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Rumble in the jungle IWF & Co. sollten die Warlords im Kongo ...

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<strong>Rumble</strong> <strong>in</strong> <strong>the</strong> <strong>jungle</strong><br />

<strong>IWF</strong> & <strong>Co</strong>. <strong>sollten</strong> <strong>die</strong> <strong>Warlords</strong> <strong>im</strong> <strong>Kongo</strong> honorieren<br />

Von Kai Schmidt-Soltau<br />

Zuerst veröffentlich <strong>in</strong>: iz3w 283 (2005): 19.<br />

Es knallt mal wieder <strong>im</strong> <strong>Kongo</strong>. Nicht be<strong>im</strong> als „rumble <strong>in</strong> <strong>the</strong> <strong>jungle</strong>“ angekündigten<br />

Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman <strong>in</strong> K<strong>in</strong>shasa, sondern bei den<br />

Kämpfen zwischen e<strong>in</strong>er unübersehbaren Gruppe von nationalen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

<strong>Warlords</strong>; unter ihnen Laurent Nkunda, Joseph Kabila und Jean Pierre Bemba. „Nie<br />

gehört“, sagen Sie? Ke<strong>in</strong> Wunder, denn <strong>im</strong> Schatten des Tsunami blieb das deutsche<br />

Publikum <strong>in</strong> den letzten Wochen von Bildern und Berichten aus dem <strong>Kongo</strong> verschont,<br />

wo laut UN-Angaben täglich tausend Menschen ums Leben kommen, seit 1998 etwa<br />

3,8 Millionen.<br />

Als Anfang November mit Beg<strong>in</strong>n der Trockenzeit bewaffnete Banden l<strong>in</strong>ks und rechts<br />

des oberen <strong>Kongo</strong>s vorrückten, um nach natürlichen Ressourcen, billigen Arbeitskräften<br />

und Unterhaltung zu suchen, waren <strong>die</strong> Menschen vor Ort wenig überrascht. Die<br />

Gegend ist reich an Edelmetallen, Diamanten, Drogen, Elfenbe<strong>in</strong>, Fleisch und Holz, und<br />

da ist es nur logisch, dass Geschäftsleute und Staatsvertreter aus aller Welt <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Region eilen, um <strong>die</strong>se zu exportieren. Da bei der Suche nach Rohstoffen jene Regionen<br />

besonders beliebt s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen man ke<strong>in</strong>e Steuern, Bestechungsgebühren und<br />

Sozialabgaben zahlen muss und Arbeitszeitregelungen, Sperrstunden und „Ne<strong>in</strong>s“<br />

unbekannt s<strong>in</strong>d, ist <strong>die</strong> Region für das freie Unternehmertum e<strong>in</strong> Eldorado. Ke<strong>in</strong> Staat,<br />

der sich e<strong>in</strong>mischt, ke<strong>in</strong>e Regeln, ke<strong>in</strong> nennenswerter Widerstand – ideal für <strong>die</strong><br />

Wertschöpfung. Im Internet und vor Ort kann man Firmen f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sicherheit der<br />

Produktionsanlagen garantieren und billige Arbeitskräfte e<strong>in</strong>fangen. Da <strong>die</strong><br />

„Transaktionskosten“ <strong>die</strong>ser direkten Sicherheitsleistungen natürlich viel ger<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d,<br />

als wenn man e<strong>in</strong>e Staatsbürokratie e<strong>in</strong>schaltet, kann man vom Standpunkt der<br />

Globalisierung eigentlich nicht gegen staatenlose Räume, <strong>Warlords</strong> und „rumble <strong>in</strong> <strong>the</strong><br />

<strong>jungle</strong>“ se<strong>in</strong>. Wenn da nur <strong>die</strong> Frage der Nachhaltigkeit nicht wäre …<br />

Im Pr<strong>in</strong>zip wird am Beispiel des <strong>Kongo</strong> e<strong>in</strong> Kernproblem des Entwicklungsparadigmas<br />

sichtbar: Die e<strong>in</strong>e Schule befürwortet e<strong>in</strong>en starken Staat, der Sicherheit und<br />

„Entwicklung“ für se<strong>in</strong>e Bürger durchsetzen soll. Gestalten wie Mobuto und der<br />

umfassende Nepotismus der herrschenden Schichten <strong>in</strong> vielen Ländern Afrikas werden<br />

dabei als managebare Risiken verstanden. Die Staatsschule glaubt, <strong>die</strong> bedauerlichen<br />

Nebenwirkungen der staatlichen Macht durch externe Ordnungssysteme – sei es African<br />

Union, UN, USA, EU oder Francophonie – m<strong>in</strong><strong>im</strong>ieren und Menschenrechte,<br />

Armutsm<strong>in</strong>derung und Sicherheit auch gegen den Willen der Herrschenden durchsetzen<br />

zu können, wenn <strong>die</strong>se ihrer Ordnungsfunktion nicht nachkommen. Die Befürworter<br />

von Interventionen stehen <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Tradition, haben derzeit aber e<strong>in</strong> Problem. Denn <strong>die</strong><br />

von den UN entsandten und von der Bundeswehr unterstützen Blauhelmverbände<br />

wurden zwar <strong>in</strong> den Nord-Osten <strong>Kongo</strong>s geschickt, um Frieden zu schaffen und zu<br />

sichern, entpuppten sich aber <strong>in</strong> der Zielregion als wenig besser als <strong>die</strong> Landsknechte


aus Uganda, Ruanda, Süd- und Westkongo. Zeitschriften wie <strong>die</strong> Wash<strong>in</strong>gton Post oder<br />

