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Musiktheater seit 1990 - Schott Music

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Inhalt<br />

Augustinus von Hippo, Quelle: Württembergische Landesbibliothek<br />

Pantheon Die Römer rufen ihre Götter an: von Menschen hervorgebrachte Wesen, denen das<br />

Christentum, verkörpert durch Augustinus’ Mutter Monnica, den einen und wahren Gott entgegensetzt.<br />

Aber so wenig wie es die römischen Götter vermochten, gewähren die modernen<br />

Götzen mit Namen Reichtum, Macht, Ansehen, Erfolg, Geld und Lust den Menschen dauerhaftes<br />

Glück.<br />

Discipuli Augustins Studenten sind Zeugen seiner unterwürfigen Rede auf den römischen<br />

Kind-Kaiser geworden. Sie spotten über die Karrieresucht ihres Lehrers. Ein betrunkener Bettler<br />

verkündet die Botschaft, kein Mensch brauche mehr, als er besitzt.<br />

Stella Augustinus trennt sich auf Drängen seiner Mutter von seiner Geliebten Stella, um eine<br />

standesgemäße Frau zu heiraten. Der gemeinsame Sohn Adeodatus bleibt beim Vater – sein<br />

Schrei nach der Mutter hallt nach.<br />

Soliloquium Die zentrale Szene kreist um die Augustinische Umkehr: „Kehre in dich selbst<br />

zurück, und wenn du deine eigene Natur als veränderlich erkannt hast, dann überschreite auch<br />

noch dich selbst. In diesem Innersten findest du Gott, der in dir wohnt.“<br />

Adeodatus Augustinus’ Sohn versucht mit einer Muschel das Meer auszuschöpfen. Die Philosophen<br />

und Monnica sind über das Spiel verwundert. Es entspinnt sich ein tiefsinniger Dialog;<br />

am Ende lautet die Botschaft: „Wisse, o Mensch,<br />

alles ist Gnade, alles Geschenk.“<br />

Monnica Monnica verfällt in eine Meditation<br />

über Mensch, Zeit und Tod: „Herr, gib uns<br />

blinde Augen für Dinge, die nichts taugen, und<br />

Augen voller Klarheit in alle deine Wahrheit.“<br />

Mors Die meditative Stimmung, die den unmittelbar<br />

bevorstehenden Tod des Augustinus<br />

ankündigt, wird jäh gestört: „Rom ist zerstört!<br />

Die Vandalen stehen vor den Toren der Stadt!“<br />

Während der Krieg hereinbricht, rezitiert der<br />

Chor Worte aus dem „Gottesstaat“, in denen<br />

Augustinus eine kühne Parallele zwischen<br />

räuberischen Piraten und imperialistischen<br />

Räuberstaaten herstellt. Als das Kriegsgetöse<br />

abbricht, vernimmt man in vielen Sprachen die<br />

Eingangsworte der „Confessiones“: „Wer Gott<br />

sucht, wird ihn finden, und wer ihn findet, wird<br />

ihn bekennen.“ Monnicas Wunsch geht in Erfüllung:<br />

Ihr Sohn Augustinus wird in den Herzen<br />

der Menschen weiterleben.<br />

Augustinus ist die bislang stärkste Partitur des ohnehin gefragten und erfolgreichen Komponisten.<br />

[...] Von Winfried Böhm wurde ein intelligentes, genau disponiertes, von Augustinus-Zitaten<br />

durchsetztes Libretto erstellt, das Balance zwischen philosophischen Gedankenspielen und dramatischen<br />

Elementen hält. [...] Wilfried Hiller dachte bei der Komposition an mittelalterliche Mysterienspiele,<br />

die über die Plastik der Gestaltung Geheimnisse des Denkens und des Glaubens mitteilen.<br />

Das gelang beeindruckend konzentriert in geradezu asketischem Reichtum.<br />

(Süddeutsche Zeitung, 21.03.2005)<br />

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