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Ecclesia semper reformanda - Schw. StV

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Darwins Zeitgenosse, der Philosoph Herbert<br />

Spencer, hatte aus dem Evolutionskonzept<br />

ein liberales Gesellschaftsmodell abgeleitet.<br />

Heute erscheinen aus dem Umfeld<br />

der Biologie philosophische Betrachtungen<br />

zum Respekt vor dem Leben und zur Menschenwürde.<br />

Bbr. Martin Baumann v/o<br />

Prophet fasste dazu Literatur der NFG zusammen.<br />

Unser Seminargast und Referent,<br />

Kapuzinerprior Ephrem Bucher v/o Prügel,<br />

machte allerdings auf die erkenntnistheoretischen<br />

Probleme der Evolutionstheorie<br />

aufmerksam. Axiome, Visionen und Gefühle<br />

würden heute gegenüber empirischen<br />

Daten und der Theoriebildung vernachlässigt.<br />

Auch einzelne Ringvorlesungen hatten<br />

kritisiert, dass die Biologie heute sage, wie<br />

Wissen entstanden sei, ohne zu wissen, was<br />

Wissen sei. Erkenntnis sei die Domäne der<br />

Philosophie. Die Evolutionstheorie sei mit<br />

ihrer naturwissenschaftlichen Autorität in<br />

die Geisteswissenschaften eingedrungen,<br />

welche nicht mit empirischer und logischer<br />

Begründung von Theorien arbeiten, sondern<br />

mit der Hermeneutik, der Auslegung<br />

von Leistungen des menschlichen Geistes.<br />

<br />

Nachdem Bbr. Walter Eichenberger v/o Sinus<br />

die heutigen Ansichten an UNI und ETH<br />

über Entstehung, Entwicklung und schlussendlichen<br />

Auflösung des Universums im<br />

Nichts für uns zusammengefasst hatte,<br />

widmeten wir uns auch den Berührungspunkten<br />

der Evolutionstheorie mit den Religionen.<br />

Der speziell in Amerika verbreitete<br />

pseudowissenschaftliche Kreationismus<br />

wurde allerdings als fundamentalistischer<br />

Unsinn nicht diskutiert. Die alttestamentliche<br />

Schöpfungsgeschichte hielt man lange<br />

als mit der Naturwissenschaft unvereinbar.<br />

Dies fällt dahin, wenn sie nicht mechanistisch<br />

als Handwerk eines göttlichen Demiurgen<br />

interpretiert wird, sondern historisch<br />

als religiöse Fundierung der Wocheneinteilung<br />

durch die alten Israeliten, wie das heutige<br />

Theologen zeigen. In der Ringvorlesung<br />

deutete Prof. Dr. Hans Weder die christliche<br />

Nächsten- und Feindesliebe als religiöse<br />

Überhöhung der Darwin’schen sozialen<br />

Sympathie im Sinne einer übergeordneten<br />

Wahrheit, auf die der Mensch gestossen sei.<br />

Unseren <strong>StV</strong>-Farbenbruder Prof. Dr. Hans<br />

Küng v/o Herkules durften wir zitieren<br />

mit den Worten, «er glaube an eine erste<br />

unsichtbar-ungreifbare Wirklichkeit, der<br />

wir Urknall, Raum und Zeit und alles Leben<br />

verdanken». Das Glanzenburger Evolutionsseminar<br />

sah schlussendlich in der Naturwissenschaft<br />

keine Förderung von Atheismus,<br />

wohl aber verschiedene methodische<br />

Grundlagen von Theologie und Biologie,<br />

welche keinen Vergleich zulassen. Sowohl<br />

die Transzendierung unserer Existenz wie<br />

auch ihre naturwissenschaftliche, empirische<br />

Begründung haben ihre Berechtigung.<br />

Zudem hat die Quantenphysik erarbeitet,<br />

dass Wirklichkeit als ein sich uns zeigendes<br />

Geschehen nicht haltbar ist. Trotz dieses<br />

Wissens um unser Nichtwissen ist unser<br />

Verlangen nach Wissen aber nicht sinnlos.<br />

Diesen Satz hat schon Nikolaus von Kues vor<br />

fast 600 Jahren geschrieben.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Kritik von Paul J. Dietschy v/o<br />

