Das Buea der Bakweri - Dr. Kai Schmidt-Soltau
Das Buea der Bakweri - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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"Einmal Fako und nie wie<strong>der</strong>!"<br />
Zur Geschichte <strong>der</strong> deutschen<br />
Mt. Kamerun-Besteigungen<br />
Der Ausruf "Einmal Fako und nie wie<strong>der</strong>" findet<br />
sich recht oft im einhun<strong>der</strong>t Jahre alten Gästebuch<br />
<strong>der</strong> auf 3950m gelegenen Herzogin Elisabeth-Hütte.<br />
Wer sich jedoch die Mühe macht, die Daten <strong>der</strong><br />
frustrierten Bergfreunde zu vergleichen, wird feststellen,<br />
daß am Kamerunberg das Timing <strong>der</strong> Besteigung<br />
von größter Wichtigkeit ist. Zwar ist <strong>der</strong> mit<br />
4070m höchste Berg Westafrikas ganzjährig begehbar,<br />
da seine Lage kaum 200 km nördlich des Äquators<br />
Schnee und Eis fernhält, jedoch kann man den<br />
unbeschreiblichen Fernblick auf den Regenwald<br />
einerseits und auf den Golf von Guinea mit seinen<br />
Inseln Bioko, Sao Tome und Principe an<strong>der</strong>erseits<br />
nur dann genießen, wenn man jene kurze Spanne<br />
zwischen Regenzeit und<br />
Harmattan (ein aus <strong>der</strong><br />
Sahara stammen<strong>der</strong><br />
Sandsturm) zur Besteigung<br />
nutzt. Den Rest<br />
des Jahres verhüllen<br />
undurchdringliche Nebelmassen<br />
den Berg<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> staubige Nordwind<br />
treibt mit seinem<br />
diffusen Licht Beruf s-<br />
photographen in den<br />
Selbstmord - so zumindest<br />
ein Reiseführer.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong><br />
touristischen Besteigung<br />
des Kamerunbergs<br />
begann während<br />
<strong>der</strong> deutschen Kolonialherrschaft<br />
(1884-<br />
1916). Dies spiegelt<br />
sich nicht zuletzt in<br />
den Namen <strong>der</strong> vom kameruner Ableger des<br />
deutschen Alpenvereins 1897 gebauten Schutzhütten<br />
wie<strong>der</strong>. Die drei Hütten - Musake-Hütte<br />
(1870m), Johann-Albrechts-Hütte (2780m) und<br />
Herzogin-Elisabeth-Hütte (3950m) - sind bis<br />
heute Wegmarken <strong>der</strong> direkten Route von <strong>Buea</strong><br />
(1000m) auf den höchsten Vulkankegel des Kamerunbergmassives.<br />
Der Fako-Gipfel ist dabei<br />
mit seinen 4070m aber nur einer von über einhun<strong>der</strong>t<br />
Kratern, wobei beson<strong>der</strong>s die Krater <strong>der</strong><br />
letzten Ausbrüche des Berges (1959, 1982, 1999<br />
und 2000) von Interesse sind, weil sie einen tieferen<br />
Einblick in die Funktionsweise von Vulkanen<br />
erlauben als <strong>der</strong> recht verwitterte Krater des Fako-Gipfels.<br />
Als erster verwendeten diese direkte<br />
Route im Februar 1895 <strong>der</strong> deutsche Marinestabsarzt<br />
Ziemann und <strong>der</strong> Leutnant zur See Witschel.<br />
Noch im gleichen Jahr erreichte die Englän<strong>der</strong>in<br />
Mary Kingsley über diese Route als<br />
erste Frau den Gipfel. Vor allem die Einrichtung<br />
<strong>der</strong> Schutzhütten führte in <strong>der</strong> Folge zu einem<br />
wahren Tourismusboom in Kamerun. Bis zum<br />
Ende <strong>der</strong> Kolonialzeit im Jahre 1961 verließ<br />
kaum ein Kolonialbeamter das Land, ohne nicht<br />
zumindest einmal auf dem Gipfel gestanden zu<br />
haben. Die direkte Route von <strong>Buea</strong> auf den Fako,<br />
die die meisten Besucher in drei Tagen - mit zwei<br />
Übernachtungen in <strong>der</strong> mittleren Hütte - zurücklegen,<br />
ist auch Teil <strong>der</strong> Wegstrecke des im Januar<br />
