie<strong>de</strong>r nach Schwe<strong>de</strong>n<br />
gehen. Unser Plan sah vor,<br />
möglichst früh zu starten,<br />
am 1. Juli in Stockholm<br />
anzukommen, am 12. Juli in<br />
Sigtuna zu sein und dann<br />
so zurückzusegeln, dass wir<br />
rechtzeitig zur 20er Meisterschaft<br />
Mitte August wie<strong>de</strong>r in<br />
unserem Heimatclub in Bad<br />
Zwischenahn wären. Doch es<br />
sollte alles an<strong>de</strong>rs kommen.<br />
Nach einigen Tagen schönen<br />
<strong>Segeln</strong>s kündigte sich<br />
schlechtes Wetter an. In<br />
Schwe<strong>de</strong>n sen<strong>de</strong>t Stockholm<br />
Radio zweimal täglich einen<br />
revierbezogenen Küstenwetterbericht<br />
und sprach eines<br />
Tages von Schauern, einzelnen<br />
Gewittern und mäßigen<br />
bis frischen Win<strong>de</strong>n aus<br />
nördlichen Richtungen. Kein<br />
richtiges Sommerwetter, doch<br />
wir machten opus73 seeklar.<br />
Das <strong>Segeln</strong> machte auch bei<br />
diesem Wetter Spaß. Doch<br />
als wir <strong>de</strong>n Bockholmssund<br />
erreichten, ging es in harte<br />
Arbeit über. Die hochbewal<strong>de</strong>ten<br />
Ufer treten hier auf<br />
nur 200 Meter zusammen,<br />
<strong>de</strong>r Sund verläuft in Ost-<br />
West-Richtung, und von<br />
<strong>de</strong>m frischen Nordwind kam<br />
unten nichts an. Wir brauchten<br />
fast zwei Stun<strong>de</strong>n, bevor<br />
wir nördlich <strong>de</strong>s Leuchtfeuers<br />
Långhällsud<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r<br />
freies Wasser erreichten. Hier<br />
wehte nun Nordwind mit<br />
vier Beaufort und entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Welle. Wir liefen<br />
Kurs Nordnordwest und über<br />
uns hing inzwischen eine<br />
geschlossene Wolken<strong>de</strong>cke,<br />
die bisher graue Bewölkung<br />
wur<strong>de</strong> immer schwärzer und<br />
bald sahen wir erste Blitze.<br />
Wir zogen unser Ölzeug an<br />
und schlossen Schotten und<br />
Luk. Südlich von uns begann<br />
es heftig zu regnen, und in<br />
Erwartung einer Gewitterböe<br />
reffte ich das Großsegel.<br />
Aber es kam an<strong>de</strong>rs als erwartet;<br />
da wir offensichtlich<br />
mitten unter <strong>de</strong>m Zentrum<br />
<strong>de</strong>s Gewitters waren, kam<br />
<strong>de</strong>r Wind plötzlich von allen<br />
Seiten, so irrwitzig wie ich es<br />
noch nie erlebt hatte. Mal regnete<br />
es 50 Meter an Backbord,<br />
während wir im Trockenen<br />
saßen, mal direkt über uns,<br />
dann wie<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>m Schiff<br />
o<strong>de</strong>r achteraus. Der Wind<br />
wehte nicht stark, aber in seiner<br />
Richtung so unvorhersehbar,<br />
dass an ein geordnetes<br />
<strong>Segeln</strong> nicht mehr zu <strong>de</strong>nken<br />
war. Ich startete <strong>de</strong>n Außenbor<strong>de</strong>r<br />
und wir bargen das<br />
Großsegel. Eine Ankerbucht<br />
in circa zwei Seemeilen Entfernung<br />
hatten wir uns zum<br />
Abwettern bereits ausgeguckt.<br />
Kaum war das Groß geborgen,<br />
