Holz ist tabu
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<strong>Holz</strong> <strong>ist</strong> <strong>tabu</strong><br />
Fortbildung über Hygienevorschriften und das Infektionsschutzgesetz<br />
Inghrid Rackelmann<br />
16<br />
Dreiundzwanzig Damen, die in den Schullandheimen<br />
des Landesverbandes NRW<br />
in den Küchen für schmackhaftes und<br />
gesundes Essen zuständig sind, haben<br />
sich im Schullandheim Klefhaus zusammengefunden,<br />
um ihr Wissen über die<br />
Hygienevorschriften nach den HACCP-<br />
Richtlinien und der Lebensmittelhygiene-<br />
Verordnung (LMHV) vom 05.08.97 und<br />
über das Infektionsschutzgesetz (IFSG)<br />
aufzufrischen.<br />
„Vieles, was wir alltäglich tun, schleift<br />
sich ab, und deshalb <strong>ist</strong> es gut, dass man<br />
sich über die Gefahren, die bei kontaminierten<br />
Speisen drohen, wieder richtig<br />
bewusst wird“, so eine Teilnehmerin während<br />
der eintägigen Veranstaltung.<br />
Aber darum allein ging es nicht, obwohl<br />
das Wissen um die Notwendigkeit von<br />
Säubern und Desinfizieren, um die richtige<br />
Abfolge von Zubereitungsvorgängen,<br />
um die stete Dokumentation der Hygienemaßnahmen<br />
und um das nachweisgerechte<br />
Sichern aller in der Küche zubereiteten<br />
Mahlzeiten natürlich der Hauptzweck<br />
der Veranstaltung war.<br />
Alle Teilnehmerinnen bekamen eine Bescheinigung,<br />
dass sie an der „Belehrung<br />
gemäß § 43 Abs.1 Nr. 1 IFLG“ und an<br />
einer Veranstaltung über „Hygienevorschriften<br />
und deren peraktische Umsetzung<br />
in den Bereichen Küche – Nahrungszubereitung<br />
(HACCP)“ teilgenommen<br />
haben. Diese Bescheinigung wird<br />
nämlich u.a. von den Gesundheits- bzw.<br />
den Veterinärämtern bei den Hygienekontrollen<br />
verlangt. Sie sollte nicht älter<br />
als ein Jahr sein.<br />
Die Referentin, Frau Helga Brömmelhaus,<br />
verstanbd es, durch ihre sachliche und<br />
ruhige Art den Praktikerinnen aus der<br />
Küche den umfangreichen und inhaltsschweren<br />
Stoff durch viele Beispiele aus<br />
der Praxis nahe zu bringen.<br />
So bietet beispielsweise das <strong>Holz</strong> einen<br />
guten Schutz für Mikroben und Bakterien.<br />
Deshalb verlangen die Ämter heute<br />
den völligen Ausschluss von <strong>Holz</strong> in Küche<br />
und Vorratsräumen. <strong>Holz</strong>schränke,<br />
selbst wenn sie gut gestrichen und gelackt<br />
sind, <strong>Holz</strong>türen, <strong>Holz</strong>stellagen, <strong>Holz</strong>löffel,<br />
Messer mit <strong>Holz</strong>griffen, <strong>Holz</strong>brettchen<br />
– nichts davon darf heute noch in<br />
einer Küche stehen.<br />
Hygiene wird verstanden als das Fernhalten<br />
von mechanischen, biologischen<br />
und chemischen Verunreinigungen zum<br />
Schutz des Menschen und als Vorbeugung<br />
gegen alle die Gesundheit negativ<br />
beeinflussenden Faktoren. Hierbei hat<br />
Umkehr der Nachweispflicht<br />
sich die Beweislast umgekehrt: Während<br />
früher der Betroffene nachweisen musste,<br />
dass er durch Nahrungsmittel, die aus der<br />
beklagten Küche kamen, krank geworden<br />
<strong>ist</strong>, muss heute die Küche nachweisen,<br />
dass von ihr keine Gefahren haben ausgehen<br />
können.<br />
Dazu gehören zunächst die persönliche<br />
Gesundheit und Sauberkeit. Dabei sind<br />
die Mitarbeiterinnen in der Eigenverantwortung<br />
und müssen bei übertragbaren<br />
Krankheiten, die eine Tätigkeit in der Küche<br />
verbieten – so zum Beispiel Typhus,<br />
Paratyphus, Hepatitis A und Salmonellose,<br />
die zur Zeit sehr verbreitet <strong>ist</strong>, –<br />
deren Symptome (er)kennen und auf den<br />