jeden Jahres stattfindenden Mountain -Race. 2003<br />
war Ngoag Pongha Charles <strong>der</strong> schnellste und<br />
kehrte nach 4 Stunden und 31 Minuten in das auf<br />
500m gelegene Fußballstadion in <strong>Buea</strong> zurück,<br />
das jedes Jahr Ausgang und Endpunkt des Rennens<br />
auf den Gipfel des Fako ist. Heimlicher<br />
Sieger war jedoch Ngeve Zache Etutu, <strong>der</strong> als<br />
erster Einbeiniger am Rennen teilnahm und - da<br />
einen Tag früher gestartet - mit dem Hauptfeld<br />
das Ziel erreichte. Aber auch unabhängig von<br />
solchen sportlichen Höchstleistungen dient diese<br />
Route seit Anfang des Jahrhun<strong>der</strong>ts Bergsteigern<br />
und Bergwan<strong>der</strong>ern aus aller Herren Län<strong>der</strong> als<br />
Weg auf den höchsten Berg Westafrikas. Während<br />
zurzeit die Hütten kaum mehr als ein Dach<br />
über dem Kopf offerieren und auch sonst keinerlei<br />
Infrastruktur das Besteigen erleichtert, will<br />
das kamerunische Tourismusministerium<br />
(MINTOUR) und die Gesellschaft für technische<br />
Zusammenarbeit (GTZ) noch dieses Jahr beginnen<br />
die Routen zu richtigen Bergwan<strong>der</strong>wegen<br />
auszubauen und die Hütten zu renovieren. Es ist<br />
sogar geplant die erste Hütte, die für normal<br />
Sterbliche in 2 Stunden erreicht werden kann,<br />
wie<strong>der</strong> zu bewirtschaften.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong> europäischen Besteigung des<br />
Berges, <strong>der</strong> schon im Mythos um Hanno den Ka r-<br />
thager erwähnt wird, begann 1858 mit <strong>der</strong> Grü n-<br />
dung <strong>der</strong> am Fuße des Kamerunberges gelegenen<br />
Hafenstadt Viktoria (heute Limbe) durch Bapti s-<br />
ten - Missionare unter <strong>der</strong> Leitung von Alfred S a-<br />
ker. Bei ersten Erkundungen des Hinterlandes<br />
erreichten sie das <strong>Bakweri</strong>dorf <strong>Buea</strong>, welches auf<br />
genau 1000m die Obergrenze <strong>der</strong> Bes iedlung bis<br />
heute markiert, auch wenn die Ernennung <strong>Buea</strong>s<br />
zum Sitz <strong>der</strong> deutschen Kolonialverwaltung 1901<br />
das Erscheinungsbild nachhaltig verän<strong>der</strong>te. Im<br />
Dezember 1861 drang die erste Expedition mit<br />
bergsteigerischen Ambitionen unter <strong>der</strong> Leitung<br />
des englisch en „Entdeckers“ Richard Burton - <strong>der</strong><br />
zuvor schon nach dem Quellen des Nils geforscht<br />
hatte - und des deutschen Botanikers Gustav<br />
Mann von Victoria in die Hochregion des Mt.<br />
Kamerun vor. Dabei "entdeckte" Mann eine auf<br />
2260m gelegene Quelle, die bis heute seinen N a-<br />
men trägt, auch wenn unbestritten ist, daß sie den<br />
<strong>Bakweri</strong>s, die seit Jahrtausenden die oberhalb von<br />
2000m beginnende Savanne zu r Jagd nutzen,<br />
bekannt war. Wie dem auch sei, die Mannsquelle,<br />
die heute wie<strong>der</strong> als Lagerplatz für Bergwan<strong>der</strong>er<br />
erschlossen ist, war Ausgangspunkt des ersten<br />
Vorstoßes auf den Gipfel. Um 13.30h des 27.<br />
Dezembers 1861 erreichte Richard Burton allein<br />
den Gipf el des Mt. Fako, nachdem alle an<strong>der</strong>en<br />
Teilnehmer <strong>der</strong> Gipfelexpedition, einschließlich<br />
<strong>der</strong> Träger, aus Mangel an warmer Kleidung und<br />
aus Erschöpfung zurückgeblieben waren - so<br />
jedenfalls Richard Burton. Daß auch er alles a n-<br />
d ere als gut ausgerüstet war, läßt sich daran abl e-<br />
sen, daß er eingesteht, daß seine Füße bei <strong>der</strong><br />
Rückkehr zur Mannsquelle auf dem scharfen<br />
Vulkangestein so wund gelaufen waren, d aß er<br />