Prinzip an meinem Leserbrief<br />

zeigt, dass er zum Thema Konkordanz<br />

Wunschdenken äussert. (CIVITAS<br />

5-2011, S. 30). Die Nominaldefinition der<br />

Konkordanz, «mit dem Herzen geben», ist<br />

zwar richtig und rührend, doch die Wirklichkeit<br />

sieht anders aus.<br />

Nachdem Ruth Metzler als Bundesrätin<br />

im Jahre 2003 nicht wiedergewählt und<br />

Christoph Blocher in den Bundesrat gewählt<br />

worden war, lamentierten die Medien. Blocher<br />

werde beweisen müssen, dass er die<br />

Interessen des Landes über diejenigen der<br />

Partei stelle. Von keinem andern Begriff war<br />

rund um diese Bundesratswahl so häufig die<br />

Rede wie von der «Konkordanz». Es wurden<br />

Zweifel gehegt, ob Blocher fähig wäre, sich<br />

der Konkordanz anzupassen. Eine heute unangebrachte<br />

Frage, weil die bundesrätliche<br />

Konkordanz ohnehin gestört ist. Ursprünglich<br />

meinte Konkordanz, dass die grösseren<br />

Parteien in der Exekutive entsprechend ihrer<br />

Wählerzahl vertreten sein sollen. Sozusagen<br />

eine rein arithmetische Definition. Das ist<br />

aber seit 2003 nicht mehr der Fall, denn die<br />

SVP ist untervertreten, und die BDP gehört<br />

mit 5% Wähleranteil gar nicht in den Bundesrat.<br />

Worauf man die Konkordanz inhaltlich<br />

zu interpretieren versuchte: Es müsse<br />

unter den im Bundesrat vertretenen Parteien<br />

ein minimaler Grundkonsens vorhanden<br />

sein, eine gemeinsame politische Linie. Der<br />

Bundesrat müsse fähig sein, sich auf gemeinsame<br />

Legislaturziele zu einigen. Auch<br />

dieser Versuch ist mehrmals gescheitert,<br />

nachweislich nicht nur wegen alt Bundesrat<br />

Blocher. Die Konkordanz befindet sich seit<br />

längerem in der Krise. Im Übrigen ist die<br />

Konkordanz durch die Bundesverfassung<br />

gar nicht gefordert. Art. 177 der Bundesverfassung<br />

sagt dazu nur: «Der Bundesrat<br />

entscheidet als Kollegium.» Niemand, der<br />

in den Bundesrat gewählt wird, trennt sich<br />

ganz vom Programm seiner Partei, dank derer<br />

er oder sie ja Bundesrat geworden ist. Die<br />

offenen und harten Diskussionen mögen<br />

dann in einem mehr oder weniger glücklichen<br />

Kompromiss enden. Aber eine echte,<br />

harmonisch-herzliche Konkordanz (lateinisch:<br />

concordia) hat es im Bundesrat noch<br />

nie gegeben. Oder entscheidet der Bundesrat<br />

untereinander über eine Vorlage immer<br />

mit dem Stimmenverhältnis 7:0? Und heisst<br />

einstimmig immer auch geschlossen?<br />

Zum Schluss noch dies: Anlässlich der<br />

eidgenössischen Wahlen 2011 wurden u.a.<br />

folgende Mitglieder des <strong>Schw</strong>eizerischen<br />

Studentenvereins wiedergewählt: In den<br />

Nationalrat Maximilian Reimann v/o Ziegel<br />

(SVP), Otto Ineichen v/o Pantli (FDP)<br />

und Daniel Jositsch v/o Malz (SP). Werden<br />

diese Politiker und andere <strong>StV</strong>er, die nicht<br />

Mitglied der CVP sind, eines Tages aus dem<br />

<strong>Schw</strong>eizerischen Studentenverein ausgeschlossen,<br />

weil sie im Sinne von Prinzip «an<br />

den Wertvorstellungen unseres Vereins rühren»?<br />

Bei Wertvorstellungen im <strong>StV</strong> geht es<br />

ja nicht nur um den Konkordanzgedanken …<br />

<br />

civitas 1-2012 37

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