Musiktheater seit 1990 - Schott Music
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Inhalt<br />
Eine Krankenschwester liest einem alten Mann aus Shakespeares „König Lear“ vor. Während<br />
der Mann Rückschau auf sein Leben hält, verschmelzen seine Erinnerungen mit der Geschichte<br />
Lears... Bevor er sein Reich unter seinen Erben aufteilt, verlangt der alternde König von seinen<br />
drei Töchtern Bekundungen ihrer Zuneigung. Allein Cordelia, die jüngste, verweigert die befohlene<br />
Huldigung – und wird verbannt. Edmund, der uneheliche Sohn Gloucesters, macht seinen<br />
Vater glauben, Edgar, der legitime Erbe, plane einen Vatermord. Auch Edgar wird verbannt.<br />
Kaum haben die älteren Töchter Goneril und Regan das Erbe unter sich aufgeteilt, behandeln<br />
sie Lear abweisend. Der alte Mann, abgeschoben ins Hospital, gerät in Aufregung: In seiner<br />
Vision meint er Goneril und Regan vor Gericht zu bringen. Die Krankenschwester liest weiter.<br />
Gloucester versucht Lear zu retten, gerät dabei jedoch in die Fänge von Regan. Der alte Mann<br />
fantasiert – mit den Worten Lears beginnt er den Gestalten seiner Vorstellung zu drohen; die<br />
Krankenschwes ter bleibt unbeirrt. Verzehrt vom Verlangen nach Edmund vergiftet Goneril ihre<br />
Rivalin Regan. Edgar nimmt im Duell Rache an Edmund. Zu spät bekennt Edmund, er habe den<br />
Auftrag gegeben, Cordelia und Lear zu töten. Lear erscheint, in den Armen die Leiche seiner<br />
Tochter, und stirbt in Verzweiflung. Mit den Visionen endet auch der Todeskampf des alten<br />
Mannes. Gefesselt von der Lektüre liest die Krankenschwester noch immer in ihrem Buch. Von<br />
der Bühne hallt nur noch ihr Lachen.<br />
Vision of Lear<br />
19.04.1998 Münchener Biennale<br />
Wenn die ganze Welt ein Irrenhaus ist, besteht nur wenig Hoffnung zu gesunden; doch kann man<br />
– wenn auch gegen gewaltige Widerstände – wenigstens klarzumachen suchen, in welcher Art von<br />
„Krankheit“ ein Mensch befangen ist. Hierin liegt für mich die Aufgabe eines zeitgenössischen<br />
Theaterkünstlers. (Tadashi Suzuki, Quelle: Münchener Biennale 1998)<br />
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