zern bezahle an die Seelsorge 30 000 Franken und stelle Büro und andere Naturalien zur Verfügung. «Das ist etwa die Hälfte der Betriebeskosten», sagt Hiestand. Auch Lausanne habe ein ähnliches Modell. Andererseits hat er festgestellt, dass die Uni noch nicht in der Stadt Luzern angekommen sei. «Viele Dozierende wohnen auswärts, sie bleiben ein Fremdkörper und beeinflussen das Leben von Luzern nicht.» Er bedauert das und hofft, dass wenigstens die Kirche dazu beitrage, dass sich Universität und Stadt näherkommen. Es gab nicht nur Veränderungen in der religiösen Welt, sondern auch bei den Studierenden. «Ich rede hier mehr von einer Hypothese, aber Indizien deuten darauf hin, dass die Persönlichkeiten der Erst-Semestrigen weniger gefestigt sind als früher. Früher hatten viele Studierende die RS bereits gemacht bei Studienbeginn, heute ist das durchschnittliche Anfangsalter tiefer.» Die damaligen Studenten hätten mehr zu Träumereien geneigt, aber auch mehr Erfahrung mit Widerstand gehabt. «Heute ergeben sie sich willfähriger ins bestehende System, sind mehr im Sog der Angstmaschine Uni.» Bis sie gelernt hätten, damit umzugehen, dauere es länger. In der heutigen Uniwelt gebe es weniger Raum, auch für Krisen. Das fehlende Krisenbewusstsein auch im Verhältnis gegenüber anderen Menschen senke das Verständnis und den Raum dafür. Trotz dieser kritischen Sicht zeigt sich Hiestand «nicht zu pessimistisch». Junge suchten sich Ventile, die einen bei Partys, die anderen fänden andere Anlässe. Mit dieser Ausgangslage verändere sich auch die Arbeit eines Seelsorgers. Weil er wisse, dass die Studierenden kommen, wenn sie Freiraum erhalten, zähle vorher jede Begegnung. Veranstaltungen und <strong>Gottes</strong>dienste seien dabei Türöffner. Es könne sehr gut sein, dass drei Jahre nach einer Begegnung jemand komme und ihn frage, ob er Zeit habe. «Aus dem Nichts kommt niemand.» Weil persönliche Kontakte und Begegnungen so wichtig seien, plädiere er dafür, in der Kirche in Personen, nicht in Bauten zu investieren. «Segensreich wirken ist nur möglich, wenn man personenorientiert vorgeht.» Er erlebe oft, dass suchende Leute sich öffnen, selbstsicherer werden, ohne dass sie sogenannt fromm sind. Er müsse mit jedem und jeder seinen Weg gehen, bis diese die Erfahrung der Gnade machen können. Résumé L’aumônier de l’Uni de Lucerne: chaque rencontre compte! Tout le monde a le droit à un soutien religieux: que ce soit à l’armée ou aux études. Franz-Xaver Hiestand v/o Mentor est justement aumônier catholique pour les étudiants; actuellement en place à Lucerne, il l’a été à Berne et le sera bientôt à Zurich. Si à Lucerne il bénéficie d’un soutien financier, il devait toujours lutter à Berne. Là-bas le jeune jésuite, débarqué en 1990, puis directeur de l’aumônerie dès 1998, a dû faire face à certaines résistances. Pourtant il a trouvé la collaboration œcuménique très positive, amenant notamment les catholiques de la région à modifier leur opinion sur les réformés. A Berne, le monde universitaire était très séparé de la vie religieuse. C’était encore tabou il y a 20 ans. Aujourd’hui la frontière est plus perméable. Preuve en est le soutien financier et logistique de l’Université de Lucerne; il en va de même à Lausanne. A propos de Lucerne, Hiestand regrette que la ville et l’Uni ne soient pas véritablement liées. Les étudiants vivent en dehors et influencent peu la cité. Hiestand a l’impression que les étudiants de premier semestre sont moins mûrs qu’avant. L’âge d’entrée est plus bas. Si auparavant les étudiants étaient plus enclins à des idéaux, ils avaient aussi plus de capacité de résistance. Ils ont aujourd’hui certaines difficultés devant cette machine que représente l’Université, et ont besoin de plus de temps d’adaptation. Le monde universitaire d’aujourd’hui laisse peu de place pour traiter les crises. C’est pourquoi chaque rencontre compte pour un aumônier. L’Eglise doit donc investir en personnes, et non en bâtiments. Comme activité qui a permis de tisser des liens, Hiestand cite les repas hebdomadaires ou encore le fait de permettre aux réunions d’étudiants de facultés de se tenir dans ses locaux. Traduction/résumé: jap Die Hochschulseelsorge der Universität Luzern www.unilu.ch/horizonte verfügt dank eines privaten Fördervereins über eigene Räumlichkeiten. Beispiele für solche Kontaktanlässe sind für ihn das wöchentliche Mittagessen. «Es ist eine gute Aufgabe zu vernetzen», es sei dabei nicht einmal nötig, explizit religiös aufzutreten. In Bern beispielsweise habe es schon genügt, dass Fachschaften Sitzungen im aki abgehalten hätten, denn das schaffe Vertrauen. Hiestand interessiert sich stark für gesellschaftspolitische Fragen. Das zeigt sich schon daran, dass er während seines Germanistikstudiums in Zürich sich auch intensiv gefragt hat, warum die 68er-Generation nicht mehr bewirkt hat? Seine Antwort: Den damaligen Studentenführern fehlte die spirituelle Fundierung. Er plädiert für eine reformorientierte Kirche, die im Glauben tief verankert ist. Seine eher progressive Haltung grenzt ihn ab von kirchlichen Fundamentalisten. Wobei ein solcher Fundamentalismus an der Uni eher im bibeltreuen Protestantismus zu finden sei. Wenn sich Berner Studierende davon befreien wollten, kamen sie oft zu uns ins aki. «In Luzern gibt es nur wenige katholische Fundamentalisten.» Sie neigten dazu, Jus zu studieren, weil sie sich von all den Normen und Regeln eine Linderung ihrer tiefsitzenden Ängste und Unsicherheiten erhofften. bw Ad personam Franz Xaver Hiestand v/o Mentor ist geboren am 10. November 1962 in Wald ZH. Seine Gymnasiumszeit verbrachte er in Disentis, in der Folge studierte er von 1981 bis 1988 Germanistik in Zürich. Danach folgte der Eintritt in den Jesuitenorden. Hiestand war von 1998 bis 2006 leitender Hochschulseelsorger in Bern, seit 2006 in Luzern. Im Juli dieses Jahres wechselt er nach Zürich. Als seine Hobbys nennt er Literatur, Freundschaften und «Fussball passiv». Foto: zVg 18 civitas 03 / 04 2010
Der Mensch im Zentrum Foto: Hanspeter Bärtschi Elmar Rotzer, Ständiger Diakon in Ennetbürgen civitas 03/04 2010 19