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Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

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Entwurf wurde den Teilnehmern des zweiten <strong>Welt</strong>kongresses vor dessen Beginn<br />

<strong>zu</strong>gesandt 198 und erschien außerdem noch in der Juni-Nummer der "Kommunistischen<br />

Internationale". 199 Lenin forderte "alle Genossen" auf, <strong>zu</strong> dieser "überaus komplizierten<br />

Frage" "ihre Meinung <strong>zu</strong> äußern oder Korrekturen, Ergän<strong>zu</strong>ngen und konkrete<br />

Erläuterungen" <strong>zu</strong> liefern.<br />

Auch hier sieht man wieder den deutlichen Unterschied <strong>zu</strong>m Stalinismus. Lenins<br />

Überlegungen wurden nicht als letzter Schluß der Wahrheit verkauft, sondern <strong>zu</strong>r<br />

Diskussion gestellt, und gerade die kontroverse Debatte über sie war gewünscht. Später<br />

bei Stalin konnte nach dessen Ausführungen über eine Frage keine Diskussion mehr<br />

kommen, denn er, als der Führer der Partei, hatte immer Recht und somit war jede<br />

Kritik entweder falsch oder eine Aggression gegen den Sozialismus.<br />

Das Leninsche Angebot <strong>zu</strong>r Diskussion wurde von einigen Theoretikern der<br />

kommunistischen Bewegung aufgegriffen, aber auch einfache Parteimitglieder<br />

beteiligten sich an der Debatte. 200 Leider sind diese Beiträge bisher nicht publiziert<br />

worden. 201 An Lenins ursprünglichem Entwurf, auf den ich hier vor allem eingehen<br />

werde, wurden einige eher semantische Korrekturen vorgenommen, die nur, wenn sie<br />

die hier zitierten Passagen betreffen, dokumentiert werden. 202<br />

Lenin begann seine Thesen sehr allgemein und versuchte einleitend, das Erbe der<br />

französischen Revolution, vor allem deren Forderung nach Gleichheit aller Menschen,<br />

in den Kampf für die Aufhebung der Klassen münden <strong>zu</strong> lassen. Damit stellte er die KI,<br />

die ja genau diesen Kampf führen wollte, als Fortführerin und <strong>zu</strong>gleich Vollenderin des<br />

menschlichen Strebens nach Gleicheit überhaupt dar. In These zwei wurde er konkreter:<br />

"2. Die kommunistische Partei [...] darf [...] in der nationalen Frage keine abstrakten und<br />

keine formalen Prinzipien in den Vordergrund rükken, sondern muß ausgehen: erstens<br />

von einer genauen Einschät<strong>zu</strong>ng der konkreten historischen und vor allem der<br />

198<br />

199<br />

200<br />

201<br />

202<br />

mit Vorsicht betrachten muß. Die einzige alternative Ausgabe [Lenin; Sämtliche Werke; Wien<br />

1925-1934] enthält jedoch wesentlich weniger Material und wird auch in der Wissenschaft kaum<br />

mehr verwendet. <strong>Eine</strong> neue historisch-kritische Ausgabe ist leider nicht in Sicht.<br />

Thesen für den Zweiten Kongreß der Kommunistischen Internationale; Petrograd 1920. Diese<br />

Broschüre erschien außerdem in Russisch, Englisch und Französisch.<br />

Kommunistische Internationale; Nr.11 1920, S.21-27.<br />

Vgl. Lenin, V.I.; Collected Works; vol. 31, Note 51, p.555: "Comments on Lenin`s <strong>Dr</strong>aft Theses<br />

were Sent by G.V. Chicherin, N.N. Krestinsky, J.V.Stalin, M.G. Rafes, Y.A. Preoprazhensky,<br />

N.D.Lapinsky, I.Nedelkov, the representatives of Bulgarian communists, as well as by a number of<br />

communist in Bashkiria, Kirghizia, and Turkestan".<br />

Das ist umso bedauerlicher, als sie sehr interessant <strong>zu</strong> sein scheinen. Auf den Dokumenten im<br />

Kominternarchiv sind allem Anschein nach sogar noch die Randbemerkungen Lenins <strong>zu</strong> finden. So<br />

führte Gupta aus: "Going through these comments is quite instructive, particularly for studying how<br />

Lenin, a master theoretician of marxism, reponded to these comments" [Gupta, Sobhanlal Datta;<br />

Comintern, India and the Colonial Question 1920-1927; Calcutta 1980; p.17]. Vgl. auch die<br />

Darstellung einiger Thesen aus diesen Dokumenten: ebd.; p.17-20.<br />

Alan Zink [Vorgeschichte und Entwicklung der politischen Ideen Manabendra Nath Roys 1920-<br />

1927 - Beitrag <strong>zu</strong>r Frühgeschichte des asiatischen Kommunismus; Phil.Diss. München 1974;<br />

S.342-352] bietet eine Gegenüberstellung der beiden Textversionen, also den ursprünglichen<br />

Entwurf [in: LW; Bd.31, S.132-139] und die abschließende Fassung [Der zweite Kongreß 1921;<br />

S.224-232], die dann vom <strong>Welt</strong>kongreß bestätigt wurde. Vgl. auch den Vergleich der Entwürfe von<br />

Roy und Lenin durch: Schreiber, Peter; Nationale Unabhängigkeit und/oder soziale Befreiung?; in:<br />

Marxistische Blätter Nr.4/92, S.33-38.

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