Musiktheater seit 1990 - Schott Music
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Inhalt<br />
Im Jahr 1779 fragte Mozarts Zaïde nach den Möglichkeiten eines Dialogs zwischen Okzident<br />
und Orient. In gewisser Weise ist dieses Singspiel eine tragische Version der glücklich endenden<br />
Entführung aus dem Serail, in der Gnade gesprochen und der Geist der Aufklärung noch einmal<br />
emphatisch beschworen wird. Doch Zaïde blieb ein Fragment – der Ausgang ist offen.<br />
Auf diesen Umstand reagiert die israelische Komponistin Chaya Czernowin. In ihrem Werk<br />
Adama (hebräisch: adama = Erde, adam = Mensch, dam = Blut) komponiert sie einen eigenständigen<br />
musikalischen Klangraum um Mozarts Fragment und betrachtet das Thema aus<br />
zeitgenössischer Perspektive. Während Zaïde den Konflikt zwischen den Kulturen anhand eines<br />
europäischen Liebespaars beschreibt, das in einem fremden orientalischen Land in Sklaverei<br />
gehalten wird, verschärft sich bei Czernowin die Situation: Die Liebenden selbst sprechen zwei<br />
Sprachen und begegnen einander als Fremde – er ist Palästinenser, sie Israelin. Adama ist also<br />
keine bloße Komplettierung eines Mozart-Fragments. Vielmehr geht es darum, mit Adama<br />
in Korrespondenz und Widerspruch zu dem unvollendeten historischen Werk zu treten. Die<br />
verschiedenen musikalischen Sphären beginnen einen intensiven Dialog, und dieses klangliche<br />
Wechselspiel eröffnet die Möglichkeit, mit neuen Ohren in den jeweils anderen musikalischen<br />
Kosmos hineinzuhören oder auch unvorhersehbare Gemeinsamkeiten zu entdecken.<br />
Zaïde · Adama<br />
17.08.2006 Salzburger Festspiele<br />
Czernowin tritt als Komponistin nicht in eine plane Konkurrenz zu Mozart, sie entwirft für die<br />
Situationen ihres Paares einen eigenen Raum aus Klängen und Geräuschen, die sehr suggestiv und<br />
in die Psyche der Personen eindringend erscheinen. [...] Man hörte Mozarts Zaïde-Musik plötzlich<br />
mit neuen Ohren: Eine geheime Trauer schien in diesem neuen Klang raum Mozarts Schönheit zu<br />
überfallen, hinter dieser eine zeitlose Wahrhaftigkeit aufklingen zu lassen. In dieser bestimmten<br />
Sichtweise war Zaïde · Adama wohl die wichtigste Aufführung im Salzburger Mozart Zyklus 2006.<br />
(Opernwelt 11/2006)<br />
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