hörte ich einen ohrenbetäuben<strong>de</strong>n<br />
Knall.<br />
Ich war zunächst wie taub;<br />
mein Blick in <strong>de</strong>n Masttopp<br />
bestätigte, dass uns ein Blitz<br />
erwischt haben musste: <strong>de</strong>r<br />
Win<strong>de</strong>x war verschwun<strong>de</strong>n,<br />
die Topplaterne geborsten.<br />
GPS und elektronischer<br />
Windanzeiger waren ausgefallen,<br />
ebenso Funk und Mobiltelefon.<br />
Es roch verdächtig<br />
nach Strom. Meine Frau sah<br />
zwar pu<strong>de</strong>lnass, aber – zum<br />
Glück – gesund aus und wirkte<br />
auch nicht verstört. Auch<br />
ich fühlte mich bis auf das<br />
heftige Pfeifen im Ohr ganz in<br />
Ordnung.<br />
Der Motor lief noch und unter<br />
Deck war nur die Schalttafel<br />
am Mastfuß auseinan<strong>de</strong>rgeflogen.<br />
Als meine Frau eine halbe<br />
Stun<strong>de</strong> später auf zwei<br />
Meter Wassertiefe <strong>de</strong>n Anker<br />
ausbrachte, mel<strong>de</strong>te sie<br />
von vorne, dass <strong>de</strong>r Steven<br />
beschädigt sei – eine gelin<strong>de</strong><br />
Untertreibung! Der Steven<br />
war von oben bis auf <strong>de</strong>n Kiel<br />
gespalten, an Steuerbord hatte<br />
sich die Beplankung komplett<br />
vom Steven gelöst. Ein<br />
Blick über Bord zeigte mir,<br />
dass <strong>de</strong>r Wasserpass unter <strong>de</strong>r<br />
Wasserlinie verschwun<strong>de</strong>n<br />
war – das Schiff musste undicht<br />
sein. Ich ‚tauchte‘ in die<br />
Kajüte, räumte Ausrüstung<br />
und Polster beiseite, um an<br />
die Handloch<strong>de</strong>ckel <strong>de</strong>s vor<strong>de</strong>ren<br />
Auftriebsraums zu gelangen.<br />
Als ich einen öffnete,<br />
stand das Wasser direkt unter<br />
<strong>de</strong>r Öffnung; schnell wie<strong>de</strong>r<br />
zu, um ein weiteres Volllaufen<br />
<strong>de</strong>s Bootes zu verhin<strong>de</strong>rn.<br />
Regelrecht gespalten wur<strong>de</strong><br />
auch die Carbon-Ru<strong>de</strong>rpinne.<br />
Zwei Solarpaneele auf <strong>de</strong>r<br />
Heckein<strong>de</strong>ckung und <strong>de</strong>r<br />
dazugehörige Regler waren<br />
zerstört, <strong>de</strong>r Batteriela<strong>de</strong>r und<br />
die Anschlusskabel für GPS,<br />
Telefon und Funk hatten <strong>de</strong>n<br />
Geist aufgegeben. Merkwürdigerweise<br />
waren die daranhängen<strong>de</strong>n<br />
Geräte heil geblieben,<br />
auch die Bordbatterie hatte<br />
<strong>de</strong>n Blitzeinschlag überlebt.<br />
Nach (sehr) kurzer Beratung
SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS<br />
BLITZSCHLAG<br />
<br />
<br />
mit unbrauchbaren Vorschlägen<br />
wie „mit Tape zukleben“<br />
und ähnlichen abstrusen I<strong>de</strong>en<br />
entschied ich, Ankerauf<br />
zu gehen und das Boot an geeigneter<br />
Stelle auf Grund zu<br />
setzen. Knapp eine Seemeile<br />
von unserem Ankerplatz<br />
entfernt fan<strong>de</strong>n wir hinter<br />
einer Huk eine Bootsrampe<br />
mit seitlichem Steg. Genau<br />
richtig. Zum Glück befand<br />
