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PDF Download - Kindergarten und Schule in Südtirol

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das <strong>und</strong> jenes beim Lernenden <strong>und</strong> das Ergebnis<br />

ist dann das Wissen/Können, also<br />

das Gelernte, das dann getestet <strong>und</strong> abgeprüft<br />

werden kann. Wir wissen aber, <strong>und</strong><br />

auch wieder empirisch belegt durch Hattie<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Metastudienanalyse, dass es so<br />

nicht funktioniert. Lernseits heißt daher,<br />

dass Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer sich darüber<br />

bewusst werden, ihre pädagogisch-didaktischen<br />

Handlungen nicht von der Methode<br />

<strong>und</strong> von ihrem Können als Lehrende her zu<br />

setzen, sondern vom Lernenden her zu erfassen.<br />

Das ist mehr als „k<strong>in</strong>d-“ oder „schülerzentriert“<br />

– denn wenn ich schülerzentriert<br />

agiere, dann handle ich immer noch<br />

aus me<strong>in</strong>er Position als Lehrender <strong>und</strong> versuche<br />

mich <strong>in</strong> das K<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuversetzen.<br />

Gel<strong>in</strong>gt aber nicht wirklich, wie wir ständig<br />

erleben, egal, ob <strong>in</strong> der <strong>Schule</strong> oder auch im<br />

Alltagsleben – niemand kann sich wirklich <strong>in</strong><br />

den anderen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzen.<br />

Die Lernforschung hat <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Jahren viele neue Erkenntnisse gewonnen.<br />

Trotzdem ist der Lernvorgang immer noch<br />

großteils e<strong>in</strong>e „black box“, die uns Rätsel<br />

aufgibt. Kann das kompetenzorientierte<br />

Lernen e<strong>in</strong> Stück weit diese Unbekannte<br />

knacken?<br />

Michael Schratz: Das Lernen ist nicht sichtbar,<br />

daher auch nicht exakt planbar. He<strong>in</strong>z<br />

von Förster vergleicht die Individualität des<br />

Lernens mit F<strong>in</strong>gerabdrücken – e<strong>in</strong>zigartig,<br />

unverwechselbar, <strong>in</strong>dividuell. Das hängt mit<br />

Persönlichkeit, Erfahrungen, Lernstil, der<br />

Fähigkeit sich e<strong>in</strong>zulassen, Interesse, Dispositionen,<br />

Neigungen <strong>und</strong> wohl noch vielem<br />

anderen mehr zusammen. Kompetenzorientierung<br />

wird das „Geheimnisvolle“ um das<br />

<strong>in</strong>dividuelle Lernen nicht auflösen, denn es<br />

beschreibt ja nicht, wie Lernen vor sich geht,<br />

sondern den Umgang mit Lern<strong>in</strong>halten <strong>und</strong><br />

Lernzielen im schulischen Kontext. Kompetenzorientierung<br />

bedeutet aber, den Fokus<br />

auf Lernen <strong>und</strong> die S<strong>in</strong>nhaftigkeit des Lernens<br />

<strong>und</strong> des Gelernten zugleich zu legen.<br />

Jene Fähigkeiten sollen entwickelt werden,<br />

die es ermöglichen, Wissen anzuwenden, zu<br />

handeln, <strong>und</strong> sich somit auch als „wirkmächtig“<br />

zu erleben. Kompetenzorientierung<br />

kann nicht aus der Lehrerperspektive alle<strong>in</strong>e<br />

gel<strong>in</strong>gen, sondern benötigt auch die Lernerperspektive.<br />

Daher ist es notwendig,<br />

wiederum bewusster mit den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern umzugehen.<br />

Wozu werden sie <strong>in</strong> Zukunft das, was sie<br />

heute lernen, benötigen – was werden sie <strong>in</strong><br />

Zukunft brauchen, tun, tun wollen?<br />

Lernen ist langfristig ausgerichtet. Lernende<br />

sollen Kompetenzen erwerben, um auf<br />

lange Sicht eigenständig handeln zu können.<br />

Ist das <strong>in</strong> unserer unsteten <strong>und</strong><br />

schnelllebigen Gesellschaft überhaupt<br />

möglich?<br />

Michael Schratz: Das ist gerade die Kunst –<br />

Kompetenzen s<strong>in</strong>d nicht zugeschriebenes<br />

Wissen oder Fertigkeiten, sondern jene Fähigkeiten,<br />

sich als Individuum kont<strong>in</strong>uierlich<br />

neu zu „verorten“, sich im Prozess der gesellschaftlichen<br />

<strong>und</strong> beruflichen Veränderung<br />

nicht nur zurechtzuf<strong>in</strong>den, sondern als<br />

aktiv Handelnde teilzunehmen. Kompetenzorientierung<br />

ist weit mehr als Handlungsanleitung,<br />

Kompetenzen bedeuten, das Wissen<br />

aus der Vergangenheit situationsgemäß anzuwenden<br />

– oder sogar zu verwerfen. Kompetenzen<br />

bedeuten, Umwelt bewusst wahrnehmen<br />

zu können <strong>und</strong> das eigene Wissen<br />

dazu <strong>in</strong> Bezug zu setzen, das eigene Wissen<br />

anzupassen, weiterzuentwickeln, aber auch<br />

zu h<strong>in</strong>terfragen. Innezuhalten zum Beispiel,<br />

<strong>in</strong> sich zu spüren, ob das, was man tut, noch<br />

stimmig <strong>und</strong> vere<strong>in</strong>bar mit den eigenen Werten<br />

ist. Das zu erlernen – <strong>und</strong> als Lehrer <strong>und</strong><br />

Lehrer<strong>in</strong> junge Menschen auf diesem Weg zu<br />

begleiten <strong>und</strong> zu befähigen – das ist die Königsdiszipl<strong>in</strong><br />

von <strong>Schule</strong>.<br />

Interview: Thomas Summerer<br />

INFO Redaktion<br />

Michael Schratz, Jahrgang 1952 ist Dekan<br />

der Fakultät für Bildungswissenschaften<br />

der Leopold-Franzens-Universität<br />

Innsbruck, <strong>und</strong> Professor am Institut für<br />

LehrerInnenbildung <strong>und</strong> Schulforschung.<br />

Er ist <strong>in</strong> der Lehrerbildung <strong>und</strong> der<br />

Qualifizierung von Führungskräften <strong>in</strong> den<br />

Bereichen Lernen <strong>und</strong> Lehren, Führung,<br />

Unterrichts- <strong>und</strong> <strong>Schule</strong>ntwicklung tätig.<br />

Se<strong>in</strong>e Schwerpunkte s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />

von Professionalität <strong>und</strong> Leadership sowie<br />

die Systementwicklung im Bildungswesen.<br />

Er ist Mitglied zahlreicher <strong>in</strong>ternationaler<br />

Kommissionen <strong>und</strong> Arbeitsgruppen<br />

(Europarat, OECD, EU, ICSEI) <strong>und</strong> Sprecher<br />

der Jury des Deutschen Schulpreises.<br />

November 2013<br />

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