Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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Arbeiterbewegung erst 1920 aus der ersten spontanen Phase herausgetreten und in "die<br />
Periode der Vorbereitung und Organisierung eingetreten", denn "die proletarische<br />
Klasse muß eben ihre eigene Führerschaft entwickeln und ihren eigenen politischen<br />
Weg gehen" und sich nicht auf "kurzsichtige nationalistische Taktiken" einlassen, da so<br />
der "organisierte Teil des Proletariats unter den Einfluß nichtrevolutionärer Elemente<br />
geraten wird" und damit die Arbeiterbewegung insgesamt schweren Schaden erleiden<br />
wird. 410 Womit Roy im Prinzip nur seine alte These der Nicht<strong>zu</strong>sammenarbeit mit der<br />
bürgerlich-revolutionären Bewegung belegen wollte. Abschließend kam er <strong>zu</strong> der<br />
Auffassung: "Es ist die Entwicklung der modernen Großindustrie, die die Zukunft<br />
Indiens bestimmt. Die Revolution ist bereits im Gange, und sie marschiert mit<br />
Riesenschritten. Sie zerstört endgültig den untergrabenen Bau des Dorfes und läßt<br />
Riesenstädte entstehen, in die die Macht der Umstände die unglücklichen Lohnsklaven<br />
treibt. Diese Lohnsklavenmassen, die in dem der kapitalistischen Ausbeutung<br />
unterworfenen Organismus der indischen Gesellschaft seit langem existiert, befindet<br />
sich im Prozeß der Konzentration. Die zersplitterten [106/107] Kräfte sammeln sich in<br />
festen Reihen. Die Folgen dieser sozialen Umgruppierung werden bald offenbar werden.<br />
In der Tat manifestieren sie sich schon recht kraftvoll. Es ist dieses Massenerwachen,<br />
das der nationalen Freiheitsbewegung erst wirkliche Möglichkeiten eröffnet hat. Und es<br />
ist das klassenbewußte organisierte Proletariat, das Hand in Hand mit den verarmten<br />
Bauern den nationalen Kampf siegreich <strong>zu</strong> Ende führen wird. [...] Nationaler Kampf und<br />
Klassenkampf gehen nebeneinander her; und aller Lärm des ersten kann die Tatsache<br />
des zweiten nicht verdecken." 411<br />
Im weiteren sprach Roy den Nationalisten <strong>zu</strong>m wiederholten Male jede Politikfähigkeit<br />
ab 412 , und charakterisierte sie als "sozial-reaktionär" 413 , um abschließend voller Pathos<br />
<strong>zu</strong> erklären: "Die indische Bourgeoisie steht zwischen zwei Feuern; das eine, noch von<br />
dichtem Rauch umhüllt, aus dem dann und wann die Flammen empor<strong>zu</strong>schlagen<br />
beginnen, und das andere, gewaltig und furchterweckend. Aber dessen imponierender<br />
Schein ist nicht der lebender Flammen, es ist das letzte Aufleuchten einer Glut, die bald<br />
Asche bedecken wird. Auf der einen Seite die große soziale Erhebung, die ihre Kräfte<br />
aus der wachsenden Energie der Massen zieht, und die die Bourgeoisie <strong>zu</strong> ihrem<br />
eigenen Vorteil <strong>zu</strong> nützen bestrebt ist; und auf der anderen Seite die imperialistische<br />
Macht, die ihre politische und ökonomische Vorherrschaft aufrecht<strong>zu</strong>erhalten sucht,<br />
dabei aber bereit ist <strong>zu</strong> Zugeständnissen. Der ungehinderte Vormarsch der<br />
erstgenannten, die allein die imperialistische Herrschaft <strong>zu</strong> stürzen vermag, bedeutet<br />
jedoch eine ernste Bedrohung für die Absichten der nationalistischen Bourgeoisie;<br />
wohingegen die Partnerschaft mit dem imperialistischen Kapital keine schlechte<br />
Aussicht bietet. Aber die indische Bourgeoisie ist alleine <strong>zu</strong> schwach, um die imperialistische<br />
Regierung <strong>zu</strong>r Beachtung ihrer Forderungen zwingen <strong>zu</strong> können. Sie braucht<br />
die Massen, um ihren Forderungen Nachdruck <strong>zu</strong> verleihen. Sie spielt damit mit dem<br />
410<br />
411<br />
412<br />
413<br />
ebd.; S.105.<br />
ebd.; S.106/107.<br />
ebd.; S.146: "Auf dem Gebiet der praktischen Politik blieb der orthodoxe Nationalismus<br />
ohnmächtig".<br />
Vgl. ebd.; S.159/160, hier S.159.<br />
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