Küchendienst verzichten.<br />
In diesem Zusammenhang wurde von<br />
den Teilnehmerinnen bedauert, dass bei<br />
Persönliche Hygiene . . .<br />
Neueinstellungen die früher übliche Stuhlprobe<br />
entfallen <strong>ist</strong> und durch eine ‘Belehrung’<br />
ersetzt wurde.<br />
Aber auch eiternde Geschwüre im Gesicht,<br />
auf Händen und Unterarmen können<br />
die Tätigkeit in der Küche verbieten,<br />
es sei denn, man kann die Wunden<br />
durch Pflaster oder mit Gummihandschuhen<br />
sicher abdecken.<br />
Das Wechseln der Kleidung und Schuhe<br />
– außerhalb der Küchenräume! – Kopftücher<br />
und Schürzen, die täglich gewechselt<br />
werden müssen, und die Benutzung<br />
von Einmal-Handtüchern am Waschbecken,<br />
die nur zum Händewaschen benutzt<br />
werden dürfen, gehören genauso<br />
zur persönlichen Sauberkeit.<br />
Damit sind wir bei den Hygiene-Anforderungen<br />
an die Küchenräume. Mindeststandards<br />
sind abwaschbare Decken mit<br />
. . . und Hygiene in der Küche<br />
pilzabweisendem Anstrich, möglichst bis<br />
zur Decke geflieste Wände, abgerundete<br />
Kehlungen, rutschfeste, leicht abwaschbare<br />
Fußböden, Fliegengitter an den<br />
Fenstern, regelmäßig zu reinigende Filter<br />
in den Zu- und Abluftanlagen, getrennte<br />
Abwasch- und Küchenbecken, um nur<br />
einige zu nennen.<br />
Gefäße und Geräte aus Edelstahl sind<br />
allein schon deshalb zu empfehlen, weil<br />
das Material viren- und bakterienfeindlich<br />
<strong>ist</strong>. Auf <strong>Holz</strong>bretter – etwa zum Schneiden<br />
– muss verzichtet werden. Aber auch
Anlieferung und . . .<br />
die heute gern verwendeten Kunststoffbretter<br />
bekommen beim Gebrauch Rillen,<br />
in denen sich Mikroorganismen und<br />
Schmutzpartikel ansiedeln. Man muss die<br />
Brettchen deshalb öfter erneuern oder zumindest<br />
abschleifen (lassen).<br />
Eine oft übersehene Gefahrenquelle wird<br />
bereits durch die Anlieferung der Lebensmittel<br />
bedingt. Ist die Kühlkette nicht unterbrochen<br />
worden? Macht die Ware optisch<br />
und vom Geruch her einen frischen<br />
Eindruck? War die Verpackung unversehrt?<br />
Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum<br />
nicht überschritten worden?<br />
Man sollte aber auch auf den Lieferanten<br />
und dessen Wagen achten. Von einer<br />
verschmutzten Ladefläche kann kein<br />
hygienisch einwandfreies Nahrungsmittel<br />
kommen. In solchen Fällen sollte man<br />
sich nicht scheuen, die Ware zurückzugeben<br />
und eventuell bei häufigeren Reklamationen<br />
sogar den Lieferanten zu<br />
wechseln.<br />
Kartonagen sind ein beliebtes Versteck<br />
für Mikororganismen. Es gilt deshalb, alle<br />
Verpackungen außerhalb der Küchenräume<br />
auszupacken und die Lebensmittel<br />
in Plastik- oder Metallwannen in die<br />
Küche und in die Vorratsräume zu tragen.<br />
. . . Aufbewahrung<br />
Es <strong>ist</strong> selbstverständlich, dass die Vorrats-<br />
und Kühlräume den gleichen Standard<br />
haben müssen wie die Küche selbst.<br />
Wichtig <strong>ist</strong> die Einhaltung der vorgeschriebenen<br />
Kühltemperatur. Tiefkühlware muss<br />
bei mindestens -18° C aufbewahrt werden.<br />
Die Lagertemperatur für frische Lebensmittel<br />
schwankt zwischen +4° C und<br />
+8° C, wobei ein Abweichen von lediglich<br />
zwei Grad noch akzeptabel <strong>ist</strong>. Stetes<br />
Messen <strong>ist</strong> also erforderlich!<br />
Nun genügt es nicht nur, eine hygienisch<br />
einwandfreie Küche zu haben. Man muss<br />
auch dafür sorgen, dass sie stets hygie-<br />
Reinigen und Desinfizieren<br />
nisch bleibt. Bloßes Abwischen der verschmutzten<br />
