Gottes Bodenpersonal - Schw. StV
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Ein Nicken hier, einen Gruss dort, als<br />
er über die Strasse geht. Man kennt<br />
ihn in Ennetbürgen, keine Frage. Es<br />
wäre allerdings ein schlechtes Zeichen, man<br />
würde Elmar Rotzer im nidwaldnerischen<br />
Dorf am Vierwaldstättersee nicht kennen,<br />
denn seit fast 17 Jahren amtet er hier als Gemeindeleiter<br />
beziehungsweise seit Oktober<br />
2001 als Ständiger Diakon. Für die katholische<br />
Kirche ist das eine Ewigkeit, denn ein<br />
normaler <strong>Gottes</strong>mann wird nach spätestens<br />
zehn Jahren versetzt. Aber normal im Sinne<br />
der Kirche ist Rotzer auch sonst nicht, denn<br />
verheiratete <strong>Gottes</strong>leute entsprechen nicht<br />
dem Idealbild. Aber der Priestermangel<br />
hatte auch vor der Innerschweiz nicht Halt<br />
gemacht, als er 1993 angefragt wurde. Sein<br />
Verbindungskollege und Kirchenpräsident<br />
Alois Bissig v/o Fox wollte endlich wieder<br />
einen normalen Betrieb, nachdem wegen<br />
Vakanzen der Betrieb auf Sparflamme lief<br />
und nur durch die beiden Räte (Kirchenund<br />
Pfarreirat) und die Liturgiegruppe einigermassen<br />
sichergestellt werden konnte.<br />
Zuerst, so erzählt Rotzer, habe er sich gefragt,<br />
ob Gemeindeleiter das Richtige für<br />
ihn sei, doch die Bedenken sind heute längst<br />
verschwunden. Mit Engagement sorgt er<br />
für den Betrieb in der Pfarrei, nimmt am<br />
Dorfleben aktiv teil und ist stolz, dass pro<br />
Wochenende durchschnittlich dreihundert<br />
Leute in seiner Kirche sind. «Das ist heute,<br />
auch in der Innerschweiz, nicht mehr selbstverständlich.»<br />
Kein gerader Weg<br />
Mit diesem Engagement fand ein theologischer<br />
Zickzackweg nicht nur für die Kirchgemeinde<br />
ein Ende. Der Walliser hatte, als<br />
er in Brig ins Gymnasium eintrat, noch<br />
nicht ein kirchliches Amt im Sinne, obwohl<br />
ihn die Theologie immer faszinierte. Gymnasiallehrer<br />
war sein Berufsziel, doch in der<br />
Rekrutenschule entschied er sich um. Der<br />
Besuchstag an der Uni Freiburg, wo er statt<br />
in Englisch schliesslich in der Theologievorlesung<br />
landete, bestärkte seinen Wunsch,<br />
als Priester in einer Pfarrei zu wirken. Also<br />
trat er ins Salesianum in Freiburg ein. Dort<br />
war auch das Walliser Priesterseminar, das<br />
später nach Givisiez übersiedelte. Mit den<br />
Vorstellungen, welche die Obrigkeit in ihn<br />
setzte, konnte er sich jedoch nicht anfreunden.<br />
Es folgten ein Auslandjahr im irischen<br />
Maynooth und ein weiteres Studienjahr in<br />
Freiburg. Dann stellte sich der Neu Romane<br />
für ein Jahr dem Zentralkomitee des <strong>Schw</strong>eizerischen<br />
Studentenvereins als CA zur Verfügung.<br />
1989 trat er aus dem Seminar aus,<br />
was für ihn eine «logische Folge einer Entwicklung»<br />
war. Dass auch noch seine zukünftige<br />
Frau in der Person der Brienzerin<br />
Therese Mathyer v/o Delphi in sein Leben<br />
trat, bestärkte seinen Entschluss, auch wenn<br />
die Zeit für ihn damals nicht einfach gewesen<br />
sei, wie er selbst zugibt: «Ich musste<br />
