Gottes Bodenpersonal - Schw. StV

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27.06.2014 Aufrufe

«Im Pfarrhaus muss Licht brennen» Felix Gmür v/o Schpoot, Generalsekretär der Bischofskonferenz Es gibt angenehmere Aufgaben, aber ganz sicher zurzeit ruhigere Arbeitsplätze als die eines Generalsekretärs der Schweizer Bischofskonferenz. Dies, weil nicht alle aus Gottes Bodenpersonal so tun beziehungsweise getan haben, wie sie sollten. Die Aktualität der Missbrauchsdebatte ist das eine, aber die langfristige Sicherung des geistlichen Beistands für die sogenannten Schäflein etwas anderes: Für Felix Gmür v/o Schpoot steht nämlich die Frage des Priestermangels schon länger auf der Traktandenliste seiner Tätigkeit. Sie wird durch die Aktualität überdeckt, vielleicht sogar erschwert, aber sie bleibt dringend. Die fehlenden Priester verlangen nach neuen Lösungen. Verschiedene Ansätze stehen dabei im Vordergrund, die sich in der Art fast widersprechen können. 1. Einerseits will man mit der «Unité pastorale», den Seelsorgeeinheiten, die lebensraumorientierte Seelsorge, fördern. «Die Leute leben und arbeiten nicht mehr am gleichen Ort, daher braucht es nicht Fotos: Hanspeter Bärtschi 6 civitas 03 / 04 2010