Flächen genügt natürlich<br />
nicht. Auch eine (gründliche) Reinigung<br />
reicht auf Dauer nicht aus. Notwendig<br />
<strong>ist</strong>, dass in entsprechenden Zeitabständen<br />
desinfiziert wird. Dabei gibt es zum<br />
eigenen Schutz und um einer hinreichenden<br />
Wirkung willen manches zu beachten.<br />
Man muss<br />
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die Gefahrenhinweise lesen,<br />
geeignete Handschuhe tragen,<br />
vorab den Grobschmutz entfernen,<br />
die richtige Dosierung beachten (eine<br />
zu geringe Dosierung führt zur Res<strong>ist</strong>enz<br />
der Mikroorganismen),<br />
die Einwirkzeit einhalten und<br />
gründlich mit Trinkwasser nachspülen.<br />
Gewiss, die Köche wissen, dass die warmen<br />
Mahlzeiten bei einer Temperatur von<br />
etwa 65° C ausgegeben werden müssen,<br />
sie haben Erfahrung, welche in der Küche<br />
verbliebenen Reste – entsprechend<br />
bei 4° C gekühlt – wiederverwendet werden<br />
dürfen, sie überprüfen die Lagertemperatur<br />
und die Temperatur im Inneren<br />
von Bratenstücken, sie wechseln täglich<br />
die Hand- und die Wischtücher und sie<br />
machen von allen in der Küche zubereiteten<br />
Speisen Rückstellungen (etwa 100<br />
g), die sie – mit Datum versehen – mindestens<br />
sieben Tage lang im Tiefkühlschrank<br />
aufbewahren. Und doch genügt<br />
das alles den kontrollierenden Veterinärämtern<br />
nicht. Es fehlen<br />
Hygieneplan und Dokumentation<br />
Was <strong>ist</strong> darunter zu verstehen?<br />
Im Hygieneplan wird aufgel<strong>ist</strong>et, welche<br />
Arbeiten in der Küche mit welchen Mitteln<br />
und Geräten, zu welchen Zeiten und<br />
von wem durchgeführt werden müssen.<br />
Das geht von der täglichen Reinigung<br />
der Spül- und Waschbecken bis hin zu<br />
den Desinfektionen, die in den Kühlräumen<br />
vorzunehmen sind.<br />
Um sicherzustellen, dass diese Arbeiten<br />
auch wirklich zu den festgelegten Terminen<br />
erledigt werden und wurden, müssen<br />
für jeden Monat L<strong>ist</strong>en in der Nähe<br />
der Bereiche, in denen die Arbeiten anfallen,<br />
hinterlegt werden, die von der Mitarbeiterin,<br />
die die Arbeiten und Kontrollen<br />
durchzuführen hat, mit Tag und Uhrzeit<br />
abgezeichnet werden. Da steht dann<br />
beispielsweise auf der L<strong>ist</strong>e ‘Kühlraum’:<br />
Datum Temperatur Unterschrift<br />
01.06. 4° C Meyer<br />
02.06. 3° C Meyer<br />
Und so fort . . .<br />
Diese L<strong>ist</strong>e – es <strong>ist</strong><br />
eine von mehreren –<br />
hat 31 Zeilen, sodass<br />
für jeden Monat die<br />
vorgesehenen Eintragungen<br />
für eine Messstelle<br />
auf einem Blatt<br />
erfolgen können.<br />
Diese L<strong>ist</strong>en sind nicht<br />
nur der zwingende Beweis<br />
gegenüber dem<br />
Veterinäramt für die tatsächlich<br />
durchgeführten<br />
regelmäßigen Kontrollen,<br />
sondern sie sind<br />
auch eine gute Eigenkontrolle: Steigt die<br />
Temperatur, ohne dass der Thermostat<br />
verstellt wurde, dann muss das Kühlaggregat<br />
repariert werden.<br />
Dieser Betrag kann natürlich nur bruchstückhaft<br />
wiedergeben, was in der eintägigen<br />
Schulung besprochen wurde. Deshalb<br />
kann und darf er eine solche Informationsveranstaltung<br />
auch nicht ersetzen.<br />
Die <strong>ist</strong> von der Sache her notwendig<br />
und per Gesetz vorgeschrieben.<br />
Bleibt zum Schluss eine Frage: Was heißt<br />
eigentlich HACCP? –<br />
Die Antwort: HACCP <strong>ist</strong> das Akronym für<br />
‘Hazard Analysis and Critical Control<br />
Points’.<br />
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