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stellen wir Ihnen das Heft 3/2011 - Institut für Religionspädagogik ...

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10 Themenschwerpunkt 11<br />

die Seele der Trauernden erreicht,<br />

auch nicht der diskrete Hinweis, <strong>das</strong>s<br />

sie nicht die ersten sind, die in solcher<br />

Not nach dem „Wo“ Gottes fragen.<br />

Die Schriften des Alten Testamentes<br />

sind tatsächlich übervoll von Menschen,<br />

die in existentiellen Nöten, in<br />

Krankheit, Verfolgung, Verleumdung,<br />

Armut, Unglück, die Ferne Gottes<br />

beklagen. „Wo bist du, mein Gott?<br />

Warum schweigst Du? Was habe ich<br />

Dir getan, <strong>das</strong>s Du Dich vor mir verbirgst?“<br />

klingt es immer wieder in den<br />

so genannten Klagepsalmen (z. B. Ps<br />

6; 7; 13; 22; 31), die im Psalter einen<br />

breiten Raum einnehmen.<br />

Seit diesen dreitausend Jahre alten<br />

Zeugnissen sind die Klagen nicht<br />

verstummt. Ganz im Gegenteil! Nach<br />

den Massenmorden in den Konzentrationslagern<br />

der Nazis werden bis<br />

zum Weltenende Millionen von Menschen<br />

Tag für Tag dieselbe Frage<br />

wiederholen: „Wo warst du, Gott, in<br />

Auschwitz, Bergen–Belsen, Dachau<br />

und den anderen Schreckensorten<br />

der Welt?“<br />

Im Unterschied zum modernen Menschen<br />

stellt der alttestamentliche<br />

Fromme Gott nicht in Frage. „Allein<br />

die Toren sprechen in ihrem Herzen:<br />

Prof. Dr. Willibald Bösen<br />

Lehrender und Autor<br />

Seit mehr als zwanzig Jahren<br />

steht Willibald Bösen der kirchlichen<br />

Lehrerfortbildung im Erzbistum Paderborn<br />

engagiert und inspirierend<br />

zugleich zur Seite. In religionspädagogischen<br />

Grund- und Aufbaukursen<br />

hat er den teilnehmenden Lehrkräften<br />

den alttestamentlichen Teil der Bibel<br />

kenntnisreich und äußerst lebendig<br />

vor Augen geführt. Regelmäßig ist er<br />

als Experte gefragt, wenn die von uns<br />

durchgeführten Israel–Studienfahrten<br />

durch Tagungen vorbereitet werden.<br />

In zahlreichen Lehrerfortbildungsveranstaltungen<br />

vermittelt Willibald Bösen<br />

auf seine besondere didaktisch–<br />

veranschaulichende Art neue Akzente<br />

in der bibeltheologischen Forschung<br />

‚Es gibt keinen Gott!‘“ (Ps 14,1). Nein,<br />

Gott existiert und ist eine lebendige<br />

Wirklichkeit. Im weiten, unendlichen<br />

Kosmos gibt es keinen gottfreien<br />

Ort: „Steige ich hinauf in den Himmel,<br />

so bist du dort; bette ich mich<br />

in der Unterwelt, bist du zugegen…“<br />

(Ps 139,8). Dass er ihn auch in der<br />

Not nicht verlässt, versichert Gott selber<br />

dem Beter in Ps 91,15, wo er ihm<br />

die Worte in den Mund legt: „Ich bin<br />

bei ihm in der Not…!“<br />

Wo aber war Gott an jenem Tag, als<br />

Nicole stirbt? Der Schweizer Theologe<br />

Hans Urs von Balthasar († 1988),<br />

der zu den bedeutenden katholischtheologischen<br />

Autoren des 20. Jahrhunderts<br />

zählt, schreibt in einer<br />

kleinen Betrachtung über „Gott und<br />

<strong>das</strong> Leid“: „Es ist eine optische Täuschung<br />

des ‚philosophierenden‘ Menschen<br />

zu meinen, <strong>das</strong> Leid geschehe<br />

‚hier unten‘, und ‚dort droben‘ schaue<br />

ein selig–unbeteiligter Gott ihm zu.<br />

Alle gen Himmel geballten Fäuste des<br />

