stellen wir Ihnen das Heft 3/2011 - Institut für Religionspädagogik ...
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22 Veranstaltungen 23<br />
Von Schlummerrollen und anderen<br />
Glaubensbekenntnissen der Kirche<br />
Religionslehrerinnen und Religionslehrer in der Ewigen Stadt<br />
Eine religionspädagogische<br />
Studienfahrt<br />
Wer je in Rom war, der <strong>wir</strong>d immer auch<br />
die Basilika von Santa Maria Maggiore auf<br />
dem Esquilinhügel besucht haben. Sie ist<br />
eine der vier Patriarchalbasiliken (Papstkirchen)<br />
Roms. In einzigartiger Weise hat<br />
sie über alle Renovierungen und Umgestaltungen<br />
hinweg die frühchristliche<br />
Baustruktur und im Großen und Ganzen<br />
ihre Ausstattungsmerkmale bewahrt. Einmalig<br />
sind die Mosaiken im Mittelschiff<br />
und auf der Schauseite des Triumphbogens.<br />
Papst Sixtus III hatte sie in der<br />
1. Hälfte des 5. Jahrhunderts in Auftrag<br />
gegeben. Unverkennbar ist die byzantinische<br />
Handschrift der Mosaikkünstler. Im<br />
linken Bogensegment sitzt einem kaiserlichen<br />
Herrscher gleich, <strong>das</strong> „Christuskind“<br />
– gestützt und gleichzeitig erhoben durch<br />
eine „Schlummerrolle“ – ein Attribut kaiserlicher<br />
Macht und Herrlichkeit. Und <strong>das</strong><br />
ist die Botschaft: der wahre Herr der Zeiten<br />
ist Christus, als Kind in diese Welt geboren!<br />
Man muss schon genau hinsehen<br />
und sich Zeit nehmen für die Sehhilfen<br />
und Deutegeschichten zur Sakralkunst<br />
Roms, um solche Glaubensbekenntnisse<br />
zu entdecken.<br />
Dieses Beispiel steht für viele andere<br />
Bild- und Kunsterlebnisse, die 40 Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer einer Studienfahrt<br />
des <strong>Institut</strong>s für Religionspädagogik<br />
und Medienarbeit (IRUM) in diesem<br />
Herbst in Rom machen konnten. Auf <strong>das</strong><br />
notwendige Angebot von Sehhilfen, Hintergrundwissen<br />
und theologischen Deutungen<br />
hatte sich ein Leitungs- und Referententeam<br />
(Msgr. Joachim Göbel, Prälat<br />
Prof. Dr. Max-Eugen Kemper, StR Pastor<br />
Tobias Ebert und Direktor Gerhard Krom-<br />
busch) vorbereitet, deren Mitglieder mit<br />
ihren je eigenen Zugängen zur Kirchenkunst<br />
Roms abwechslungsreiche Führungen<br />
vor Ort gestalteten<br />
Das Programm<br />
Weit im Vorfeld der Fahrt hatte <strong>das</strong> IRUM<br />
zu einem vorbereitenden Studientag ins<br />
Liborianum eingeladen. Der Romexperte<br />
OStD i. R. Alfons Schäfers erinnerte dabei<br />
an geschichtliches Grundlagenwissen<br />
und gab wichtige Hinweise und Verstehenshilfen<br />
zum Besuch der ausgewählten<br />
Kirchen Roms.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Reiseveranstalter<br />
„Viator“ aus Dortmund hatte <strong>das</strong><br />
Leitungsteam eine Programmabfolge vorbereitet,<br />
die von der Kaiserzeit Roms bis<br />
zum heute noch so augenscheinlichen<br />
Rom des Barock führte.<br />
Der erste Tag<br />
Die Gruppe ist nicht weit vom Vatikan untergebracht.<br />
Vom Hotel „Tra Noi“ bis zum<br />
Petersplatz sind es 15 Minuten zu Fuß.<br />
Nach Ankunft und Abendessen nehmen<br />
alle <strong>das</strong> Angebot an, bei herrlichem Wetter<br />
den abendlichen Petersplatz, die Engelsburg<br />
und den Blick auf den Tiber zu<br />
genießen und erste Orientierungen zu finden.<br />
Und wer den Herzschlag Roms erleben<br />
will, der macht noch einen Abstecher<br />