sich diese Rampe auch auf<br />
<strong>de</strong>m Festland und nicht auf<br />
einer Insel, sodass sich die<br />
Möglichkeit bot, das Boot<br />
später mit unserem Trailer zu<br />
bergen. Wir machten seitlich<br />
am Steg fest, nahmen zwei<br />
Fen<strong>de</strong>r, die wir unter <strong>de</strong>n Bug<br />
quetschten, zogen opus73<br />
auf <strong>de</strong>n rollen<strong>de</strong>n Fen<strong>de</strong>rn so<br />
hoch auf die Rampe, wie es<br />
unsere Kräfte gestatteten, und<br />
sicherten das Boot mit zwei<br />
Leinen vom Bug zu Befestigungspunkten<br />
an Land. Nach<br />
nur 400 Seemeilen war unser<br />
Urlaubstörn zu En<strong>de</strong>.<br />
Etwas später inspizierten<br />
wir unser Boot genauer. In<br />
<strong>de</strong>n Stauraum unter meiner<br />
Koje an Steuerbord war auch<br />
Wasser eingedrungen, <strong>de</strong>r<br />
Schlafsack war nass und es<br />
waren drei kleine Löcher in<br />
<strong>de</strong>r Außenhaut <strong>de</strong>s Rumpfes<br />
zu erkennen, die aber jetzt<br />
dank <strong>de</strong>s Auflegens etwas<br />
über <strong>de</strong>r Wasserlinie lagen.<br />
Die Handloch<strong>de</strong>ckel <strong>de</strong>s vor<strong>de</strong>ren<br />
Auftriebsraumes sind<br />
nicht hun<strong>de</strong>rtprozentig dicht,<br />
sodass die vor<strong>de</strong>ren Polster<br />
feucht waren. Wir brachten<br />
die nassen Sachen auf <strong>de</strong>n<br />
Steg und breiteten sie zum<br />
Trocknen aus.<br />
Rechts und links vom<br />
Mastfuß sind kleine Stauräume.<br />
An Steuerbord lagerten<br />
zehn Saftkartons; je<strong>de</strong>r hatte<br />
durch <strong>de</strong>n Blitz ein kleines<br />
Loch bekommen und <strong>de</strong>r Saft<br />
suppte langsam in die Bilge.<br />
Mit etwas Tape dichteten wir<br />
die Saftkartons wie<strong>de</strong>r ein.<br />
Die an Backbord lagern<strong>de</strong>n<br />
Weinflaschen waren hingegen<br />
unbeschädigt – zum Glück.<br />
Wir lenzten <strong>de</strong>n Doppelbo<strong>de</strong>n<br />
– keine Pumpe dabei! Also<br />
mit <strong>de</strong>m Zahnputzbecher! –<br />
und stellten fest, dass kaum<br />
Wasser nachkam. Geschätzt<br />
nur ein halber Liter in einer<br />
Stun<strong>de</strong>.<br />
Nach einer Nacht mit nur<br />
wenig Ruhe – die Gedanken<br />
ließen sich nicht abstellen<br />
– schulterte ich meinen<br />
Rucksack und nahm <strong>de</strong>n Bus,<br />
um unser Trailergespann zu<br />
holen.<br />
Am nächsten Morgen<br />
konnten wir das Boot mit<br />
Hilfe eines Treckers an Land<br />
ziehen. Erst jetzt erkannten<br />
wir das ganze Ausmaß <strong>de</strong>s<br />
Blitzscha<strong>de</strong>ns: Das Unterwasserschiff<br />
hatte an vielen<br />
Stellen Löcher durch Blitzaustritte;<br />
auch <strong>de</strong>r achtere<br />
»Die Carbon-Pinne und <strong>de</strong>r Vorsteven<br />
waren regelrecht gespalten«<br />
Doppelbo<strong>de</strong>n war undicht,<br />
<strong>de</strong>r Unterwasseranstrich aus<br />
VC17m war an vielen Stellen<br />
großflächig verbrannt und<br />
am Spiegel war ein Stück<br />