revoltierenden Menschen zielen in die<br />

falsche Richtung. Der Leidende, der<br />

in der Agonie schreit, ist in Gott …“<br />

(S. 15). Gott geht dem Leid des Menschen<br />

nicht aus dem Weg, Gott ist<br />

vielmehr mittendrin in den tausendgesichtigen<br />

„Notlöchern“ dieser Welt:<br />

im Umfeld des Neuen Testamentes.<br />

Seine Bücher belegen eindrucksvoll<br />

<strong>das</strong> starke Interesse des Autors an<br />

der Person Jesu, zeigen aber auch<br />

wissenschaftlichen Tiefgang und Genauigkeit<br />

in der Recherche auf. Nicht<br />

zu unterschätzen ist dabei die besondere<br />

Bösensche Didaktik seiner<br />

wissenschaftlichen Werke, die immer<br />

aus der Perspektive eines ehemaligen<br />

Schulmannes geschrieben sind.<br />

So werden seine Bücher auch in Auszügen<br />

in der Oberstufe des Gymnasiums<br />

gelesen und thematisch bearbeitet.<br />

Das nun vorliegende neue Werk verlässt<br />

gegenüber seiner bisher publi-<br />

Mit der Krebskranken teilt er <strong>das</strong> Bett<br />

und stirbt mit ihr die tausend kleinen<br />

Tode, die dem letzten Tod vorausgehen.<br />

Dem Depressiven ist er ein<br />

stummer Gefährte, dem Schuldiggewordenen<br />

ein „Lastesel“, der Witwe<br />

ein tröstender Gesprächspartner… In<br />

Auschwitz und in den vielen anderen<br />

Konzentrationslagern starb er in und<br />

mit jedem einzelnen den einsamen<br />

Tod von Millionen. An jenem Vormittag,<br />

als Nicole stirbt, war Gott vor Ort,<br />

doch nicht, wie man vermuten möchte,<br />

als Zuschauer von außen, aus<br />

sicherer Distanz, bedauernd zwar,<br />

aber doch nur nüchtern registrierend.<br />

Nein, Gott saß vielmehr mit Nicole am<br />

Steuer und wurde zusammen mit ihr<br />

zerquetscht.<br />

Doch auch diese Frage sei erlaubt:<br />

„Warum, Gott, hast Du die Uhr nicht<br />

fünf Sekunden angehalten, um Nicole<br />

die Möglichkeit eines Neustarts zu<br />

geben?“ Ein Zyniker ist, wer im Hintergrund<br />

die Hand eines strafenden<br />

Gottes zu erkennen glaubt. Einen<br />

„lästerlichen Anthropomorphismus“<br />

nennt der ehemalige UN-Generalsekretär<br />

Dag Hammarskjöld († 1961)<br />

die Vorstellung, Gott wolle uns durch<br />

Leid vielleicht erziehen (…).<br />

Dr. Siegfried Meier, IRUM<br />

zierten Literatur die wissenschaftlich<br />

objektivierende Perspektive. Vielmehr<br />

<strong>wir</strong>d in diesem Buch in narrativer Form<br />

<strong>das</strong> Thema der Gottessuche und Gottesfrage<br />

entfaltet. Wer den Autor als<br />

Referenten kennt, weiß, <strong>das</strong>s dieses<br />

Thema – auch in erzählender und<br />

bisweilen bekennender Weise – oft in<br />

sehr intensiven Momenten in seinen<br />

unzähligen Vorträgen aufblitzte. Jetzt<br />

scheint der Autor für sich den passenden<br />

Zeitpunkt gefunden zu haben,<br />

seine persönliche Gottsuche und die<br />

Erlebnisse anderer mit Gott einer breiten<br />

Leserschaft vorzu<strong>stellen</strong>. Das geschieht<br />

leidenschaftlich und mit einer<br />

neu gefundenen Sprache, die dem<br />

Autor wie eine zweite Haut passt.<br />

Ist <strong>das</strong> Büchlein brauchbar<br />

für die Schule?<br />

Erste Erfahrungswerte bestätigen,<br />

<strong>das</strong>s Schülerinnen und Schüler der<br />

Oberstufe ab Klasse 10 sich von den<br />

„Geschichten“ aus „Erfahrungsbericht“<br />