zur Piazza Navona mit ihrem unvergleichlichen<br />
südländischen Flair.<br />
Der zweite Tag<br />
Der erste Studientag widmet sich zunächst<br />
dem Forum Romanum und dem<br />
Kolosseum: „Das antike Rom des 1.<br />
Jahrhunderts n. Chr. und die Christen in<br />
der Zeit der Verfolgung“. Tobias Ebert,<br />
der gerade erst mit Schülerinnen und<br />
Schülern des Dortmunder Mallinckrodt-<br />
Gymnasiums in Rom gewesen ist, führt<br />
zielstrebig durch die Ausgrabungsebenen<br />
des Ortes. Geschichtliche Einordnungen<br />
auf dem Kapitolshügel, Überblick über<br />
<strong>das</strong> Areal des Forums mit Kartenmaterial<br />
– und dann elementare Hinweise und<br />
Sehhilfen zu den Tempeln, Basiliken, Triumphbögen,<br />
Ehrensäulen und anderen<br />
Gebäuden, die an diesem Ort Jahrhunderte<br />
lang dem Zentrum des politischen,<br />
<strong>wir</strong>tschaftlichen und kulturellen Lebens in<br />
Rom und damit des damals bekannten<br />
Gerhard Krombusch<br />
Erdkreises ein repräsentatives Äußeres<br />
gaben. Mit besonderem Engagement erschließt<br />
der Religionslehrer Ebert die Reste<br />
der mächtigen Maxentiusbasilika, die<br />
ihm im Unterricht immer wieder als Urbild<br />
christlich basilikalen Kirchbaus dient. Am<br />
Titusbogen entdeckt man gemeinsam die<br />
Darstellung der jüdischen Menorah und<br />
anderer SakraIgegenstände des 70 n.<br />
Chr. von den Römern zerstörten Tempels<br />
in Jerusalem – dargeboten im Siegeszug<br />
des Titus in Rom.<br />
Im übervollen Kolosseum erweist es sich<br />
als vorteilhaft, die Gruppe teilen zu können.<br />
Msgr. Göbel zeigt sich neben Pastor<br />
Ebert als exzellenter Kenner der römischen<br />
Antike.<br />
Der Nachmittag und Abend ist der frühchristlichen<br />
Antike gewidmet. In einer<br />
kirchenpädagogisch angelegten Führung<br />
nimmt Gerhard Krombusch die Gruppe<br />
mit in <strong>das</strong> Mausoleum der Konstanza<br />
(Constantina war Tochter Kaiser Konstantins)<br />
nahe der Agnes-Basilika, vor den<br />
Mauern Roms. Hier zeigt sich bereits programmatisch,<br />
wie theologische Aussagen<br />
in der Architektur des Kirchenbaus von<br />
Anfang an Gestalt annehmen. Der Rundbau<br />
des 4. Jahrhunderts, über die Achsen<br />
eines griechischen Kreuzes gesetzt,<br />
nimmt die Grundform der Konstantinischen<br />
Grabeskirche von Jerusalem (Felsengrab<br />
Jesu) auf und <strong>wir</strong>d zum Prototyp<br />
christlicher Memorialbauten, die später<br />
häufig in Kirchen umgewandelt wurden.<br />
Mit einem ruhigen und gerade dadurch<br />
bewegenden Gottesdienst am Altar in der<br />
Mitte der „Konstanza“, über den Gräbern<br />
der Märtyrer, unweit des Grabes der Hl.<br />
Agnes, schließt der Tag.<br />
Der dritte Tag<br />
Nach einer frühen Feier der Hl. Messe<br />
in der Capelle Ungherese in den Papstgrotten<br />
von Sankt Peter erlebt die Gruppe<br />
den Petersdom und die Meisterwerke<br />
Berninis auf dem Petersplatz. Jetzt muss<br />
sich zeigen, <strong>das</strong>s man auch mit unvorhersehbaren<br />
Ereignissen umgehen kann.<br />
Das Tagesprogramm sah gem. der geschichtlichen<br />
Logik eigentlich vor, nach<br />
der morgendlichen Eröffnung in St. Peter,<br />
den Lateran als erste der Konstantinischen<br />
Kirchengründungen zu erkunden.<br />
Das Triduum der Feier der Heiligsprechung<br />
von drei Ordensgründern bedingt<br />
Schließungszeiten des Petersdoms und<br />
der Patriachalbasiliken, so <strong>das</strong>s kurzfristige<br />