Holz weggeflogen. Zu Hause<br />
begutachteten ein Bootsbauer<br />
und ein Sachverständiger <strong>de</strong>r<br />
Versicherung das Boot. Die<br />
Zusammenfassung <strong>de</strong>s Sachverständigen<br />
ergab:<br />
„Die Schä<strong>de</strong>n am Unterwasserschiff<br />
<strong>de</strong>s Bootsrumpfes<br />
zeigen typische Blitzaustritt-<br />
beziehungsweise<br />
Eintrittsspuren.<br />
Vermutlich erfolgte<br />
<strong>de</strong>r Blitzeinschlag in<br />
<strong>de</strong>n Masttopp, wur<strong>de</strong><br />
von <strong>de</strong>m Aluminium-<br />
Mast gut, weil geringer<br />
<br />
<br />
<br />
Wi<strong>de</strong>rstand, über Wanten,<br />
Stage und Püttinge, abgeleitet.<br />
Als Wi<strong>de</strong>rstand war jedoch<br />
<strong>de</strong>r hölzerne Bootskörper im<br />
Weg. Die weitere Blitzableitung<br />
geschah <strong>de</strong>shalb über<br />
die metallene Stevenschiene,<br />
das Kohlefaser-Ru<strong>de</strong>r und<br />
Schwert und – als Beson<strong>de</strong>rheit<br />
– über <strong>de</strong>n kupferhaltigen<br />
Antifouling-Anstrich, <strong>de</strong>r eine<br />
gute Leitfähigkeit zum Wasser<br />
herstellte. So sind dann auch<br />
<strong>de</strong>utliche Starkstromüberschläge<br />
im Bereich <strong>de</strong>s Stevens,<br />
<strong>de</strong>s gesamten Unterwasserschiffes,<br />
<strong>de</strong>s Schwertes, <strong>de</strong>r<br />
Spiegelabrisskante und <strong>de</strong>s<br />
Ru<strong>de</strong>rs zu sehen.<br />
Bedingt durch <strong>de</strong>n als Isolator<br />
wirken<strong>de</strong>n Bootsrumpf –<br />
zwischen gut leiten<strong>de</strong>m Mast<br />
und kupferhaltigem Antifouling<br />
– kam es sehr wahrscheinlich<br />
zu einer Überwärmung<br />
<strong>de</strong>s Bootsrumpfes, mit<br />
<strong>de</strong>r Folge, dass das Epoxydharz<br />
teilweise über seinen<br />
Einweichungspunkt von circa<br />
90 Grad Celsius erwärmt<br />
wur<strong>de</strong> und damit seine<br />
Klebkraft eingebüßt hat.<br />
Die formverleimte Bootsschale<br />
wur<strong>de</strong> dadurch<br />
<strong>de</strong>laminiert.<br />
Eine Prüfung <strong>de</strong>r mit<br />
Epoxydharz formverleimten<br />
Bootsschale an Backbord,<br />
Steuerbord und am Heck<br />
ergab keinen Zusammenhalt<br />
<strong>de</strong>r Furnierschichten. Die<br />
Furnierschichten ließen sich<br />
in langen Streifen per Hand<br />
abziehen. Die Formstabilität<br />
ist nicht mehr gewährleistet. “<br />
Das hätte ein sehr trauriges<br />
En<strong>de</strong> für unsere geliebte<br />
opus73 be<strong>de</strong>utet. Trotz <strong>de</strong>s<br />
verheeren<strong>de</strong>n Gutachtens<br />
entschlossen wir uns zu einer<br />
umfassen<strong>de</strong>n Reparatur, in<br />
<strong>de</strong>r die äußeren vier Furnierschichten<br />
komplett abgefräst<br />
und neu auflaminiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Reparatur ist noch im<br />
Gange, es sieht aber vielversprechend<br />
aus, dass die alte<br />
Struktur wie<strong>de</strong>r hergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n kann.