nach Viktoria in <strong>der</strong> "Missionarsschaukel" z u-<br />
rück getragen werden mußte. Am 3.Januar 1862<br />
erreichte Gustav Mann zusammen mit dem auf<br />
Fernando Po (heute Bioko) lebenden spanischen<br />
Richter Calvo als erster Deutscher den höchsten<br />
Berg Westafrikas. Nach einer längeren Erh o-<br />
lungs pause in Limbe rückten Burton und Mann<br />
Ende Januar 1962 dem Gipfel erneut zu Leibe,<br />
diesmal jedoch nicht als Bergsteiger, son<strong>der</strong> n als<br />
Kolonialisten. Richard Burton pflanzte als Leiter<br />
<strong>der</strong> Expedition die britische Fahne in das brüchige<br />
Gestein und erklärte zum Unverständnis seiner<br />
Träger den Berg zum Eigentum <strong>der</strong> englischen<br />
Krone. Dieses merkwürdige Gebahren <strong>der</strong> Fre m-<br />
den und die Tatsache, daß ihre Träger zum Teil<br />
nicht den versprochenen Lohn erhielten, führte in<br />
<strong>der</strong> Folge dazu, daß<br />
sich die <strong>Bakweri</strong>s we i-<br />
gerten an<strong>der</strong>en Europ ä-<br />
ern als Träger zu di e-<br />
nen o<strong>der</strong> ihre Jägerw e-<br />
ge benutzen zu lassen.<br />
Erst 1877 gelangen<br />
dem Baptisten -<br />
Missionar Comber und<br />
1879 dem Ethnologen<br />
Flegel weitere Gipfe l-<br />
b estei gungen, wobei<br />
Flegel das Verdienst<br />
zu kommt nicht nur die<br />
bis heute fast unverä n-<br />
<strong>der</strong>ten Jägerhüttendö r-<br />
fer in <strong>der</strong> Savanne,<br />
son<strong>der</strong>n auch die<br />
Schönheit <strong>der</strong> Lan d-<br />
schaft b eschrieben zu<br />
haben, während bei<br />
allen früheren B e-<br />
schrei bun gen <strong>der</strong> sportliche und politische Aspekt<br />
<strong>der</strong> Besteigung im Mittelpunkt stand. 1884 e r-<br />
reichte <strong>der</strong> erste Tourist, <strong>der</strong> für die Kölnische<br />
Zeitung tätige Journalist Hugo Zöllner, den Gi p-<br />
fel. Mit seiner spannenden, bis heute lesenswerten<br />
Reisebeschreibung (Reise im Kamerungebiet)<br />
trug er nicht unwesentlich zum deutschen A n-<br />
sturm auf den Fako bei. Ein Ansturm, <strong>der</strong> durch<br />
die deutsche Besitznahme Kameruns im Zuge <strong>der</strong><br />
Kongo- Konferenz in Berlin insoweit organisat o-<br />
risch erleichtert wurde, als deutsche Truppen den<br />
Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> <strong>Bakweri</strong>s gegen die europäischen<br />
Eindringlinge in Blut ertränkte n. Heute hat <strong>der</strong><br />
Reisende die Qual <strong>der</strong> Wahl zwischen einer Vie l-<br />
zahl von Routen, die die von <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />
technische Zusammenarbeit (GTZ) und des deu t-<br />
schen Entwicklungsdienstes (DED) geför<strong>der</strong>te<br />
Mt. Cameroon Ecotourism Organisation (Mt.<br />
CEO) wie<strong>der</strong> erschlossen hat.<br />
Wenn man termi nlich flexibel ist, sollte man die<br />
kurze Spanne zwischen Regenzeit und Harmattan<br />
(Nov- Dez; März - Mai) nutzten. Denn dann kann<br />
man sich zwar nicht nur den Ruhm einer harten<br />
und auszehrenden Bergbegehung ins Poesiealbum<br />
heften, son<strong>der</strong>n hat die Chance für einen unve r-<br />
gesslichen Aufstieg vom tropischen Regenwald in<br />
die kahle Steppe des Hochgebirges mit einen<br />
umwerfenden Ausblick auf die nahe un d ferne<br />
Umgebung und die Möglichkeit Waldelefanten in<br />
ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen. Wenn<br />
man diese Regeln betrachtet wi rd Ihre Besteigung<br />
kein Reinfall, son<strong>der</strong>n ein Erlebnis, dass Sie and e-<br />
ren empfehlen und gerne wie<strong>der</strong>holen wollen.