Musiktheater seit 1990 - Schott Music
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Inhalt<br />
Alexander Goehr über seine Neudeutung des klassischen Ariadne-Stoffes: „Es war sicherlich ein<br />
Akt von Selbstvertrauen – wenn nicht gar von Tollkühnheit –, Rinuccinis altehrwürdiges Libretto<br />
der Arianna auszuwählen [...]. Dennoch wusste ich, dass es für mich eine richtige Entscheidung<br />
war, genauso wie ich umgekehrt gewusst hätte, dass der Orfeo oder Die Krönung der Poppea<br />
oder selbstverständlich La Traviata oder Lohengrin (falls deren Musik unglücklicherweise verloren<br />
gegangen wäre) nicht richtig gewesen wären. Ich wusste zudem [...], dass es um Arianna<br />
zu gehen hatte und nicht um Ariadne, um einen italienischen Text also. Den Eindruck, den ich<br />
hervorzurufen beabsichtigte, ist der von Transparenz: Der Zuhörer sollte [...] das Alte neben<br />
dem Neuen und das Hervor gehen des Neuen aus dem Alten wahrnehmen. Wir können eine in<br />
der Mythologie [...] angesiedelte Handlung beobachten, interpretiert durch einen Dichter des<br />
17. Jahrhunderts, aber aufgeführt mit den Mitteln des modernen Theaters. Meine Hoffnung ist<br />
– wie dies Rinuccinis Apollo im (nicht vertonten) Prolog ausgedrückt –, dass es dazu kommen<br />
könnte, ‚dass Ihr in diesen neuen Gesängen den vergangenen Glanz des griechischen Theaters<br />
bewundern werdet‘.” (Quelle: Royal Opera House Covent Garden 1995)<br />
Arianna<br />
15.09.1995 Royal Opera House Covent Garden<br />
© Cliver Barder/Arenapal.com<br />
Die acht Szenen von Rinuccinis Text klingen in Goehrs musikalischer Anverwandlung, als sei<br />
Monteverdi 356 Jahre nach seinem Tod auferstanden und versuche sich, das eigene Idiom noch im<br />
Ohr, zwischen Zweiter Wiener Schule und Goehrs Lehrer Olivier Messiaen zurechtzufinden. Anders<br />
als Alfred Schnittke montiert und verfremdet Goehr nicht Zitate oder Scheinzitate; er transformiert<br />
vielmehr genau studierte Stilmerkmale Monteverdis im Durchgang durch die Erfahrung mit Schönberg,<br />
Webern, Berg und Messiaen in seine eigene Klangsprache. So erinnert die auf engstem Raum<br />
gleichsam punktuell wechselnde Instrumentation an das bunte Spaltklang-Ensemble des Frühbarock,<br />
aber auch an Weberns strukturelle Einfärbung von Bachs Ricercar.<br />
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.04.1999)<br />
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