Le Monde berichten, dass <strong>die</strong> Truppe folterte, Massenh<strong>in</strong>richtungen durchführte, e<strong>in</strong>e<br />

größere Anzahl von Frauen und K<strong>in</strong>dern für Vergewaltigung <strong>in</strong> Besitz nahm und sich<br />

schnell aus allen Territorien zurückzog, <strong>in</strong> denen andere <strong>Warlords</strong> Interessen<br />

anmeldeten. Sicher ist <strong>die</strong>s nicht <strong>die</strong> Regel, aber auch nicht <strong>die</strong> Ausnahme, wie andere<br />

Interventionszonen zeigen. Soldaten machen das halt so. Nur harmonieren<br />

Kollateralschäden nicht besonders gut mit der Unternehmensphilosophie „universelle<br />

Durchsetzung der Menschenrechte“. Natürlich versprechen <strong>die</strong> Befürworter, dass <strong>die</strong>s <strong>in</strong><br />

Zukunft nie mehr vorkommt und erhöhen <strong>die</strong> Anzahl der Kontrolleure, aber wer kann<br />

schon garantieren, dass <strong>die</strong> Kontrolleure der neuen Kolonisation nicht auch mal Lust<br />

haben, <strong>die</strong> dunkle Seite ihrer Macht zu erleben?<br />

Sche<strong>in</strong>bar <strong>im</strong> Widerspruch zu <strong>die</strong>sen staatsfixierten Globalisierungsrittern positionieren<br />

sich <strong>im</strong> W<strong>in</strong>dschatten von IMF und Weltbank staatskritische Elemente, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong><br />

Bürokratiefalle moderner Staaten und Organisationen verweisen und mittels<br />

Strukturreform und Dezentralisierung e<strong>in</strong>e Reduzierung und Demokratisierung des<br />

Staatsapparates durchsetzen wollen. Doch während Opt<strong>im</strong>isten geglaubt haben, dass <strong>die</strong><br />

Zivilgesellschaft <strong>die</strong> Lücken <strong>im</strong> System für e<strong>in</strong>e umfassende Inwertsetzung der<br />

demokratischen Ideale nutzen würde, <strong>im</strong>plo<strong>die</strong>rten zahlreiche Staaten, ohne Raum für<br />

neue Gesellschaftsverträge zu geben. Die neuen Machthaber waren nicht besser als ihre<br />

Vorgänger und füllten <strong>im</strong> Wissen um <strong>die</strong> Vergänglichkeit ihrer Herrschaft ihre Kassen<br />

noch schneller als <strong>die</strong> alten Despoten. Jedoch – und da vermutet mancher <strong>die</strong> Logik des<br />

Beitrages von <strong>IWF</strong> und Weltbank – unterzeichnen <strong>die</strong>se neuen Herrscher, <strong>im</strong> Wissen,<br />

dass sie persönlich wohl nicht mehr am Ruder s<strong>in</strong>d, wenn <strong>die</strong> Ergebnisse evaluiert<br />

werden, Armutsm<strong>in</strong>derungsstrategien und soziale und ökologische Rahmengesetze. Das<br />

Angebot an Lösungsansätzen ist groß, auch wenn viele der Akteure noch nicht begriffen<br />

haben, dass sich <strong>die</strong> Ebenen der Zusammenarbeit den Veränderungen anpassen müssen.<br />

Armutsm<strong>in</strong>derungsstrategien können logischerweise nur <strong>in</strong> Territorien durchgesetzt<br />

werden, <strong>die</strong> mehr oder weniger unter der Kontrolle e<strong>in</strong>es Akteurs stehen, jedoch<br />

verbietet <strong>die</strong> Logik der <strong>in</strong>ternationalen Hilfe <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit mehr als e<strong>in</strong>em<br />

Akteur pro Land.<br />

Warum, fragt man sich. Könnte man nicht <strong>Warlords</strong> dadurch <strong>in</strong> gemäßigte Bahnen<br />

lenken, dass man sie gemäß ihrer Leistungen <strong>im</strong> H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> „globalen Ziele“<br />

honoriert? Das wäre politische Ökonomie pur. Natürlich wird es <strong>die</strong>s nicht geben und<br />

ke<strong>in</strong>er der Lords of Poverty wird <strong>Warlords</strong> als Partner für <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

gew<strong>in</strong>nen, denn es dürfte letztlich schwierig se<strong>in</strong>, <strong>die</strong>se fortschreitende Auflösung der<br />

Staaten auf <strong>die</strong> Peripherie zu begrenzen. Eigentlich schade, wäre mal e<strong>in</strong>en Versuch<br />

wert gewesen.<br />

Kai Schmidt-Soltau ist Gutachter <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

und lebt seit 1997 <strong>in</strong> Kamerun. Mehr Texte gibt es unter www.schmidt-soltau.de.<br />

E<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>ker: Die UN-Friedenstruppen foltern, vergewaltigen und morden wie andere<br />

<strong>Warlords</strong> auch

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