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■ REPORTAGE<br />
holm. „Liege wo Du möchtest,<br />
noch haben wir Platz“. En<strong>de</strong><br />
Mai scheint die Saison noch<br />
nicht in Dänemark angekommen<br />
zu sein.<br />
Neue Horizonte will ich<br />
suchen und hinter Klintholm<br />
fangen sie an! Dieser Teil <strong>de</strong>r<br />
Ostsee ist neu für mich. Allein<br />
auf <strong>de</strong>m Wasser, in vollkommener<br />
Freiheit, stellt sich mein<br />
Lebensgefühl schon am vierten<br />
Tag um – Schwe<strong>de</strong>n steht auf<br />
<strong>de</strong>r Karte. Ein Gefühl stellt sich<br />
ein, als erobere man neue Kontinente.<br />
Genauso gut hätte Florida<br />
o<strong>de</strong>r Australien voraus liegen<br />
können.<br />
Der Blick auf die neuen Horizonte<br />
wird jedoch von immer<br />
dichterem Nebel ver<strong>de</strong>ckt, die<br />
Motorengeräusche <strong>de</strong>r Fähren<br />
von Trelleborg nach Travemün<strong>de</strong><br />
und Rostock dringen drohend<br />
über das Wasser. Natürlich<br />
hängt ein Radarreflektor im<br />
Topp. Ich setze jedoch nicht<br />
allzu viel Vertrauen in einige<br />
verwinkelte Bleche und mache<br />
einen Bogen um die Schiffe, wo<br />
immer sie sich vor mir aus <strong>de</strong>m<br />
Nebel lösen.<br />
Etwa zehn Meilen weiter östlich<br />
ist <strong>de</strong>r kleine Hafen Gislövsläge,<br />
eine reizvolle Alternative<br />
zum Industriehafen von<br />
Trelleborg. Im Hafen liegen, wie<br />
schon in Dänemark, fast nur<br />
<strong>de</strong>utsche Yachten und einige<br />
Nie<strong>de</strong>rlän<strong>de</strong>r, die sich schon<br />
jetzt aufmachen, um <strong>de</strong>n Sommer<br />
an Bord in Schwe<strong>de</strong>n zu<br />
verbringen. Wenige sind mit<br />
festem Ziel unterwegs, die meisten<br />
bummeln die Küste hinauf<br />
und wie<strong>de</strong>r herunter und<br />
genießen das Leben unter<br />
<strong>Segeln</strong>. Mit <strong>de</strong>m Kassieren im<br />
Hafen verdient Fanny sich ein<br />
wenig Geld neben <strong>de</strong>r Schule.<br />
„Das ist meistens so“, lächelt<br />
sie, als ich gestehe keine einzige<br />
schwedische Krone zu besitzen.<br />
„Du kannst mir Euro geben,<br />
aber ich gebe dir Kronen<br />
zurück.“<br />
Ich war noch nie an <strong>de</strong>r<br />
schwedischen Südostküste. Die<br />
Kaum eine traumhafte Ankerbucht bleibt einem mit <strong>de</strong>m Kleinkreuzer versperrt<br />
DER STAUPLAN<br />
DAS BOOT<br />
Die Carina (6x2,1x0,9 Meter) ist<br />
als Anfängerboot für kleine<br />
Crews o<strong>de</strong>r Einhand-Segler i<strong>de</strong>al.<br />
Ungerefft unter Groß und Fock<br />
(etwa 20m 2 Segelfläche) lässt<br />
sich das Boot bis zu sechs Windstärken<br />
gut manövrieren. Allerdings<br />
bewirken <strong>de</strong>r steife Riss<br />
und <strong>de</strong>r hohe Ballast im Kiel an<br />
<strong>de</strong>r Kreuz und bei kurzen und<br />
steilen Wellen ein schnelles Feststampfen<br />
und großen Wen<strong>de</strong>winkel.<br />
Gegen Starkwind und<br />
Wellen ist <strong>de</strong>r kleine 4PS Außenbor<strong>de</strong>r<br />
dann ebenfalls machtlos.<br />
Der geringe Tiefgang ermöglicht<br />
das Auskundschaften von Routen<br />
jenseits <strong>de</strong>r betonnten Fahrwasser<br />
und eröffnet so einsame<br />
