Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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exploitation in the colonies, the capitalist powers of Europe cannot maintain their<br />
existence even for a short time." 243<br />
Im weiteren versuchte er, diese These <strong>zu</strong> belegen. So wäre nach seiner Meinung<br />
England schon lange an einer Überproduktionskrise <strong>zu</strong> Grunde gegangen, wenn nicht<br />
die Ausdehnung des Marktes durch die Einbeziehung der Kolonien in den Kapitalismus<br />
diese Gefahr abgewendet hätte. Dem stimmten wahrscheinlich auch Lenin und die<br />
anderen Mitglieder der Kolonialkommission <strong>zu</strong>, doch zogen sie aus dieser Tatsache<br />
nicht so weitreichende Konsequenzen wie Roy. So widersprachen sie seiner These, daß<br />
die Ausbeutung der Kolonien die Hauptquelle des Kapitalismus war und schwächten<br />
diese Passage so ab, daß danach der Kolonialismus, als nur eine Hauptquelle des<br />
modernen Kapitalismus neben vielen anderen, angeprangert wurde.<br />
Ausgehend von dieser These ging Roy im weiteren auf die Auswirkungen des<br />
Kolonialismus auf die kapitalistischen Zentren ein:<br />
"3. Superprofit gained in the colonies is the mainstay of [847/848] modern capitalism,<br />
and so long as it is not deprived of this source of superprofit, it will not be easy for<br />
European working class to overthrow the capitalist order. [...] By exploiting the masses<br />
in the colonies, European imperialism will be in a position to give concession after<br />
concession to the proletariat at home." 244<br />
<strong>Eine</strong> Analyse, die sich als absolut <strong>zu</strong>treffend erwiesen hat. Die kapitalistische<br />
Gesellschaft hat es seit Beginn ihrer Existenz mehr und mehr vermocht, den Arbeitern<br />
eine immer größere soziale und finanzielle Absicherung <strong>zu</strong> geben. Dies war vor allem<br />
durch die enormen Gewinne in den Kolonien und abhängigen Ländern möglich. Die<br />
Höhe der materiellen Versorgung richtete sich dabei auf der einen Seite nach der<br />
Kampfkraft der Werktätigen und ihrer Organisationen, die, von einigen Ausnahmen<br />
abgesehen, nur die Bereicherung der nationalen! Arbeiterklasse im Auge hatten, und auf<br />
der anderen Seite nach den spezifischen nationalen Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Ausbeutung der<br />
Kolonien. Diese Lage änderte sich auch nicht, als die Kolonien in eine scheinbare<br />
Unabhängigkeit entlassen wurden. Ich kann der These von Roy voll <strong>zu</strong>stimmen, denn<br />
für die Arbeiterklasse in den kapitalistischen Zentren gilt nicht mehr der alte Satz von<br />
Karl Marx, nach dem "die Proletarier nichts [in der kommunistischen Revolution - KSS]<br />
<strong>zu</strong> verlieren [haben] als ihre Ketten" 245 , und dies gilt nicht nur für die<br />
"Arbeiteraristokratie".<br />
Aus dieser Analyse zog Roy den Schluß:<br />
243<br />
244<br />
245<br />
ebd.; p.847. Hier nahm die Kolonialkommission starke Änderungen vor: "2. One of the main<br />
sources from which European capitalism draws its strength is to be found in the colonial<br />
possessions and dependencies" [ebd.; p.847]. Der Rest der These zwei ist identisch.<br />
ebd.; p.848/849. In der Version zwei wurde das Ende des letzten zitierten Satzes komplett geändert<br />
und lautete dann: "By exploiting the masses in the colonies, European imperialism will be in a<br />
position to give concession after concession to the labor aristocracy at home. While European<br />
imperialism seeks to lower the standard of living of the home proletariat by bringing into<br />
competition the production of the lower-paid workers in subject countries, ..." [ebd.; p.848]. Der<br />
hier dokumentierte erste Teil des zweiten Satzes fehlte in Version 1 ganz.<br />
MEW; Bd.4, S.493. Vgl. <strong>zu</strong> diesem Komplex: <strong>Schmidt</strong>-<strong>Soltau</strong>, <strong>Kai</strong>; Klassengegensatz verlagert;<br />
in: Marxistische Blätter Nr. 3/92 S.86/87.