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Musiktheater seit 1990 - Schott Music

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Inhalt<br />

Gian Lorenzo Bernini: Apollo e Dafne (1622-25) · Museo e Galleria Borghese, Rom<br />

„Das barocke Dafne-Libretto von Martin Opitz lässt sich auf verschiedene Weisen lesen. Das<br />

Gemisch aus klassischer Vorlage und deren Bearbeitungen, Opitz‘ Zutaten und den Erfordernissen<br />

des unmittelbaren Anlasses der Entstehung trägt komödiantische, tragische, parabelhafte<br />

Züge. [...] Wenn man zu all dem noch das historische Umfeld hinzudenkt – die Situation in der<br />

ersten Dekade des Dreißigjährigen Krieges – kann man nicht umhin, die dunkle Seite an diesem<br />

seltsamen Götter- und Hirtenspiel, gedacht zur Erbauung einer feudalen Hochzeitsgesellschaft,<br />

zu betrachten. Entsprechend schwankt die<br />

Vertonung zwischen ironisch geschärfter<br />

Nachzeichnung des komödienhaften Grundtones,<br />

wie er sich in den Dialogen findet,<br />

und dem Einbrechen des ,Ernstfalles’ – sei es<br />

der der heftigen Liebe, die Apollo zu Dafne<br />

erfasst und die ihn seiner Sinne beraubt (und<br />

Dafnes Leben kostet), oder der Angst vor<br />

dem ominösen ,wilden Thier’, das Opitz als<br />

Metapher für den all<strong>seit</strong>s drohenden Krieg<br />

verwendet.<br />

Die Geschichte wird gewissermaßen zweimal<br />

erzählt: zunächst recht nah am Original und<br />

in einem Tonfall, der nahe legt, dies alles –<br />

bis hin zu Dafnes Tod – könne doch immer<br />

noch Spiel sein. Dann, nach einer instrumentalen<br />

,Verwandlungsmusik’, ein zweites Mal,<br />

sehr viel zerrissener und des Auswegs in die<br />

Komödie beraubt. Angelpunkt dieses ,Umschlagens’<br />

ist die zentrale Szene zwischen<br />

Dafne und Apollo, die in beiden Hälften<br />

nahezu identisch vorkommt – einmal mit<br />

Streichern begleitet, einmal für Bläser arrangiert<br />

– und in der allein feine Unterschiede<br />

in den Gesangs- und Instrumentalstimmen<br />

die Grenze zwischen ,überzeugend gespielt’<br />

und ,wirklich ernst’ markieren.“<br />

(Benjamin Schweitzer)<br />

Zweifellos ist Schweitzers Dafne [...] das interessanteste Stück des Abends geworden. Ein umfangreicher<br />

Katalog klanglicher Artikulationsformen wird hier ausgebreitet, über dieser ständigen Fluktuation<br />

aber liegt ein Verlauf, der von den abgerissenen Impulsen und der Deklamation des Beginns<br />

zu immer längeren Tönen und gesanglichen Linien führt. In die Sprache des Ausdrucks übertragen:<br />

Vom Scherzohaften führt die Musik zum Leidenschaftlichen – und das unter Vermeidung konventioneller<br />

Gesten. (Berliner Zeitung, 05.04.2006)<br />

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