Verschiebungen von Programmpunkten<br />
nötig werden. Ob der somit sehr volle<br />
nächste Tag gelingen <strong>wir</strong>d?<br />
Der vierte Tag<br />
Er gelingt! Und zwar bemerkenswert<br />
gut, was nicht zuletzt den außerordentlich<br />
sachkundigen Führungen von Prälat<br />
Kemper, der lange Jahre als Geistlicher<br />
Botschaftsrat an der Deutschen Botschaft<br />
beim Heiligen Stuhl in Rom tätig war, zu<br />
verdanken ist. Vorbei an den Pilgern, die<br />
sich kniend die Scala Santa neben der<br />
Lateranbasilika hinauf beten, führt Kemper<br />
die Gruppe in die Santa Sanctorum,<br />
die Hauskapelle des Lateranpalastes, die<br />
aufgrund der in ihr verwahrten kostbaren<br />
Reliquien zu recht die Inschrift trägt: NON<br />
EST IN TOTO SANCTIOR ORBE LOCUS<br />
– Kein Ort ist heiliger als dieser auf dem<br />
ganzen Erdkreis.<br />
In Santa Sanctorum, in Santa Prassede<br />
und Santa Pudenziana, in den Basiliken<br />
Santa Maria Maggiore, Santi Quattro<br />
Coronati, San Clemente und Santi Cosmas<br />
e Damiano nimmt der Romliebhaber<br />
Kemper die Religionspädagogen an<br />
diesem und am übernächsten Tag mit in<br />
die meist byzantinisch geprägte faszinierende<br />
Welt der Mosaiken. Dabei <strong>wir</strong>d<br />
deutlich, wie sehr die frühe Christenheit<br />
Roms und <strong>das</strong> christliche Mittelalter bestimmt<br />
sind von einer Sehnsucht nach<br />
dem Himmel, die in den Mosaiken trostreiche<br />
Antworten finden. In den Apsiden<br />
und ihren meist vorgestellten Triumphbögen<br />
dominieren Darstellungen aus der<br />
Bilderwelt der Offenbarung des Johannes,<br />
einer Welt der Erlösten, die sich um<br />
Christus scharen – eine „Neue Welt“, ein<br />
„himmlisches Jerusalem“, <strong>das</strong> den Gläubigen<br />
am Ende der Zeiten zugesagt ist<br />
– der Himmel, der Zielort und die letzte<br />
Heimat aller Gläubigen.<br />
Zur Mittagszeit ist noch Zeit, die älteste<br />
Taufkirche der westlichen Christenheit,<br />
<strong>das</strong> Baptisterium des Lateran, zu besuchen.<br />
In <strong>das</strong> Zentrum der Führung stellt<br />
Krombusch die Symbolik des Raumes,<br />
in dem wie in kaum einem zweiten die<br />
Bedeutung der Taufe für <strong>das</strong> Leben der<br />
Christen Gestalt angenommen hat: der<br />
Rundbau ist von acht kaiserlichen Porphyrsäulen<br />
umstellt, die zusammen mit<br />
dem von ihnen getragenen Gebälk ein<br />
Oktogon um <strong>das</strong> große Taufbecken in der<br />
Mitte bilden. Die Acht ist in der Zahlensymbolik<br />
die Zahl für <strong>das</strong> neue Leben. Am<br />
8. Tag der Woche, am Sonntag, dem 1.<br />
Tag der neuen Woche, wurde der Gekreuzigte<br />
zum neuen Leben auferweckt. In<br />
der Taufe sterben <strong>wir</strong> mit Christus – und<br />
werden aus dem Wasser zu neuem Leben<br />
geboren. Im Wortgottesdienst steht folgerichtig<br />
<strong>das</strong> eigene Taufgedenken im Mittelpunkt.<br />
Nach dem Glaubensbekenntnis<br />
an diesem beutenden Ort gibt es zur Erinnerung<br />
ein kostbar gestaltetes Credo–<br />
Schmuckblatt.<br />
Am Nachmittag steigt die Gruppe unter<br />
der Leitung von Tobias Ebert wortwörtlich<br />
in die vor- und frühchristliche Geschichte<br />
Roms. In den Ausgrabungen unter der<br />
Basilika San Clemente, einem der abenteuerlichsten<br />
archäologischen Projekte<br />
des letzten und vorletzten Jahrhunderts,<br />
<strong>wir</strong>d nachvollziehbar, wie sich ausgehend<br />
