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Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

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eigene Ideologie, ihre eigene Religion besitzen oder nicht. Wir sind bereit, mit ihnen gemeinsam<br />

vor<strong>zu</strong>gehen auf der Grundlage des Widerstandes gegen den Imperialismus,<br />

und wenn z.B. ein Aufstand in Vorderindien ausbrechen würde, wäre dies auch für uns<br />

von ungeheurem Wert." 128<br />

Aussagen über den Kolonialismus und über Strategien der KI gegen ihn 129 finden sich<br />

nur im "Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen<br />

<strong>Welt</strong>" 130 , das von Trotzki verfaßt und vorgestellt worden war.<br />

"Die Befreiung der Kolonien ist nur <strong>zu</strong>sammen mit der Befreiung der Metropolen<br />

möglich. Die Arbeiter und Bauern nicht nur von Amman, Algier, Bengalien, sondern<br />

auch von Persien und Armenien erhalten die Möglichkeit einer selbständigen Existenz<br />

erst dann, wenn die Arbeiter Englands und Frankreichs Lloyd George und Clemenceau<br />

gestürzt und die Staatsmacht in ihre Hände genommen haben. [...] Wenn das kapitalistische<br />

Europa die rückständigen <strong>Welt</strong>teile zwangsweise in den kapitalistischen Strudel<br />

hineingezogen hat, so wird das sozialistische Europa den befreiten Kolonien <strong>zu</strong> Hilfe<br />

kommen mit seiner Technik, seiner Organisation, seinem geistigen Einfluß, um deren<br />

Uebergang <strong>zu</strong>r planmäßig organisierten sozialistischen Wirtschaft <strong>zu</strong> erleichtern." 131<br />

Hier schwingt meiner Ansicht nach noch ein Stück Eurozentrismus mit, wenn Trotzki<br />

(das Manifest wurde später einstimmig verabschiedet) hier den Trikont als "rückständig"<br />

einstuft. In be<strong>zu</strong>g auf die Entwicklung des Kapitalismus dort ist die Einschät<strong>zu</strong>ng wohl<br />

angemessen, sie erscheint mir jedoch auch ein Stück weit abqualifizierend. Auch<br />

können, so jedenfalls das Manifest, die Völker des Trikonts sich nicht selbst befreien,<br />

sondern bedürfen der Unterstüt<strong>zu</strong>ng der Völker Europas. Ich denke, daß dieser Beschluß<br />

noch nicht über die Erklärungen der zweiten Internationale <strong>zu</strong>r Kolonialfrage hinausging<br />

und damit keine neue und bessere Strategie für die Bewegungen im Trikont eröffnete.<br />

Rutgers ging da, wie oben gezeigt, einen Schritt weiter.<br />

Die ganze Kolonialdebatte auf dem Gründungskongreß krankte, meiner Ansicht nach,<br />

an der Tatsache, daß durch die revolutionäre Situation in Europa die Teilnehmer nur auf<br />

diese Region fixiert waren und die wichtigen Aspekte der Befreiung der Völker in den<br />

Kolonien und ihre Wirkungen auch auf die Revolution in den Metropolen vernachlässigt<br />

und unterschätzt hatten. Auch das fehlende Eingreifen der Teilnehmer aus den Ländern<br />

des Trikonts verstärkte diese Tendenz. Abschließend stellte sich die KI die Aufgabe,<br />

128<br />

129<br />

130<br />

131<br />

Protokoll 1921; S.95/96.<br />

Sehr intensiv und mit viel Polemik, setzte sich der Kongreß mit der aktuellen Kolonialpolitik der<br />

Sozialistischen Internationale, die ihre erste Nachkriegstagung in Bern abhielt, auseinander. So<br />

war, im Verständnis der KI, wie oben gezeigt wurde, die "falsche" Kolonialpolitik der II.<br />

Internationale eines der Hauptargumente für die Gründung der KI [ebd.; S.163, aber auch<br />

S.157/158].<br />

ebd.; S.171-182. Bezeichnend für den Umgang der real-sozialistischen Staaten mit der Geschichte<br />

ist die Tatsache, daß sowohl in der Sammlung der Dokumente [I. und II. Kongreß der KI 1959;<br />

S.82-93; Parteihochschule Karl Marx beim ZK der SED; Die Kommunistische Internationale -<br />

Auswahl von Dokumenten der Kommunistischen Internationale von der Gründung bis <strong>zu</strong>m VI.<br />

<strong>Welt</strong>kongreß 1917-1927; Berlin/DDR 1955; S.5-52], als auch in der Darstellung [Autorenkollektiv<br />

1970; S.57-71] der Name Trotzkis weder als Autor des Manifests der KI noch als Teilnehmer<br />

überhaupt erwähnt wird. Dies gilt natürlich auch für andere "Unpersonen" wie Sinowjew oder<br />

Münzenberger.<br />

Protokoll 1921; S. 177.<br />

39

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