civitas 5-2012 - Schw. StV
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‹Unsere öffentliche Wirkung<br />
ist beschränkt›<br />
Interview: Thomas Gmür; Bilder: Thomas Gmür<br />
Dass es einen universitären Mittelbau<br />
gibt, hat eine breite Öffentlichkeit erst<br />
diesen Herbst festgestellt, als ein lauthalser<br />
Assistenzprofessor der Universität<br />
Zürich sich über die Unileitung mokierte.<br />
Bislang nahm man diesen Universitätsangestellten<br />
weniger als politisches<br />
Aushängeschild einer Bildungselite wahr.<br />
Die Vertreter des Mittelbaus sind aber<br />
keineswegs in einem Elfenbeinturm,<br />
von der Umwelt abgeschottet und ohne<br />
Bezug zum täglichen Leben. Wenn sie nun<br />
aber in einer Zeit finanzieller kantonaler<br />
Engpässe und Sparwillen im Bildungsbereich<br />
ihre Tätigkeit vermehrt der Öffentlich<br />
erklären müssen, hat dies auch eine<br />
öffentliche Wirkung zur Folge, die nur<br />
positiv sein kann.<br />
Die Civitas hat sich mit Mike Bacher, Assistent<br />
an der Rechtswissenschaftlichen<br />
Fakultät in Luzern, zu aktuellen Fragestellungen<br />
getroffen.<br />
Mike Bacher, Du bist an der Universität<br />
Luzern Assistent. Was reizt Dich an dieser<br />
Tätigkeit und wieso zieht es Dich nicht in<br />
die Privatwirtschaft?<br />
Es ist eine spannende Herausforderung, im<br />
wissenschaftlichen Bereich tätig zu sein.<br />
Ein wichtiger Beweggrund liegt darin, in<br />
der Forschung etwas zu erreichen, einen<br />
Forschungsnachweis zu erbringen. Mich<br />
spricht das interessante Tätigkeitsfeld an.<br />
Ich erachte die Grundlagenforschung als<br />
unabdingbar. Zwar ist es eher unüblich geworden,<br />
als Jurist den akademischen Weg<br />
einzuschlagen; aber bestimmte Kompetenzen<br />
in Lehre und Forschung kann man sich<br />
nur so aneignen. Es wäre natürlich lukrativer,<br />
einer Anwaltstätigkeit nachzugehen.<br />
Viele Juristen zieht es dementsprechend in<br />
die Privatwirtschaft, wo die spezifischen<br />
Möglichkeiten einer Laufbahn anders geartet<br />
sind.<br />
Ein Laufbahninteresse an der Universität<br />
ist quasi Voraussetzung bei einer Assistenzstelle.<br />
Noch vor wenigen Jahrzehnten<br />
war ein Doktorat als Abschluss des Studiums<br />
gesellschaftlich geradezu gefordert,<br />
oftmals gar Teil des Studiums. Heute steht<br />
eine Dissertation höher im Kurs als früher.<br />
Es wird vermehrt Wert auf eigenständige,<br />
selbständige Forschungstätigkeit gelegt.<br />
Es ist eine weiterführende (Aus-)Bildung<br />
im Sinne einer Berufstätigkeit, die aber<br />
auch mehr gesellschaftliche Anerkennung<br />
braucht.<br />
Wo liegt der Mehrwert Deiner universitären<br />
akademischen Tätigkeit für die<br />
Öffentlichkeit?<br />
Die Rechtsphilosophie, wo ich als Assistent<br />
tätig bin, beantwortet nicht blosse triviale<br />
Fragen. Es geht um Grundlagen des Rechtssystems,<br />
beispielsweise Antworten darauf<br />
zu geben, wieso der Staat das Gewaltmonopol<br />
hat. Oder wer überhaupt das Recht hat,<br />
Strafen zu erlassen. Ebenso geht es auch um<br />
differenzierte Debatten wie jene zur aktiven<br />
Sterbehilfe.<br />
Worin besteht denn konkret Deine Tätigkeit?<br />
Meine Tätigkeit ist eine sehr vielfältig gegliederte<br />
Aufgabe. Die Assistenzstelle ist<br />
eine Stufe zwischen dem Studenten und<br />
dem Professor. Es geht zunächst einmal darum,<br />
selbständig Forschungsarbeit zu übernehmen.<br />
Es ist ebenso eine Lernstufe auf<br />
dem weiteren, universitären Weg.<br />
«<br />
Bildung ist unser<br />
wertvollster Rohstoff»<br />
Ich betreibe konkrete Grundlagenarbeit,<br />
einerseits für meine Dissertation, andererseits<br />
unterstütze ich damit auch den<br />
Professor. Zusätzlich übernehme ich einen<br />
Teil der Lehrtätigkeit, namentlich Übungen.<br />
Die Vorlesungen werden in Luzern<br />
zwar durchwegs von Professoren gehalten.<br />
Das Erstellen der Vorlesungsunterlagen<br />
entsteht allerdings im Wesentlichen unter<br />
Mitarbeit der Assistenten, ebenso nimmt<br />
der Mittelbau nicht unerheblichen Einfluss<br />
auf den Lehrplan. Ein kleinerer Teil meines<br />
Pensums ist der Verwaltungstätigkeit für<br />
den Lehrstuhlinhaber zusammen mit den<br />
Sekretärinnen geschuldet.<br />
«<br />
Luzern ist international<br />
sehr gut vernetzt»<br />
Mein Anstellungsgrad liegt bei 50%,<br />
häufig arbeiten Assistenten aber faktisch<br />
gegen 100%. Wir kennen daher flexible Arbeitszeiten.<br />
Die Luzerner Universität ist vergleichsweise<br />
eine junge. Worin besteht – aus<br />
Sicht des Assistenten – der wesentliche<br />
Unterschied zu anderen Universitäten?<br />
Der grösste Vorteil ist die Kleinheit. Die<br />
überschaubare Grösse der Universität – es<br />
Ad personam<br />
Mike Bacher<br />
* 1987, Matura<br />
Engelberg 2006,<br />
MA Law Luzern<br />
2011, ist Assistent<br />
am Lehrstuhl für<br />
Rechts- und Staatsphilosophie<br />
an der Universität Luzern.<br />
Er studierte in Luzern und Innsbruck.<br />
2008-<strong>2012</strong> war er Generalsekretär der<br />
JCVP <strong>Schw</strong>eiz. Mike Bacher v/o Archiv ist<br />
Mitglied der Angelomontana, der Semper<br />
Fidelis und der Helvetia Oenipontana.<br />
Foto: zVg<br />
4 <strong>civitas</strong> 5-<strong>2012</strong>