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Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

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gemeinsamen Plan vom Proletariat aller Nationen <strong>zu</strong> regelnden <strong>Welt</strong>wirtschaft als Ganzes<br />

[...] ihrer Vollendung entgegengeführt werden muß." 206<br />

Es zeigt sich hier, daß Sowjetrußland kein Staat im klassischen Sinn des Wortes mehr<br />

war oder sein wollte, also ein Gemeinwesen innerhalb festgeschriebener Grenzen, wie<br />

etwa eine Nation, sondern ein Staat neuen Typs, in dem die "Ideologie" nicht an den<br />

Grenzen Halt macht, sondern wo jede Nation mit gleichen ideologischen Zielen diesem<br />

Staat beitreten kann. Lenin versuchte hier einen Weg ausgehend von der Realität seiner<br />

Zeit, also der Existenz nur einiger weniger Sowjetrepubliken, <strong>zu</strong>m <strong>Welt</strong>sozialismus <strong>zu</strong><br />

skizzieren.<br />

In den folgenden Thesen entwickelte Lenin detailliert seine Vorstellungen des Kampfes<br />

für die Befreiung der Kolonien:<br />

"9. [...] Die kommunistischen Parteien müssen nicht nur in ihrer gesamten [135/136]<br />

Propaganda und Agitation [...] die Verlet<strong>zu</strong>ngen der Gleichberechtigung der Nationen<br />

[...] unentwegt anprangern. Notwendig ist auch erstens eine ständige Aufklärung<br />

darüber, daß nur die Sowjetordnung imstande ist, den Nationen wirkliche<br />

Gleichberechtigung <strong>zu</strong> geben [...]; zweitens müssen alle kommunistischen Parteien die<br />

revolutionären Bewegungen in den abhängigen oder nicht gleichberechtigten Nationen<br />

(z.B. in Irland, unter den Negern Amerikas usw.) und in den Kolonien direkt<br />

unterstützen.<br />

10. [... Dabei verlangt] der proletarische Internationalismus: erstens, daß die Interessen<br />

des [136/137] proletarischen Kampfes in jedem einzelnen Lande den Interessen des<br />

proletarischen Kampfes im <strong>Welt</strong>maßstab untergeordnet werden; zweitens, daß die<br />

Nation, die den Sieg über die Bourgeoisie erringt, fähig und bereit ist, die größten<br />

nationalen Opfer für den Sturz des internationalen Kapitals <strong>zu</strong> bringen." 207<br />

Hier wurden sehr weitgehende Forderungen an die kommunistischen Parteien in den<br />

kapitalistischen Zentren gestellt, die in der Diskussion heftigen Widerspruch<br />

hervorriefen. Einige Parteien glaubten, durch die Umset<strong>zu</strong>ng dieser Forderungen den<br />

Kontakt <strong>zu</strong> den sehr nationalistisch gesonnenen Arbeitern ihrer Länder <strong>zu</strong> verlieren.<br />

Diese Vorstellung war und ist in vielen Parteien, die sich selbst kommunistisch nennen,<br />

bis heute dominant. 208 Wenn man Lenins Maßstab der internationalen Solidarität der<br />

206<br />

207<br />

208<br />

ebd.; S.135.<br />

ebd.; S.135-137. Lenin knüpft hier an die Argumentation von Marx und Engels im<br />

Kommunistischen Manifest an: "Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen<br />

proletarischen Parteien nur dadurch, daß sie einerseits in den verschiedenen nationalen Kämpfen<br />

der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten<br />

Proletariats hervorheben und <strong>zu</strong>r Geltung bringen, andrerseits dadurch, daß sie in den<br />

verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie<br />

durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten" [MEW; Bd.4, S.474]. Wenn man an<br />

diesem Maßstab die SPD, oder andere Parteien der zweiten Internationale, mißt, bleibt nur ein<br />

fahler Beigeschmack. In diesen Parteien galt, wie oben gezeigt, die Prämisse, erst den Kampf<br />

gegen die nationale Bourgeoisie <strong>zu</strong> führen und anschließend an den gemeinsamen Kampf <strong>zu</strong><br />

denken.<br />

Vgl. z.B. die Behandlung von Henri Curiel, Mitglied der ersten Stunde der kommunistischen<br />

Bewegung Ägyptens und Gründer der Kommunistischen Partei des Sudans, durch das<br />

"Kolonialbüro" der KPI und der KPF. Der jeweilige Leiter dieser Büros hörte sich "mit mäßigem

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