Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

Kolonialfrage" 156 von Lenin, auf den ich später ausführlich eingehen werde. Einige
andere Artikel gehen zwar auf das Thema Kolonialismus ein, bieten aber keine neuen
Erkenntnisse. 157 In der gleichen Nummer erfuhr der Leser aber erstmals etwas über die
Arbeiterbewegung in Australien, darüber, daß "die revolutionäre Situation in Australien
bereits vorhanden [war]" 158 und über eine "Prinzipiendeklaration der Internationalen
Sozialistischen Liga Süd-Afrika". 159 In diesem schon im Januar 1919 verabschiedeten
Dokument hieß es unter anderem: "Die Interessen der Arbeiter sind in allen Ländern
gleich und alle Arbeiter ohne Unterschied der Hautfarbe, der Rasse und der Nationalität
sollen ein gemeinsames Ziel erstreben. Daraus folgt, daß die Arbeiterklasse in Südafrika
die Befreiung nicht erlangen kann, bis sie nicht in ihrer Mitte die Rassenvorurteile und
das feindliche Verhalten zu Personen mit anderer Hautfarbe überwunden hat." 160
"Die unmittelbare Aufgabe der Internationalen sozialistischen Liga ist [180/181]
Aufklärung, Agitation und Organisation der Arbeiter zur bevorstehenden großen Tat,
zur Verwirklichung der Revolution in unserem Lande. Eine der Eigentümlichkeiten der
Kampfbedingungen in Südafrika ist das Vorhandensein einer ungeheuren Menge von
Analphabeten aus der schwarzen Bevölkerung, die jetzt allmählich ihren primitiven
Zustand verläßt und sich zum Teil dank dem System der Lohnarbeit mit den weißen
Arbeitern assimiliert. Die Begeisterung unserer schwarzen Arbeitsgenossen zu erwecken
und zu entzünden, damit sie sich der Verantwortung, die auf sie als einen Truppenteil
des Weltproletariats fällt, bewußt werden, soll unsere besondere Pflicht sein. Wir sollen
die weißen Arbeiter veranlassen, sich zu bemühen, die schwarzen Arbeitsgenossen, die
mit ihnen in einem Unternehmen, in den Gruben, den Fabriken, Werken und
Werkstätten beschäftigt sind, aufzuklären, zu organisieren und sie zur gemeinsamen
Arbeit heranzuziehen, damit die sozialistische Republik Südafrikas durch die völlige
Solidarität aller Arbeiter gegründet werden kann." 161
Man kann diesen Ansatz als mustergültige Umsetzung der später vom zweiten
Weltkongreß verabschiedeten Thesen zur Kolonialfrage bezeichnen. Es wurde vor allem
die Aufklärung der Volksmassen in den Vordergrund gerückt und auf die spezifischen
Probleme in Südafrika reagiert. Diese langfristige Herangehensweise scheint heute in
Südafrika Früchte zu tragen, denn ohne die KP Südafrika geht am Kap nichts mehr,
wenn auch die Phase der Herausbildung von Bewußtsein in den schwarzen
Arbeitermassen unendlich viel länger gedauert hat, als es sich die Delegierten der
Internationalen Sozialistischen Liga Südafrikas 1919 hätten vorstellen können.
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Die Kommunistische Internationale; Nr.11 1920, S.21-27.
Sinowjew, Grigori; Brennende Tagesfragen der internationalen Arbeiterbewegung - Der zweite
Kongreß der Kommunistischen Internationale und seine Aufgaben; in: ebd.; S.28-56; Saboul,
Jacques; Die dritte Internationale; in: ebd.; S.76-80.
R.; Der Bund russischer Arbeiter in Australien; in: ebd.; S.167-171, hier S.170.
ebd.; S.178-181. Vgl. für die Bedeutung dieser Erklärung in der Entstehungsphase der
Arbeiterbewegung in Südafrika: Dokumente zur Geschichte der Südafrikanischen
Kommunistischen Partei 1915-1980; Berlin/DDR 1984; vor allem S.56-93.
Die Kommunistische Internationale; Nr.11 1920, S.179.
ebd.; S.180/181.