und „theologisch-biblischer<br />

Reflexion/Meditation“ sehr angetan<br />

zeigten. Obwohl viele von ihnen mit<br />

der Kirche als religiöser Einrichtung<br />

„auf Kriegsfuß“ stehen, ist bei nicht<br />

wenigen dennoch ein ungestillter<br />

Hunger nach religiöser Erfahrung zu<br />

spüren. Darüber hinaus bewahrheitet<br />

sich die von Pastoraltheologen immer<br />

wieder beschworene Beobachtung,<br />

<strong>das</strong>s „Geschichtenerzählen …<br />

unendlich viel wichtiger im Gespräch<br />

mit einem anderen Menschen ist, um<br />

Christsein glaubwürdig zu vermitteln,<br />

als ihn auf irgendein abstraktes Buch<br />

zu verweisen“ (K. Marti). Wer letzterem<br />

nicht zustimmen kann, sei auf<br />

<strong>das</strong> Gegenüber von Jesus und Paulus<br />

hingewiesen: Während Jesus die<br />

Menschen mit seinen Gleichnissen,<br />

die nichts anderes als spannende<br />

Kurzgeschichten sind, begeistert, tut<br />

sich Paulus mit seinen scharfsinnigen<br />

Deduktionen bis heute schwer.<br />

Beides, Erfahrung und Erzählung,<br />

machen <strong>das</strong> vorliegende Büchlein<br />

mit seinen Erzählungen über Gotteserfahrungen<br />

auch religionspädagogisch<br />

interessant.<br />

Das Büchlein empfiehlt sich Schülerinnen<br />

und Schülern der Oberstufen<br />

als „neuer“ Zugang zur Bibel.<br />

Die Heilige Schrift mit ihren beiden<br />

Testamenten hat es im RU der Schulen<br />

seit Jahrzehnten schwer. Für viele<br />

Schülerinnen und Schüler ist sie verstaubt<br />

und damit uninteressant. Was<br />

soll man mit Geschichten anfangen,<br />

die vor 3–4000 Jahren geschrieben<br />

wurden? Diese von Vorurteilen geprägte<br />

Sehweise ändert sich plötzlich<br />

durch die Beobachtung, <strong>das</strong>s viele<br />

der 50 „Erfahrungsberichte“ in der<br />

sich anschließenden „Reflexion/Meditation“<br />

eine unerwartete Weitung,<br />

eine Klärung, eine Antwort erfahren,<br />

und zwar durch den Rückbezug auf<br />

eine biblische Geschichte oder – wie<br />

oben – durch die Hinweise auf alt– und<br />

neutestamentliche Parallelen. Überrascht<br />

stellt man fest, <strong>das</strong>s „in der Bibel<br />

die alten Geschichten stehen, die<br />

an jedem Tag neu passieren“ (Ricarda<br />

Huch), <strong>das</strong>s die Sorgen und Nöte der<br />

Menschen von heute sich nur geringfügig<br />

von denen unterscheiden, mit<br />

denen Menschen vor Tausenden von<br />

Jahren konfrontiert waren. Was bisher<br />

als verstaubt geglaubt wurde, erweist<br />

sich plötzlich als höchst aktuell;<br />

der Bann des alten Vorurteils ist gebrochen.<br />

Die konsequente Verknüpfung<br />

heutiger Lebensgeschichten<br />

mit denen biblischer Menschen <strong>wir</strong>d<br />

unerwartet zu einem „Türöffner“, mit<br />

dessen Hilfe sich die Bibel für nicht<br />

wenige als Schatzgrube mit höchst<br />

interessantem und kostbarem Inhalt<br />

auftut.<br />

Das Büchlein empfiehlt sich Schülerinnen<br />

und Schülern der Oberstufen<br />

als Einladung, sich doch einmal näher<br />

mit Gott zu beschäftigen.<br />

Da ist zum einen die auf 200 Seiten<br />

entfaltete These, Gott sei von jedermann<br />

auch heute noch erfahrbar.<br />

Eine solche Behauptung reizt zur persönlichen<br />

Überprüfung, zumal man in<br />

einer schwierigen Altersphase offen<br />

ist für die Transzendenz im weitesten<br />