mich neu orientieren, sah für mich im Wallis<br />
keine Zukunft.» Es kam ihm dabei entgegen,<br />
dass der Pfarrer und spätere Bischof<br />
Hansjörg Vogel ihn für Katechese und Jugendarbeit<br />
in der Berner Pfarrei St. Marien<br />
engagierte. Hier verbrachte er seine eigentlichen<br />
Lehrjahre. Die Pfarreiarbeit gefiel<br />
ihm, doch eine Lebensstelle wurde daraus<br />
nicht, das wurde ihm schnell einmal klar.<br />
Eine weitere Erkenntnis folgte: «Die Stadt<br />
ist nicht mein Ding, ich bin ein Landei.»<br />
Die Kirche noch im Dorf<br />
Rotzer entschied sich zum Weiterstudium<br />
in Philosophie und Pädagogik. Er unterrichtete<br />
im zugerischen Steinhausen auf der<br />
Oberstufe in Religion und absolvierte am<br />
Gymnasium in Immensee ein Gymnasiallehrerpraktikum<br />
in den Fächern Religion<br />
und Philosophie. «Auf einmal hatte ich<br />
mehrere Möglichkeiten für die Zukunft»,<br />
erklärt er. Lehrerberuf, Kommunikation,<br />
Journalismus und Lebensberatung hätten<br />
ihn ebenso gereizt, aber als das Angebot aus<br />
Ennetbürgen kam, entschied er sich für die<br />
Gemeindeleitung in dieser Pfarrei. Es kam<br />
ihm dabei entgegen, dass er in seiner Lizenziatsarbeit<br />
eine Gemeindeanalyse (über die<br />
Pfarrei St. Marien Bern) durchführte, welche<br />
ihm das nötige Hintergrundswissen für<br />
sein neues Wirken als Gemeindeleiter gab.<br />
So standen sie – Elmar Rotzer und<br />
seine Frau Therese – nun also da in Ennetbürgen,<br />
wo die Kirche noch im Dorf und das<br />
Pfarrhaus gerade daneben steht. Vorstellungen<br />
habe er schon gehabt, Erwartungen aber<br />
nicht, sagt Rotzer in der Rückblende. Schritt<br />
für Schritt wollte er sich einleben und tatsächlich<br />
sei immer mehr hinzugekommen.<br />
Zuerst waren es vor allem Religionsunterricht<br />
und Jugendbetreuung, dann folgten<br />
Koordinationsaufgaben und Mitwirkung<br />
in der Liturgie, im Diakoniebereich und im<br />
Aufbau der Gemeinde (Koinonie). Dass er<br />
im Dienst für die Kirche eingeschränkt ist,<br />
damit kann er leben. Mit dem zuständigen<br />
Priester in Buochs habe er ein gutes Verhältnis.<br />
«Er ist wohl auch froh, wenn der Laden<br />
in Ennetbürgen ohne Störung läuft», sagt<br />
Rotzer und schmunzelt. Einen «Lehrblätz»<br />
machte er allerdings in Sachen Familie.<br />
Dass seine Frau als Juristin nicht einfach<br />
treusorgend daheim auf ihren Mann warten<br />
wollte, wurde ihm schon bald klar. Längst<br />
hat Rotzer akzeptiert, was in anderen Familien<br />
gang und gäbe ist: Dass man sein<br />
Leben auch anders organisieren kann als<br />
in traditionellen Bahnen. Heute bringt die<br />
Familie seinen Diakon und ihre Ämter als<br />
Fürsprecherin, Notarin und Oberrichterin<br />
im Nebenamt sowie die Kindererziehung<br />
unter einen Hut und ist froh darüber. Diese<br />
Erfahrung und auch sonst die Leiden und<br />
Freuden eines Ehemanns geben dem Diakon<br />
viel Positives für seine Arbeit. «Ich bin so<br />
in der kirchlichen Arbeit viel glaubwürdiger,<br />
weil ich weiss, was die Leute bewegt.»<br />
Fotos: Hanspeter Bärtschi<br />
20 civitas 03 / 04 2010