Gottes Bodenpersonal - Schw. StV
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Es fehlt die religiöse Grundbildung,<br />
obwohl der Religionsunterricht<br />
noch nie so gut war wie heute.»<br />
Im Seminar keine Kirchenpolitik<br />
Das Seminar galt noch vor nicht langer Zeit<br />
als Hort konservativer Kirchenpolitik, womit<br />
natürlich Kirin unter Beobachtung stand und<br />
steht. «Ja, ich stehe unter Beobachtung und das<br />
ist auch gut so.» Das sei schon so als normaler<br />
Dorfpfarrer gewesen. Für ihn ist Offenheit<br />
eine katholische Eigenheit. Er selber wolle keine<br />
Kirchenpolitik machen, das sei eben nicht<br />
der Sinn des Seminars. Der gegenseitige Respekt,<br />
der Dienst an der Versöhnung, das seien<br />
Dinge, die wichtig und entscheidend seien.<br />
50 Prozent der Seminaristen<br />
sind <strong>Schw</strong>eizer<br />
Das Priesterseminar ist längst nicht nur der<br />
Ort, wo junge Männer auf ihre Aufgabe als<br />
Priester vorbereitet werden, sondern ein Ausbildungs-<br />
und Austauschzentrum der katholischen<br />
Kirche überhaupt. «Viele Pfarrer, Pastoralassistentinnen<br />
und Pastoralassistenten<br />
kommen zur Weiterbildung hierher». So sei<br />
auch der Rückfluss betreffend Erfahrungen<br />
gegeben. Dazu gesellt sich die Theologische<br />
Hochschule mit dem Pastoralinstitut. Weiterbildungsseminare<br />
seien also zahlreich. Auch<br />
ist das Priesterseminar Wohnort, beispielsweise<br />
von Bischof Amédée Grab v/o Chräh. So<br />
ergebe sich ein reges Kommen und Gehen bei<br />
Hausbewohnern und Gästen, was er als positiv<br />
empfindet. Chur ist aber nicht nur ein nationales<br />
Kompetenzzentrum, sondern strahlt<br />
über die Grenzen hinaus. Nur etwa 50 Prozent<br />
der Seminaristen sind <strong>Schw</strong>eizer, auch nur 50<br />
Prozent haben als Muttersprache Deutsch.<br />
Einführungsjahr im Priesterseminar wichtig<br />
Das Einführungsjahr ist nicht nur für<br />
Fremdsprachige nötig, um sie an die deutsche<br />
Sprache heranzuführen, sondern überhaupt<br />
um das Katholische näherzubringen.<br />
Das tönt einigermassen erstaunlich, doch<br />
ist es für Fuchs eine Notwendigkeit. «Dass<br />
die Kandidaten in einer katholischen Welt<br />
aufwachsen, ist keine Selbstverständlichkeit<br />
mehr.» Viele kennen die Bräuche nicht<br />
mehr, entweder weil sie in der Familie oder<br />
im Ort nicht mehr gepflegt werden. «Es<br />
fehlt die religiöse Grundbildung, obwohl<br />
der Religionsunterricht noch nie so gut war<br />
wie heute», sagt er ohne Groll. Der Lebensrhythmus<br />
der ganzen Bevölkerung habe sich<br />
verändert, sei früher näher an der Natur gewesen.<br />
«Heute scheinen viele gut ohne Religion<br />
leben zu können», stellt der Regens<br />
fest. Ein weiterer Punkt ist, dass viele Spätberufene<br />
interessiert seien. Tatsächlich sind<br />
die ältesten Seminaristen über 40 Jahre alt.<br />
Viele hätten bereits einen anderen Beruf<br />
gelernt. Dazu kommen auch Neubekehrte,<br />
welche erst in die katholische Gedankenwelt<br />
eingeführt werden müssten. Das mache das<br />
Priesterseminar St. Luzi gegenüber früher<br />
vielfältiger, komplizierter, aber auch spannender,<br />
erklärt Fuchs.<br />
Interessant ist, dass die Mehrheit<br />
der zukünftigen Priester aus dem Kanton<br />
Zürich, der Diaspora, stammt, dem Hort<br />
des Widerstands gegen das Churer Kirchenestablishment.<br />
«Die Zürcher Katholiken<br />
sind in einer Minderheitssituation und<br />
werden sich deshalb viel früher ihres Katholischseins<br />
bewusst», begründet der Regens.<br />
Und sie müssten sich oft gegen Widerstände<br />
durchsetzen. «Es ist heutzutage für Eltern<br />
oft nicht einfach zu verstehen, wenn ihr einziges<br />
Kind Priester werden will.» Die Zeiten,<br />
als es für eine Familie eine Ehre gewesen sei,<br />
dass eines der vielen Kinder <strong>Gottes</strong>mann<br />
wurde, seien schon lange vorbei. Nicht nur<br />
bei den Menschen, auch bei den Ausbildungsplätzen<br />
ist der Kanton Zürich führend.<br />
Obwohl es ja nicht eine Riesenschar<br />
ist, die sich in Chur ausbilden lassen will, sei<br />
es nicht immer ganz einfach, einen Platz für<br />
die Ausbildung zu finden. «Einige wenige<br />
Pfarreien tragen vor allem mit», hat Fuchs<br />
festgestellt. Das seien vor allem solche aus<br />
dem Kanton Zürich, dann ein paar aus der<br />
Innerschweiz.<br />
Ad personam<br />
Ernst Fuchs ist am<br />
16. Mai in Willerzell bei<br />
Einsiedeln geboren, ging<br />
nachher in Einsiedeln zur<br />
Schule, wo er die Matur<br />
erlangte. Seine Studien<br />
in Slawistik und Theologie<br />
führten ihn nach Bern, Prag, Freiburg<br />
i. Ue. und Rom. Nach seiner Ausbildung zum<br />
Priester wurde er Pastoralassistent in Zürich-<br />
Witikon, dann Diakon und Vikar in Zernez<br />
und Sachseln und Pfarrer in Trun GR, danach<br />
wurde er 2009 zum Regens des Priesterseminars<br />
St. Luzi in Chur berufen. Fuchs<br />
v/o Kirin ist Mitglied der Corvina, Berchtoldia,<br />
Helvetia Romana und AHB-Vorstandsmitglied<br />
des <strong>Schw</strong>eizerischen Studentenvereins.<br />
Er nennt als seine Hobbys Lesen,<br />
Wandern, Reisen und den <strong>StV</strong>.<br />
bw<br />
civitas 03/04 2010 5