Den Blitz<br />
han<strong>de</strong>ln<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Text: KAI KÖCKERITZ<br />
<strong>de</strong>n meisten Fällen circa 20.000 Ampere,<br />
kann aber auch bei etwa zwei Prozent<br />
<strong>de</strong>r Einschläge mehr als 100.000 Ampere<br />
erreichen.<br />
Da die Wahrscheinlichkeit eines Blitzeinschlages<br />
an Bord nicht kontrolliert<br />
wer<strong>de</strong>n kann, muss ein an<strong>de</strong>rer Weg<br />
eingeschlagen wer<strong>de</strong>n, um die gewaltigen<br />
Stromstärken zu bewältigen, die innerhalb<br />
weniger Millisekun<strong>de</strong>n entfacht<br />
wer<strong>de</strong>n. Blitzschutz be<strong>de</strong>utet nämlich,<br />
<strong>de</strong>n Blitz unter Kontrolle zu bringen.<br />
Diese Vorgehensweise lässt sich auf zwei<br />
wesentliche Punkte reduzieren:<br />
• Mit einem Blitzfänger <strong>de</strong>n Einschlagpunkt<br />
am Mast genau festlegen.<br />
• Den Strom anschließend über ausreichend<br />
dimensionierte Kabel auf <strong>de</strong>m<br />
einfachsten, schnellsten und damit kürzesten<br />
Weg ins Wasser leiten.<br />
Der Mast mit Stagen und Wanten bil<strong>de</strong>t<br />
das Grundgerüst eines Faradayschen<br />
Käfigs – es fehlt nur <strong>de</strong>r Abschluss zur<br />
Er<strong>de</strong>. Bei Stahl- und Aluminiumyachten<br />
ist <strong>de</strong>r Käfig sogar bereits vollständig.<br />
Eigner einer GFK-Yacht müssen hingegen<br />
einen Weg fin<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Strom auf vorgegebenen<br />
Bahnen durch <strong>de</strong>n isolieren<strong>de</strong>n<br />
Kunststoffrumpf nach außen zu leiten.<br />
Erst dann ist <strong>de</strong>r Faradaysche Käfig<br />
abgeschlossen, funktionsfähig und die<br />
Besatzung vor lebensgefährlichen Über- <br />
Über Gewitter und Blitze herrschte<br />
seit jeher weit verbreiteter Irrglaube<br />
und Desinformation. “Wei<strong>de</strong>n<br />
mei<strong>de</strong>n und Buchen suchen!“. Nur einer<br />
<strong>de</strong>r vielen – falschen – Merksätze, die als<br />
Volksweisheit in die <strong>de</strong>utsche Sprache<br />
gefun<strong>de</strong>n haben. Blitze bevorzugen keine<br />
bestimmten Baumarten, son<strong>de</strong>rn höher<br />
gelegene, spitz zulaufen<strong>de</strong> Objekte.<br />
Dem Segler kann bei einem Blick hoch<br />
ins Rigg schon Angst und Bange wer<strong>de</strong>n:<br />
Wenn es schlecht läuft, ist <strong>de</strong>r Mast bei<br />
einem Gewitter das höchste Objekt weit<br />
und breit. Noch dazu meist aus einem<br />
Werkstoff, <strong>de</strong>r hervorragend elektrische<br />
Energie leitet – Aluminium. Der Schluss<br />
liegt nahe, dass Masten in einem Gewitter<br />
regelrechte Blitzfänger sind. Dennoch<br />
sind Berichte über Blitzeinschläge auf<br />
Yachten selten und die genauen Abläufe<br />
eines Blitzschlages trotz einiger Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />
Blitzforschung noch nicht hinreichend<br />
erforscht. Noch geht man davon<br />
aus, dass <strong>de</strong>r genaue Einschlagpunkt<br />
<strong>de</strong>m Zufallsprinzip unterliegt. Erst auf<br />
<strong>de</strong>n letzten Metern „sucht“ <strong>de</strong>r Blitz eine<br />
günstige Stelle, um sich zu entla<strong>de</strong>n.<br />
Eine Yacht auf offener See ist daher auch<br />
kein Blitzmagnet, <strong>de</strong>r Blitze aus einigen<br />
Kilometern magisch anzieht. Allerdings<br />
ist das Risiko, von einem Blitz getroffen<br />
zu wer<strong>de</strong>n, an Bord wesentlich größer<br />
– ganz gleich, ob das Rigg geer<strong>de</strong>t ist<br />
o<strong>de</strong>r nicht. Die unter Seglern verbreitete<br />
Annahme, ein isolierter, nicht geer<strong>de</strong>ter<br />
Bootsrumpf sei sicher vor einem Blitzeinschlag,<br />
