Ecclesia semper reformanda - Schw. StV
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Schöpfung. Zum andern geht es für die katholische<br />
Kirche auch um ihre eigene theologische<br />
Identität. Theologisch gibt es einen<br />
zentralen Unterschied: Die Juden glauben,<br />
der Messias komme noch, für uns Christen<br />
ist er schon da und kommt am Ende der<br />
Tage wieder. Das Alte Testament verstehen<br />
wir Christen im Hinblick auf die Gottwerdung<br />
Christi.<br />
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Wir sind eigentlich<br />
eine jüdische Sekte.»<br />
Foto: zVg<br />
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Hingegen kennen sie keinen «Primus inter<br />
Pares» auf weltebene, sie kennen Patriarchen,<br />
jedoch keine Weltinstanz.<br />
In der Westkirche kennen wir den<br />
Papst und die Bischöfe als Leiter der Kirche.<br />
Im Dialog herrschte lange die trennende<br />
Wand des Kommunismus. Es fehlte<br />
an Austauschmöglichkeiten. Mit den<br />
Ostkirchen stellen wir eher auf kultureller<br />
Ebene Unterschiede fest, nicht auf der theologischen.<br />
Dies klar im Gegensatz zu den<br />
reformierten Glaubensgemeinschaften des<br />
Westens.<br />
Die Parteinahme für die Christen im<br />
Osten während des Pontifikats Johannes‘<br />
Pauls II. war auch politisch motiviert.<br />
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Die Unierten Kirchen des Ostens haben ein<br />
eigenes Kirchenrecht. Sie anerkennen jedoch<br />
den Papst als Haupt der katholischen<br />
Kirche. Diese Kirchen können ihre Eigenheiten<br />
wie verheiratete Priester behalten.<br />
Auch die anglikanischen Gemeinden,<br />
die zum Katholizismus übertreten, müssen<br />
nicht auf ihre Eigenheiten verzichten.<br />
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Es bestehen durchaus diesbezügliche Überlegungen.<br />
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Dass die Kommission dem Einheitsrat angeschlossen<br />
ist, hat auch historische Gründe.<br />
Kardinal Augustin Bea – erster Präsident<br />
des 1960 geschaffenen Rats für die Einheit<br />
der Christen – brachte beim Konzil sowohl<br />
Texte für die Beziehungen mit dem Judentum<br />
als auch für die Ökumene ein.<br />
Jede christliche Gemeinschaft führt<br />
ihre Wurzeln auf das Judentum zurück, die<br />
Aposteln, Jesus und Maria waren Juden.<br />
Die Jesusbewegung war im Judentum<br />
daheim, oder etwas anders formuliert: wir<br />
sind eigentlich eine jüdische Sekte.<br />
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Jede christliche<br />
Gemeinschaft führt ihre Wurzeln<br />
auf das Judentum zurück.»<br />
Zum einen führen und verbessern wir den<br />
Dialog mit den Juden. Ziel dieses Dialogs<br />
ist die Zusammenarbeit für Frieden und<br />
Gerechtigkeit sowie zur Bewahrung der<br />
Der klassische Vorwurf des «Jesumörders»<br />
ist während all der Jahre von der offiziellen<br />
Kirche gelehrt worden. Belastet dies die Beziehungen<br />
– trotz unserer Rückbesinnung<br />
auf jüdische Wurzeln – nicht auch?<br />
Die Konzilserklärung «Nostra Aetate»<br />
hält klar fest, dass das Christentum jüdische<br />
Wurzeln hat, wir verdanken uns dem Judentum,<br />
wir sind gleichsam im Judentum eingepfropft.<br />
Wir haben beide Anteil an den<br />
Verheissungen Gottes.<br />
Die katholische Kirche hat von der<br />
Substitutionstheologie ganz klar Abstand<br />
genommen, den Juden wird kein Vorwurf<br />
des Gottes- oder Christusmordes mehr gemacht.<br />
Es besteht eine klare Distanz zum<br />
Antijudaismus und zum Antisemitismus.<br />
Die katholische Kirche lernt auch dazu. Es<br />
gibt weltweit unzählige gemeinsame Werke,<br />
die bezeugen, dass die Lehre der Verachtung<br />
vorbei ist.<br />
Zwischen Juden und Christen bestehen<br />
heute reissfeste Bande der Freundschaft:<br />
Je mehr man zum Ursprung zurückkehrt,<br />
umso mehr kommt man zusammen.<br />
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Wir trennen klar zwischen Politik und Religion.<br />
Während der Vatikan sich um die<br />
politische, diplomatische Komponente<br />
kümmert, widmen wir uns den religiösen<br />
Fragestellungen. Der ganze Nahostkonflikt<br />
ist aus Sicht des Vatikans ein politischer<br />
Konflikt. Für die Juden ihrerseits gehören<br />
diese beiden Dinge zusammen. Während<br />
unsere Motivation zum Dialog theologische<br />
Gründe hat, die mit den Wurzeln unseres<br />
civitas 1-2012 9