Sinn. Da ist zum anderen die Erfahrung,<br />

<strong>das</strong>s es, wenn in Schule und<br />

Predigt von Gott die Rede ist, meist<br />

und in der Hauptsache um den Gott<br />

der Bibel geht. Als sein ihn kennzeichnendes<br />

Charakteristikum <strong>wir</strong>d<br />

immer wieder herausgearbeitet, <strong>das</strong>s<br />

er ein Mit-Geh-Gott ist, der vor 3000<br />

und mehr Jahren Israel wunderbar<br />

aus der Hand des ägyptischen Pharao<br />

befreit, wunderbar auch durch<br />

eine gefahrvolle Wüste ins Gelobte<br />

Land geführt und dort wunderbar zu<br />

einem mächtigen Volk gemacht hat.<br />

Dass dieser Gott auch heute noch,<br />

im Jahr <strong>2011</strong>/12, mit den Menschen<br />

helfend unterwegs ist, <strong>wir</strong>d zwar immer<br />

wieder verkündet, geht jedoch<br />

unter dem Gewicht der biblischen<br />

Aussagen meist unter. Der Kopf weiß<br />

um die sich durchhaltende Präsenz<br />

Gottes in Raum und Zeit, transportiert<br />

diesen Gedanken aber nur selten<br />

bis ins Herz, wo er zu einer lebendigen<br />

und tröstenden Wahrheit werden<br />

kann. Dadurch nun aber, <strong>das</strong>s in 50<br />

zeitnahen „Erfahrungsberichten“ die<br />

Nähe Gottes auch in der Gegenwart<br />

heraus gestellt und bewusst gemacht<br />

<strong>wir</strong>d, verändert sich die Sehweise; die<br />

so häufige Wiederholung des Kerngedankens<br />

bleibt nicht ohne Wirkung.<br />

Mit jedem „Erfahrungsbericht“<br />

rückt Gott weiter ins Hier und Jetzt<br />

vor, wandelt sich von einem abstrakten<br />

Etwas zu einem den Menschen<br />

liebenden Du, dem ich, ja ich, wichtig<br />

bin. Für viele Schülerinnen und Schüler<br />

eine ganz neue „Erkenntnis“, ein<br />

Aha-Erlebnis.<br />

Das Büchlein empfiehlt sich Schülerinnen<br />

und Schülern der Oberstufen<br />

als eine Art „Glaubensschule“, in der<br />

sie zugleich Information über und Ermutigung<br />

im Glauben finden.<br />

Jede der 50 „Erfahrungsberichte“<br />

spricht ein Glaubensthema an, <strong>das</strong><br />

Christen bis heute bedrängt, über<br />

<strong>das</strong> man eigentlich mehr wissen oder<br />

über <strong>das</strong> man sich gerne austauschen<br />

möchte. So sucht <strong>das</strong> Büchlein<br />

z. B. darüber zu informieren, wie<br />

die Dreifaltigkeit in wenigen Worten<br />

zu „erklären“ ist, was es bei dem<br />

Thema Wunder zu bedenken gilt, wer<br />

und was <strong>das</strong> Christentum zum Königsweg<br />

innerhalb der Weltreligionen<br />

macht, was von Engeln zu halten ist<br />

u. a.m. – Den Glauben zu vertiefen<br />

sucht <strong>das</strong> Büchlein, indem es zentrale<br />

Begriffe wie den des Abba, der Vergebung,<br />

der Liebe, des Gebetes, der<br />

Sünde u. a.m. aufgreift und aus der<br />

Erfahrung heraus neu zu füllen sucht.<br />

Schließlich möchte <strong>das</strong> Büchlein dadurch,<br />

<strong>das</strong>s es schwierige theologische<br />

Fragen wie die nach Gott, dem<br />

Leid (vgl. den Unfalltod Nicoles), der<br />

Theodizee, der Ungerechtigkeit in der<br />

Welt u. a. m. in der Gestalt von „Erfahrungsbericht“<br />

und „theologisch–biblischer<br />

Reflexion“ zur Diskussion anbietet,<br />

zum Glauben ermutigen. In der<br />

Überschau ergibt sich am Ende eine<br />

„bunte“ Materialsammlung,

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