Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

principal classes into which the present Indian society is devided. It must either be the
party of he [sic] landlords or of the propertied upper and middle classes or of the
exploited workers and peasants. Its programme will show which class it represents." 422
Wenn sich also der Nationalkongreß ein konkretes Programm gab, konnten die
Unterdrückten daran ablesen, auf welcher Seite der Kongreß stand. Dabei gab es
mehrere Möglichkeiten. Entweder wurde ein progressives Programm verabschiedet,
dann wäre die kommunistische Fraktion im Kongreß nach und nach dominierend
geworden, da sie am radikalsten für die Rechte der Arbeiter und landlosen Bauern
eintrat, oder es kam über diesem Programm zu einer Spaltung des Kongresses in einen
bürgerlichen Flügel und einen progressiven, der dann die Basis für eine fortschrittliche
politische Partei sein könnte, oder der Kongreß gab sich mit absoluter Mehrheit ein
durch und durch bürgerliches Programm. Für Roy war die Sache klar. Der Kongreß, der
nach seiner Auffassung durch und durch bürgerlich war, konnte nur ein bürgerliches
Programm verabschieden, mit der Folge, daß dadurch die Massen in die Arme der sich
gerade bildenden Kommunistischen Partei Indiens getrieben würden, in deren
Programm die Unterstützung der Unterdrückten ganz oben stand. Diesen Prozeß wollte
er durch einen eigenen Programmentwurf, den er kurz vor dem Kongreß in Gaya den
britischen Medien zuspielte, noch zusätzlich anheizen. 423 Die Strategie ist zwar in sich
kohärent, hat aber einen Haken: die Masse der armen und landlosen Bauern und die
Fabrikarbeiter mußten schon so weit politisiert sein, daß sie sich für solche Fragen
interessierten. Wenn es ihnen relativ egal war, wer sich für ihre Interessen einsetzte,
dann nützte auch die beste Entlarvung der bürgerlichen Führer der nationalrevolutionären
Bewegung wenig. Dieses Problem hatte Roy, wie auch die
überwältigende Mehrheit der damaligen Kommunisten, übersehen. Fast alle gingen bis
Mitte der zwanziger Jahre von einem baldigen Zusammenbruch des Kapitalismus und
der dann folgenden siegreichen Weltrevolution aus. Alle Artikel Roys in dieser Phase
sind gekennzeichnet von einem überschwänglichen Optimismus. 424 Als dann auf dem
Kongreß in Gaja (Dezember 1922), auch um dem Bestreben der Engländer, die gesamte
indische Nationalbewegung als bolschewistisch abzustempeln, entgegenzuwirken, das
Programm von Roy in Bausch und Bogen abgelehnt wurde und die Arbeiter und armen
422
423
424
Roy, M.N.; What is a Programm? Part II; in: The Advance-Guard Nr.3 1.11.22; in: Roy 1987;
p.437-440, hier p.440.
"A Programme for the Indian National Congress [, that was - KSS] published widely in India and
abroad" 1922 [vgl. Roy 1987; p.453/454, hier p.454].
Vgl. vor allem die Artikel, die in der kommunistischen Presse in Europa erschienen und in denen
sich Roy nicht einer taktischen Sprache bedienen mußte. Hier sind vor allem seine Arbeiten in der
nach dem III.Weltkongreß gegründeten "Internationalen Presse-Korrespondenz" [InPreKorr] zu
nennen. Diese Zeitung erschien in mehreren Sprachen [deutsch, englisch, französisch, italienisch,
tschechisch] bis zu viermal pro Woche und dokumentierte umfassend die Arbeit der
kommunistischen Parteien weltweit, sowie die Arbeit der Zentrale in Moskau. 1932 wurde der
Name in "Rundschau für Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung" geändert. Mit der Auflösung
der KI 1943 wurde auch die Zeitung liquidiert. [Vgl.: Komjàt, Irén; Die Geschichte der InPreKorr -
Zeitung der Kommunistischen Internationale (1921-1939); Frankfurt/M 1982]. Roy publizierte in
der InPreKorr 1922 die Artikel: Der indische Gewerkschaftskongreß [Nr.1 3.1.22, S.3/4], Der
Eisenbahnerstreik in Indien [Nr.66 13.5.22, S.511/512], Die Bauernbewegung in Indien [Nr.136
18.7.22, S.867/868], Die politische Lage in Indien [Nr.169 24.8.22, S.1103-1105], Der türkische
Sieg und der Osten [Nr.199 14.10.22, S.1333/1334], Redebeitrag zur Orientfrage auf dem IV.
Weltkongreß der KI [Nr.230 22.11.22, S.1697/1698].