ist daher auch <strong>de</strong>r Kategorie<br />
Irrglaube zuzuordnen.<br />
Die meisten Blitze toben sich einige Kilometer<br />
über <strong>de</strong>m Masttopp aus und sind<br />
Entladungen innerhalb <strong>de</strong>r Wolken.<br />
Die Stromstärke eines Blitzes beträgt in<br />
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SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS<br />
BLITZSCHLAG<br />
schlägen sicher. Überschläge entstehen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Blitz sich einen Weg durch das<br />
Schiff ‚suchen’ muss. Im ungünstigsten<br />
Fall über <strong>de</strong>n Menschen. Verantwortlich<br />
ist dafür <strong>de</strong>r sogenannte Potenzialausgleich,<br />
<strong>de</strong>r zwischen zwei verschie<strong>de</strong>n<br />
gela<strong>de</strong>nen Objekten stattfin<strong>de</strong>t. Die<br />
Potenzialunterschie<strong>de</strong> an und unter<br />
Deck sind bei einem nicht geer<strong>de</strong>ten<br />
Schiff gewaltig, und es sind extrem hohe<br />
Spannungen erfor<strong>de</strong>rlich, um einen Potenzialausgleich<br />
zwischen <strong>de</strong>n Objekten<br />
zu schaffen. Daher müssen sowohl Mast,<br />
Wanten und Stagen als auch Relingsstützen<br />
und alle größeren Metallgegenstän<strong>de</strong><br />
durch Leitungen mit einer gemeinsamen<br />
Er<strong>de</strong> verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Mit einem<br />
Querschnitt von 16 Quadratmillimetern<br />
bei Wanten und Stagen und acht bei Relingsstützen<br />
sind die Kabel ausreichend<br />
dimensioniert, um <strong>de</strong>n Strom sicher zu<br />
leiten und einen für <strong>de</strong>n Menschen ungefährlichen<br />
Potenzialausgleich im Schiff<br />
zu schaffen. Die elektrische Verbindung<br />
<strong>de</strong>s Mastes zur Er<strong>de</strong> sollte min<strong>de</strong>stens<br />
über einen M8- o<strong>de</strong>r besser einen M10-<br />
Bolzen geschehen. Manche Schiffe verfügen<br />
über eine Maststütze aus E<strong>de</strong>lstahl,<br />
die allerdings elektrisch nicht mit <strong>de</strong>m<br />
Mast verbun<strong>de</strong>n ist. Nur die Maststütze<br />
zu er<strong>de</strong>n ist daher nicht genug. Erst<br />
muss eine Verbindung zwischen Mast<br />
und Stütze hergestellt wer<strong>de</strong>n. Wenn<br />
die Kräfte <strong>de</strong>s Mastes unter Deck durch<br />
das Hauptschott aus Holz aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, ist es etwas aufwändiger, <strong>de</strong>n<br />
Mast zu er<strong>de</strong>n. In diesem Fall darf man<br />
auch nicht <strong>de</strong>r Versuchung erliegen, das<br />
Erdungskabel hinter <strong>de</strong>r Deckenverkleidung<br />
bis an die Bordwand zu führen, um<br />
es an ihr entlang nach unten zu führen.<br />
Um menschliche Opfer bei einem Blitzschlag<br />
zu vermei<strong>de</strong>n, müssen optische<br />
Opfer gebracht wer<strong>de</strong>n: Die Haupterdung<br />
muss vom Mast kommend auf direktem<br />
Wege nach unten geführt wer<strong>de</strong>n – am<br />
Hauptschott entlang. Keine Knicke, keine<br />
großen Kurven.<br />
Bei <strong>de</strong>r Erdung eines Blitzschutzes ist<br />
interessanterweise das Fahrtgebiet von<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung. Da Salzwasser<br />
eine wesentlich bessere Leitfähigkeit<br />
besitzt als Süßwasser, ist <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand<br />
im Süßwasser, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r elektrische Strom<br />
überwin<strong>de</strong>n muss, teilweise hun<strong>de</strong>rtmal<br />
höher. Durch einen elektrischen Wi<strong>de</strong>rstand<br />
( R ) wird eine Spannung ( U ) erzeugt,<br />
sobald Strom ( I ) anliegt. In einer<br />
