civitas 5-2012 - Schw. StV
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Nekrologe<br />
Der auch in kirchlichen Dingen grundsätzlich<br />
Konservative, der zum Beispiel die kantonale<br />
Kirchenverfassung bekämpfte – weil sie eben<br />
nach kirchlicher Auffassung gerade nicht «Kirche»<br />
sei – wagte auch, die Kirchenhierarchie in<br />
Fragen der Rechtskultur zur Ordnung zu rufen;<br />
der Fall von Bischof Haas bot dafür nur einen von<br />
mehreren Anlässen.<br />
Eine grundsätzlichere Kirchenkritik, wie sie etwa<br />
sein eminenter Cousin Hans Küng pflegte und<br />
pflegt, war allerdings gar nicht seine Sache; er<br />
unterstützte Küngs Weltethos-Projekt; sein Vor-<br />
Verständnis von Amt und Tradition, so scheint es<br />
mir, hat ihm aber den Zugang zu Küngs Anliegen<br />
von Anfang an verwehrt. Er zog – wenn wir es<br />
etwas einfach sagen wollen – die Spiritualität des<br />
grossen Hans Urs von Balthasar dem Rationalismus<br />
des grossen Hans Küng vor.<br />
Walter Gut hätte gewiss noch mehr publiziert,<br />
hätte er sich nach seiner Regierungstätigkeit<br />
ganz auf die Rolle als Staats- und Kirchendenker<br />
konzentrieren können. Er wurde auch noch<br />
anderswo gebraucht und liess sich dazu rufen.<br />
Wir nennen hier einmal das bedeutsame Amt<br />
des Präsidenten des grossen Verbands SKAV,<br />
des <strong>Schw</strong>eizerischen Katholischen Anstaltenverbands.<br />
Die Aufgabe forderte ihn; er bewältigte<br />
sie unter gütiger Mithilfe des dienstbereiten und<br />
organisatorisch begabten ehemaligen Kantonalschulinspektors<br />
Gottfried Schaffhuser. Die zweite<br />
Aufgabe führte ihn zu nationalem Bekanntheitsgrad.<br />
Walter Gut war zur Stelle, als der Bundesrat<br />
im Jahre 1990 in der unseligen Affäre der<br />
Staatsschutzakten einen Delegierten mit Prestige<br />
und Berufserfahrung suchte. Die schwierige<br />
und intensive Arbeit, die er als sogenannter<br />
«Fichendelegierter» besorgte, machte ihm zwar,<br />
wie er selber gestand, wenig Freude; sie war ihm<br />
staatsbürgerliche Pflicht, und sie gab dem noch<br />
rüstigen Pensionär aus Hildisrieden die Genugtuung,<br />
noch gebraucht zu werden.<br />
Um das Bild von Walter Gut abzurunden, braucht<br />
es auch noch ein kurzes Wort zur Familie und<br />
zum Wohnort Hildisrieden. Walter blieb – wie<br />
sein Vorbild Thomas Morus – lange Junggeselle.<br />
Im Jahre 1974 fand er dann aber in der verwitweten<br />
Greth Fässler-Zust seine Ehefrau; sie<br />
wurde ihm nicht nur zur Partnerin fürs Leben,<br />
sondern bot ihm auch alles, was Liebe und Häuslichkeit<br />
bringen kann. Greth brachte auch ihre<br />
zwei Kinder in die Ehe ein, und Walter erhielt so<br />
eine Familie. Wenige Jahre nach der Heirat kam<br />
es zum Umzug von Luzern in das sonnenverwöhnte<br />
Hildisrieden. Das neue Haus, von dem<br />
Walter viel schwärmte, wurde nach dem Vorbild<br />
von Ciceros Landsitz «Tusculanum» getauft. Und<br />
wenn ich das richtig sehe, so wurde Walter hier<br />
in der ehelichen und häuslichen Geborgenheit<br />
erstmals zu einem entspannteren glücklichen<br />
Menschen.<br />
Wir wissen, dass es ihm in den letzten Lebensjahren<br />
nicht mehr gut ging. Das «Schultheissenbänkli»<br />
im Schopfen (er hätte es nie «Regierungspräsidentenbänkli»<br />
getauft) wurde zum<br />
äusseren Zeichen für seine schwindenden Kräfte.<br />
Noch konnte er sich und seine Besucher damit<br />
trösten, dass er noch lesen könne; das Lesen,<br />
vorab von Biographien, blieb ihm Lebenselixier.<br />
Zunehmende <strong>Schw</strong>äche und Schmerzen zwangen<br />