von einem Mithras-Heiligtum römischer<br />
Soldaten an einem herausragenden Ort<br />
die Kirchbauten übereinander entwickelten:<br />
neben dem Mithräum finden sich<br />
römische Gebäude des 1.-3. Jahrhunderts,<br />
darauf <strong>wir</strong>d im 4. Jahrhundert eine<br />
frühchristliche Kirche gebaut, die nach<br />
Zuschüttung noch einmal im 11. Jahrhundert<br />
mit der heutigen Basilika überbaut<br />
wurde. Wie einfach ist es doch Geschichte<br />
zu verstehen, wenn man hinabsteigt… .<br />
Der fünfte Tag<br />
Am Mittwoch lädt der Papst zur Audienz.<br />
Der größte Teil der Gruppe macht sich<br />
früh auf, um den Papst zu sehen und seine<br />
Botschaft zu hören. An diesem Mittwoch,<br />
dem Vorabend des 25. Weltgebetstreffens,<br />
zu dem Papst Benedikt XVI. in<br />
diesem Jahr die Vertreter verschiedener<br />
Religionen wieder nach Assisi eingeladen<br />
hat, spricht der Papst von der gemeinsamen<br />
Verpflichtung für den Frieden in der<br />
Welt.<br />
Nach einem anschließenden „römischen<br />
Spaziergang“, den Joachim Göbel und<br />
Tobias Ebert ortskundig leiten, trifft sich<br />
die Gruppe zum Abendgebet mit der Gemeinschaft<br />
Sant'Egidio in der Basilika<br />
Santa Maria in Trastevere, der ältesten<br />
Marienkirche Roms. Die eindrucksvollen<br />
Gebete und Gesänge der Gemeinschaft,<br />
die an den Klang Taizés erinnern, sind<br />
an diesem Abend zusammen mit der Ansprache<br />
ganz dem 25. Weltfriedenstreffen<br />
gewidmet. Zu einer der vornehmsten<br />
Aufgaben der Gemeinschaft, die 1968<br />
von Andrea Riccardi in Rom als Laienbewegung<br />
von Schülern und Studenten<br />
gegründet wurde, gehört neben dem sozialen<br />
Engagement die Organisation eben<br />
des Weltfriedenstreffens, dessen Absichten<br />
der Papst am Morgen so eindringlich<br />
unterstützt hatte.<br />
Der sechste Tag<br />
Professor Kemper nimmt sich erneut Zeit<br />
für die Gruppe aus seiner Heimatdiözese.<br />
Nach der Vorbildung durch die Begegnung<br />
mit den Mosaiken und Raumstrukturen<br />
der zuvor besuchten Kirchen<br />
können sich die Religionspädagogen nun<br />
auf die weiteren Mosaikstudien Kempers<br />
einlassen und sich im Lesen der Glaubensmotive<br />
und Symboliken der frühen<br />
Gemeindekirchen Roms üben: der apokalyptische<br />
Berg, der thronende Christus<br />
(als Herrscher oder Lehrer dargestellt),<br />
die Lämmer, Propheten, die 24 Ältesten,<br />
der Leben spendende Jordan, die Palmen<br />
des Paradieses, der Phönix des Lebens<br />
usw. Wo immer nun diese Motive auftauchen,<br />
die Kursteilnehmer wissen sie zu<br />
deuten.<br />
In Rom nimmt eine Kunstgattung seinen<br />
Ausgangspunkt, die oft als der letzte<br />
abendländische Kunststil charakterisiert<br />
<strong>wir</strong>d. Und dieser will ausgehend von „Il<br />
Gesu“, der Mutterkirche des 1534 durch<br />
Ignatius von Loyola gegründeten Jesuitenordens,<br />
dem Gläubigen eine himmlische<br />
Schau, ein Theatrum Gloriae, eröffnen.<br />
In den Kirchen „Il Gesu“ und der<br />
wenige Jahre später ganz durch Jesuiten<br />
selber erbauten Kirche „Sant´Ignatio“ lernen<br />
die Lehrerinnen und Lehrer, was sie<br />
schon unüberbietbar in St. Peter erlebt<br />
hatten:<br />
Mit Prälat Max Eugen Kemper (4. v.r.)<br />
am heiligsten Ort der Welt:<br />
Papstkapelle Sancta Sanctorum.<br />
© Veronika Kornmayer<br />
Die byzantinisch geprägten Mosaiken verknüpfen westliche Herschaftssymbole mit christlichen Aussagen.<br />
© Veronika Kornmayer