Formel ausgedrückt: U= R x I<br />
<br />
<br />
<br />
Dadurch ergeben sich auf Binnenrevieren<br />
mit Süßwasser erstaunlich hohe<br />
Spannungen, die nur durch eine ausreichend<br />
große Erdungsfläche kontrolliert<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
Vereinfacht dargestellt:<br />
• eine kleine Platte mit 0,02 Quadratmetern<br />
hat in <strong>de</strong>r Nordsee einen Erdübergangswert<br />
von einem Ohm: 20.000 x 1 =<br />
20.000 Volt<br />
• dieselbe Platte hat im IJsselmeer einen<br />
Erdübergangswert von stolzen 100 Ohm:<br />
20.000 x 100 = 2.000.000 Volt<br />
Ist das Schiff nicht ausreichend geer<strong>de</strong>t,<br />
entsteht hohe Spannung – im schlimmsten<br />
Fall kann es zu rückwärtigen Überschlägen<br />
kommen: Der Blitz schlägt aus<br />
<strong>de</strong>m Wasser zurück in das Schiff.<br />
Daher ist gera<strong>de</strong> in Süßwassergebieten<br />
auf eine ausreichen<strong>de</strong> Erdung zu achten!<br />
Schiffe mit untergebolzten Metallkielen<br />
sind wesentlich einfacher nachzurüsten,<br />
da <strong>de</strong>r Kiel als Er<strong>de</strong> verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Die einzelnen Leitungen wer<strong>de</strong>n<br />
in diesem Fall am Kielbolzen zusammengeführt.<br />
Schwieriger gestaltet sich<br />
WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />
das Nachrüsten auf Schiffen mit einem<br />
ummantelten Kiel. Am Unterwasserschiff<br />
muss eine Kupfer- o<strong>de</strong>r Stahlplatte befestigt<br />
wer<strong>de</strong>n, die mit <strong>de</strong>n Leitern unter<br />
Deck verbun<strong>de</strong>n wird.<br />
Ein ausreichen<strong>de</strong>s und komplettes<br />
Blitzschutzsystem nachzurüsten, ist eine<br />
kosten- und zeitintensive Maßnahme, die<br />
an Bord aufgrund <strong>de</strong>r beengten Platzverhältnisse<br />
oft nicht zu 100 Prozent<br />
möglich ist. Daher ist ein komplettes<br />
Blitzschutzsystem oft nur innerhalb<br />
eines Totalrefits möglich, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Innenraum zu großen Teilen entkernt<br />
wur<strong>de</strong>. Nur so lassen sich die Leitungen<br />
exakt verlegen und die Bor<strong>de</strong>lektronik<br />
entsprechend installieren. Auf<br />
älteren und kleineren Schiffen können<br />
die Kosten schnell an <strong>de</strong>n Zeitwert <strong>de</strong>s<br />
Bootes grenzen. Weshalb im Fachhan<strong>de</strong>l<br />
behelfsmäßige Blitzschutzanlagen<br />
vertrieben wer<strong>de</strong>n, die nach einem<br />
einfachen, aber auch effektiven Prinzip<br />
funktionieren:<br />
Am Mast wird ein Kugelkopfbolzen<br />
fest installiert. Sobald ein Gewitter<br />
aufzieht, wird eine Schraubklemme<br />
an ihm befestigt und durch Leitungen<br />
und Fe<strong>de</strong>rklemmen an <strong>de</strong>n Oberwanten<br />
befestigt. Auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Oberwanten<br />
wird ein Kupfergewebeband min<strong>de</strong>stens<br />
1,50 Meter in das Wasser gelassen. Der<br />
Faradaysche Käfig ist geschlossen und<br />
<strong>de</strong>r Blitz wird auf direktem Weg ins Wasser<br />
abgeführt. Das Kupfergewebeband<br />
erreicht allerdings nicht die erfor<strong>de</strong>rliche<br />
Erdungsfläche, um Überschläge zu<br />
vermei<strong>de</strong>n. Ein gewisses Restrisiko bleibt<br />
bestehen und Vorsicht ist aufgrund <strong>de</strong>s<br />
höheren Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s im Süßwasser<br />
gera<strong>de</strong> auf Binnenrevieren geboten. Bei<br />
Mörer Schiffselektronik, die seit einigen<br />
Jahren eine durch <strong>de</strong>n Verband <strong>de</strong>r Elektrotechnik<br />
(VDE) geprüfte Anlage vertreiben,<br />
kostet das komplette System für ein<br />
32 Fuß Schiff circa 470 Euro.