Nächte in <strong>de</strong>n Schären.<br />
flachen Sandsträn<strong>de</strong> und das<br />
weite Land unterschei<strong>de</strong>n sich<br />
kaum von Schleswig-Holstein.<br />
Um meine Erwartungen so<br />
wenig wie möglich von Eindrücken<br />
an<strong>de</strong>rer Leute beeinflussen<br />
zu lassen, lese ich in<br />
<strong>de</strong>n Hafenführern nur soweit,<br />
wie es nötig ist, um <strong>de</strong>n nächsten<br />
Hafen auszusuchen. Einiges<br />
„Schöne“ habe ich<br />
dadurch nicht angesteuert,<br />
aber dafür keinen Tag damit<br />
verloren, mich auf einen Ort<br />
zu freuen, an <strong>de</strong>m ich erst<br />
übermorgen ankommen wer<strong>de</strong>.<br />
In kräftigem Westwind rollen<br />
an<strong>de</strong>rthalb Meter hohe steile<br />
Ostseewellen die Küste entlang.<br />
Mit ausgebaumter Genua<br />
und Großsegel fegt die sonst<br />
eher gemütliche Sumpfkuh mit<br />
über sechs Knoten Fahrt ostwärts.<br />
Am Leuchtturm Sandhammaren<br />
geht es nach Nor<strong>de</strong>n<br />
weiter. Die Reling zieht<br />
immer öfter durchs Wasser.<br />
Das Boot ist in <strong>de</strong>n Böen mit<br />
voller Besegelung kaum noch<br />
zu halten. „Der richtige Zeitpunkt<br />
zum Reffen ist, wenn<br />
man zum ersten Mal daran<br />
<strong>de</strong>nkt“ heisst es. Jetzt ist es<br />
reichlich spät dafür. Mit einer<br />
Starkwindwarnung vor Böen<br />
bis acht Windstärken überzeugt<br />
mich Radio Stockholm<br />
nach Simrishamn einzulaufen.<br />
Zwei Tage verbringe ich meist<br />
unter Deck, während es im<br />
Rigg heult und pfeift. Dank<br />
Stromanschluss und Heizspirale<br />
ist es drinnen angenehm<br />
warm, und es bleibt trotz Regen<br />
trocken. Zeit um es gemütlich<br />
zu machen, mit Petroleumlaterne<br />
und heißer Schokola<strong>de</strong><br />
vom Spirituskocher.<br />
Mit <strong>de</strong>r Sonne ist auch je<strong>de</strong>r<br />
Anflug von Sommer verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Unter Deck steigt<br />
das Thermometer nur noch auf<br />
etwa zehn Grad. Draußen<br />
„Die Reling zieht durchs Wasser, das<br />
Boot ist in <strong>de</strong>n Böen kaum zu halten“<br />
trage ich beim <strong>Segeln</strong> Handschuhe,<br />
Schal und Norwegerpullover<br />
unter meinem<br />
Ölzeug. Es ist Juni!<br />
Der Hafen auf Hanö ist jetzt<br />
noch ein idyllischer, verlassener<br />
Ort mit wenigen Touristen.<br />
Die Häuser <strong>de</strong>r kleinen Siedlung<br />
wirken gepflegt, aber bei<br />
näherem Hinsehen erkennt<br />
man, dass sie zum größten Teil<br />
leer stehen. Anfang <strong>de</strong>r 50-er<br />
Jahre lebten hier noch 250<br />
Einwohner, 2002 war ihre<br />
Zahl auf 31 gesunken. Überwiegend<br />
Künstler, die <strong>de</strong>n<br />
kleinen Ort liebevoll für die<br />
Touristen pflegen.<br />
Mit Hanö beginnt das<br />
Schwe<strong>de</strong>n, das ich mir vorgestellt<br />
hatte. Rote und gelbe<br />
Holzhäuser auf schroffen kleinen<br />
Felsen und Inseln, auf<br />
<strong>de</strong>nen Na<strong>de</strong>lbäume, Gräser<br />
und Moose wachsen.<br />
Hier beginnen auch die<br />
ersten Schärenfahrwasser, auf<br />
die ich mich so gefreut habe<br />
und für die ein Kleinkreuzer<br />
wie meine Sumpfkuh mit<br />
ihrem geringen Tiefgang ein-<br />
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