Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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5. Von der allgemeinen Strategie des antikolonialen Befreiungskampfes<br />
<strong>zu</strong>r konkreten politischen Arbeit<br />
Die Kommunistische Internationale hatte sich auf ihrem zweiten <strong>Welt</strong>kongreß für ihre<br />
Orientpolitik hohe und weitreichende Ziele gesetzt. Nun gilt es <strong>zu</strong> untersuchen, ob und<br />
wie diese ganz allgemeine Strategie auf die einzelnen Länder und deren Bewegungen<br />
angewendet und umgesetzt wurde. Schaffte es die KI, anders als die II. Internationale,<br />
auf ihre Worte auch Taten folgen <strong>zu</strong> lassen? Rudolf Hilferding, der Imperialismus-<br />
Theoretiker, mit dem ich mich schon oben befaßt habe, gab auf dem USPD-Parteitag in<br />
Halle 1920 <strong>zu</strong> verstehen, daß er die Orient-Politik der Bolschewiki als "keine<br />
sozialistische Politik im bestimmten Sinne des Wortes" wertete, sondern als<br />
"opportunistische Machtpolitik des Augenblicks". 335 Crispien formulierte noch eine<br />
Spur schärfer, daß die KI "die sozialistische Pflicht <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng nationaler<br />
Befreiungskämpfe fraglos <strong>zu</strong>m Schaden des Kommunismus und Sozialismus<br />
überschritten [hätte]". 336<br />
Schon kurz nach dem zweiten <strong>Welt</strong>kongreß hatte die KI die Chance <strong>zu</strong> zeigen, daß ihr<br />
Antikolonialprogramm nicht bloß leere Worte waren.<br />
5.1. Vom zweiten <strong>zu</strong>m dritten <strong>Welt</strong>kongreß<br />
<strong>Eine</strong> erste Konkretisierung der Leitsätze und Ergän<strong>zu</strong>ngsthesen versuchte W.Wilenski<br />
(Sibirjakow) in einem Artikel über "China und Sowjetrußland". 337 Er ging davon aus,<br />
daß das "russische Proletariat den erwachenden asiatischen Völkern des fernen Ostens<br />
gegenüber nicht nur führend und vorbildlich sein [mußte], sondern auch aktiv helfend<br />
eingreifen, um die begonnene revolutionäre Bewegung im fernen Osten vorwärts <strong>zu</strong><br />
treiben und <strong>zu</strong> beschleunigen." 338<br />
Um dem Chinesischen Volk die Unterschiede zwischen den imperialistischen Staaten<br />
und Sowjetrußland <strong>zu</strong> verdeutlichen, waren die Bolschewiki bereit, auf die<br />
hauptsächlich von Chinesen bewohnten Territorien des alten Zarenreiches <strong>zu</strong> verzichten,<br />
so daß auch dort eine Umset<strong>zu</strong>ng des Selbstbestimmungsrechtes der Völker möglich<br />
wurde. 339 Ziel dieser Aktion war es, so vor allem mit der sich entwickelnden Revolution<br />
in Südchina ein Bündnis <strong>zu</strong> schließen, das dann "der Grundstein <strong>zu</strong> dem Gebäude der<br />
brüderlichen Vereinigung aller Proletarier des fernen Ostens sein [konnte im - KSS]<br />
gemeinsamen Kampfe um die Umgestaltung der heutigen kapitalistischen Gesellschaft<br />
335<br />
336<br />
337<br />
338<br />
339<br />
In: Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages der USPD in Halle; Berlin<br />
1921; S.189.<br />
ebd.; S.88.<br />
Russische Korrespondenz; Nr.13 August 1920, S.474-483.<br />
ebd.; S.474.<br />
"Aufruf der russischen Sowjetregierung an das chinesische Volk und die Regierungen des<br />
südlichen und nördlichen China: [...Die Sowjetregierung] verzichtet auf alle Eroberungen, welche<br />
die zaristische Regierung machte, indem sie China die Mandschurei entriß. Mögen die diese<br />
Gebiete bewohnenden Nationen selbst entscheiden, welchem Staate sie sich anschließen und<br />
welche Regierungsform sie bei sich einführen wollen. Die Sowjetregierung gibt dem chinesischen<br />
Volke ohne jede Entschädigung die chinesische Orientbahn und alle Berkwerk-, Wald- und<br />
Goldgrubenkonzessionen <strong>zu</strong>rück, ... [ebd.; S.481].