mehr so viele Priester in den Schlafstädten.» Aber die Kirche müsse weiterhin vor Ort selber sein und Präsenz markieren. Oder wie es Gmür sagt: «Im Pfarrhaus muss es Licht haben.» Auf der anderen Seite werden offene Angebote wichtiger wie eine Sihlcity-Kirche, eine Bahnhofkirche oder eine offene Kirche, welche eine Anlaufstelle für Leute auf der Suche bilden. Also eine Mischung von Zugehen und Dasein für die Gläubigen. 2. Es hat sich gezeigt, dass religiöse Zentren sehr wichtig sind und man sie stärken müsse. Einsiedeln als traditionelles Angebot oder die Jesuitenkirche in Luzern seien Anlaufpunkte für Leute, die wissen, was sie wollen. Dieses Modell entspricht der immer weniger vorhandenen örtlichen Orientierung der Gläubigen zugunsten einer inhaltlichen Suche. 3. Man will die Pfarreien mit Laien besetzen, weil der Ansatz, dass man alles so lässt, wie es ist, wenig schlau sei. Während der Prozess in Frankreich bereits weiter fortgeschritten ist, sei das in der Schweiz anders, weil die Strukturen komplizierter seien. «Zu einer katholischen Kirche gehört ein Priester», dies sei noch in vielen Köpfen. Ausländische Priester könnten das Problem nicht lösen, schon weil der Bund nur 25 Leute pro Jahr zuliesse, die nicht aus der EU sind. Man müsse diese Leute auch intensiv schulen, damit sie die kulturellen Unterschiede kennen. Die Kirche müsse den Mut haben, neue Modelle auszuprobieren, nötigenfalls auch mal eine Kirche zu schliessen, denn die Seelsorgeeinheiten seien nicht die Lösung aller Probleme. «Der Priester, früher für die allgemeine Seelsorge zuständig, droht so zu einem Funktionär zu werden und ist als Mensch nicht mehr spürbar.» Und Gmür macht darauf aufmerksam, dass auch bei den Laienseelsorgern ein Mangel bestehe. Mindestens ebenso zu schaffen macht der Kirche nicht nur der Priester-, sondern auch der Gläubigenmangel. War die Religion früher Teil des Alltags, ist sie nun wie ausgekoppelt. «Die Leute verstehen sich nicht mehr als aktiven Teil der katholischen Kirche.» Das Morgen- und Abendgebet und das Beten vor dem Essen verschwänden immer mehr. «Das wichtigste Bodenpersonal sind die Eltern, aber sie selber lernen das religiöse Leben nicht mehr.» Man delegiere die Aufgabe der religiösen Erziehung an die Kirche. Vor allem in Westeuropa werde das religiöse Bedürfnis anders gestillt. Eine Absage erteilt der Generalsekretär der Idee «Jesus ja, Kirche nein». Das entspreche der Tendenz, alles was schlecht sei, der Institution Kirche anzuhängen. Die Krise der Institution betreffe im Übrigen beispielsweise auch die Polizei und die Banken. Der guten alten Zeit hinterher trauern will aber auch Gmür nicht. Dass zwischen 1850 und 1950 80 Prozent der Katholiken und 70 der Reformierten in der Kirche waren, sei vergangene Zeit und ob sie besser war, fragt er sich im gleichen Atemzug auch. Klar sei für ihn aber, dass sich das Volk heute mehr entscheiden müsse. «Entscheidungs- statt Erbchristentum.» Und die Kirche müsse die Inhalte – nämlich mit der Konzentration auf das Wesentliche – so vermitteln, dass es die Entscheidung fördere. «Gott wird Mensch, einer von uns.» Die Orientierung im Leben, Ad personam Felix Gmür, geboren am 7. Juni 1966 in Luzern, studierte in München, Paris, Rom und Freiburg und schloss als Dr. der Philosophie ab. Anschliessend folgten vier Jahre im Bistum Basel als Pastoralassistent, Diakon, Vikar, Pfarradministrator in der Seelsorge, 1999 liess er sich zum Priester weihen. Von 2001 bis 2004 war er in Rom, dann Subregens am Priesterseminar Luzern, bevor er 2006 zum Generalsekretär der Bischofskonferenz gewählt wurde. Schpoot ist Mitglied der Helvetia Monancensis, Vindelicia im CV, Alemannia, Helvetia Romana. Als seine Hobbys bezeichnet er Musik und Reisen. Das wichtigste Bodenpersonal sind die Eltern, aber sie selber lernen das religiöse Leben nicht mehr.» die Sinngebung, die Christusnachfolge sei wichtig, das Nachher ist geregelt. «Alles andere ist Beigemüse und nicht Kern des Glaubens.» In diesem Spannungsfeld bewege sich der Priester, der heute immer flexibler sein müsse, weil das Volk auch vielfältiger werde. «Wer geeignet sein will als Pfarrer, muss gute Nerven haben und darf keine Mimose sein», hat Gmür festgestellt. Er selber schätze den Kontakt mit der Bevölkerung sehr, er sei auch selber an den Wochenenden unterwegs in den Pfarreien. bw civitas 03/04 2010 7

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Licht brennen»<br />

Felix Gmür v/o Schpoot, Generalsekretär der Bischofskonferenz<br />

Es gibt angenehmere Aufgaben, aber<br />

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als die eines Generalsekretärs<br />

der <strong>Schw</strong>eizer Bischofskonferenz. Dies, weil<br />

nicht alle aus <strong>Gottes</strong> <strong>Bodenpersonal</strong> so tun<br />

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Die Aktualität der Missbrauchsdebatte<br />

ist das eine, aber die langfristige Sicherung<br />

des geistlichen Beistands für die sogenannten<br />

Schäflein etwas anderes: Für Felix Gmür<br />

v/o Schpoot steht nämlich die Frage des<br />

Priestermangels schon länger auf der Traktandenliste<br />

seiner Tätigkeit. Sie wird durch<br />

die Aktualität überdeckt, vielleicht sogar<br />

erschwert, aber sie bleibt dringend. Die<br />

fehlenden Priester verlangen nach neuen<br />

Lösungen. Verschiedene Ansätze stehen dabei<br />

im Vordergrund, die sich in der Art fast<br />

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1. Einerseits will man mit der «Unité<br />

pastorale», den Seelsorgeeinheiten, die<br />

lebensraumorientierte Seelsorge, fördern.<br />

«Die Leute leben und arbeiten nicht mehr<br />

am gleichen Ort, daher braucht es nicht<br />

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