dann doch ins Pflegeheim.<br />
Der Kanton Luzern hat mit seinem Tod einen bedeutenden<br />
Magistraten verloren. Wir alle vermissen<br />
einen tiefsinnigen Menschen ganz eigener<br />
Prägung und viele von uns betrauern auch einen<br />
treuen persönlichen Freund.<br />
Er ruhe im Frieden Gottes, auf den er gebaut hat.<br />
Dr. Moritz Arnet v/o Dreist<br />
Zum Hinschied von Bernhard Schnyder v/o Mufti<br />
Prof. Dr. Bernhard Schnyder<br />
v/o Mufti<br />
30.10.1930 - 21.07.<strong>2012</strong><br />
Brigensis, Staufer, Helvetia Freiburg im Breisgau,<br />
Ehrenmitglied Fryburgia und Teutonia im CV<br />
Am 21. Juli <strong>2012</strong> ist<br />
in Freiburg Professor<br />
Dr. Dr. h.c. Bernhard<br />
Schnyder v/o<br />
Mufti nach schwerer<br />
Krankheit verstorben.<br />
Mit ihm hat uns<br />
ein leidenschaftlicher<br />
und charismatischer<br />
Dozent verlassen, ein brillanter, über die Landesgrenzen<br />
hinaus anerkannter Wissenschaftler<br />
und gefragter Experte. Der <strong>Schw</strong>eizerische Studentenverein<br />
hat einen engagierten und hoch<br />
verdienten Farbenbruder verloren. Angehörige,<br />
Freunde und Unzählige, die ihm begegnet sind,<br />
betrauern eine grossartige, liebenswürdige Persönlichkeit.<br />
Der Verstorbene hat Generationen<br />
von Juristinnen und Juristen, <strong>StV</strong>erinnen und<br />
<strong>StV</strong>er nachhaltig geprägt, zur Rechtsentwicklung<br />
massgebend beigetragen und bei vielen<br />
Menschen wertvolle, bleibende Erinnerungen<br />
hinterlassen.<br />
Bernhard ist als Sohn des Oberwalliser CSP-National-<br />
und Staatsrats Oskar Schnyder und der<br />
Anny, geborene Gentinetta, am 30. November<br />
1930 in Brig zur Welt gekommen und dort auch<br />
aufgewachsen. Mit der Dissertation «Vertragsfreiheit<br />
als Privatrechtsbegriff» promovierte er<br />
1960 an der Universität Freiburg i. Üe. bei seinem<br />
grossen Vorbild und verehrten Lehrmeister<br />
Peter Jäggi. Anschliessend ergänzte er seine<br />
Studien in Freiburg im Breisgau, in Zürich und<br />
in Genf. Die akademische Laufbahn begann er<br />
an der «Universitas Friburgensis Helvetiorum»<br />
zunächst als Lehrbeauftragter und ab 1965 als<br />
vollamtlicher Assistenzprofessor. In dieser Zeit<br />
entstand die erste Fassung des Werks, das ihm<br />
später die grösste Bekanntheit eingetragen hat,<br />
die Neubearbeitung und Fortentwicklung des von<br />
Peter Tuor begründeten Lehrbuchs «Das <strong>Schw</strong>eizerische<br />
Zivilgesetzbuch». 1966 erhielt er für<br />
diese Neubearbeitung sowie für seine in Unterricht<br />
und Forschung dem <strong>Schw</strong>eizer Rechtsleben<br />
erwiesenen Dienste den Werner-Näf-Preis.<br />
Nach der Habilitation zum Thema «Die gesetzliche<br />
erbrechtliche Nutzniessung» wurde er 1970<br />
an der gleichen Universität zum ordentlichen<br />
Professor ernannt, ein Amt, das er bis 1997 innehatte.<br />
Die Folgen eines im Jahr 1991 erlittenen<br />
schweren Unfalls haben ihn bewogen, die geliebte<br />
Tätigkeit als Hochschullehrer vorzeitig aufzugeben.<br />
Danach blieb er aktiv als Wissenschaftler,<br />
publizierte rege weiter, nahm an Anlässen<br />
der Universität teil, interessierte und engagierte<br />
sich sehr für deren Belange. Die universitäre Gemeinschaft<br />
war gleichsam seine zweite Familie.<br />
An erster Stelle kam aber immer die eigentliche<br />
Familie, seine Gattin Trudy Schnyder-König, der<br />
Sohn Matthias und die Tochter Franziska.<br />
An der Universität setzte er sich von Anfang an in<br />
36 <strong>civitas</strong> 5-<strong>2012</strong>