Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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6. Kurzer Blick auf die weitere Entwicklung<br />
Mir ging es in dieser Untersuchung auf der einen Seite darum deutlich <strong>zu</strong> machen, daß<br />
die KI bis Mitte der zwanziger Jahre, ein genaues Datum läßt sich bei Prozessen selten<br />
festmachen, eine relativ lineare und in sich stringente Entwicklung der linken Kräfte<br />
innerhalb der internationalen revolutionären Bewegung vollzog, und daß es ihr in dieser<br />
Zeit gelang, neue Strategien und Taktiken auf dem Wege <strong>zu</strong>r sozialistischen<br />
<strong>Welt</strong>revolution <strong>zu</strong> erarbeiten, die produktiv an den Theorien von Marx, Engels,<br />
Luxemburg und einigen anderen anknüpften. Auf der anderen Seite wollte ich<br />
verdeutlichen, daß es Alternativen <strong>zu</strong>r "Stalinisierung" der KI gab, die durchaus nicht<br />
den Verrat an den Ideen des Sozialismus <strong>zu</strong>m Ziel hatten, sondern dessen<br />
Verwirklichung. Theorien also, wie die von M.N.Roy, die versuchten, die <strong>Welt</strong> als<br />
ganzes <strong>zu</strong> analysieren, ohne in einen einfachen Schematismus <strong>zu</strong> verfallen, die sowohl<br />
das Allgemeine wie das Besondere der jeweiligen Lage in jedem einzelnen Land <strong>zu</strong><br />
berücksichtigen versuchten. Theorien, an denen eine "Post-Stalinistische Linke"<br />
anknüpfen kann und muß.<br />
Daß diese beiden Linien nicht mehr in einer Bewegung <strong>zu</strong>sammen wirken konnten,<br />
nachdem der "Vereiniger" Lenin gestorben war, erscheint mir nur folgerichtig, daß<br />
jedoch die stalinistische Variante gewann, tragisch.<br />
Ich möchte noch kurz auf die weitere Entwicklung der beiden Linien im Falle Indiens,<br />
KPI auf der einen und Roy auf der anderen Seite, eingehen.<br />
6.1. Die Politik der KI am Beispiel Indien bis <strong>zu</strong>r Erlangung der<br />
Unabhängigkeit<br />
Die indischen Vertreter des sechsten <strong>Welt</strong>kongresses verließen erst Anfang 1929 die<br />
Sowjetunion, nachdem sie einen Schulungsaufenthalt an der Universität der Völker des<br />
Ostens absolviert hatten. Es bot sich ihnen jedoch wenig Gelegenheit, das neu<br />
erworbene Wissen an<strong>zu</strong>wenden, denn im März 1929 wurden in Indien fast sämtliche<br />
kommunistischen Kader verhaftet. 619 Im Januar 1930 wurden 31 von ihnen wegen<br />
revolutionärer Verschwörung <strong>zu</strong> langen Kerkerstrafen verurteilt, sowie die KPI und die<br />
Arbeiter- und Bauernpartei als "Unterorganisationen" der KI verboten. 620 Es gelang den<br />
Angeklagten, es waren in der Mehrzahl Engländer, die von der KI und der KPGB nach<br />
Indien entsandt worden waren, durch geschicktes Taktieren den Prozeß, der sich über<br />
dreieinhalb Jahre hinzog, <strong>zu</strong>m "best instrument of propaganda for the idea of<br />
communism in India" um<strong>zu</strong>widmen. 621 So kamen durch den Abdruck der<br />
Verteidigungsreden in der indischen Presse viele Menschen erstmals mit dem<br />
Kommunismus in Kontakt. Auf der anderen Seite konnten sich die Kommunisten nun<br />
als konsequenteste Gegner der Engländer profilieren, da sie am brutalsten von diesen<br />
drangsaliert wurden. Der Prozeß schuf Märtyrer, und diese erweckten in ganz Indien<br />
619<br />
620<br />
621<br />
Vgl.: Masani, M.R.; The Communist Party of India; London 1954; p.37/38.<br />
ebd.; p.38.<br />
Spratt, Philip; Blowing up India - Reminiscences and Reflections of a Former Comintern Emissary;<br />
Calcutta 1955; p.51. Spratt wurde im Prozeß <strong>zu</strong> fünf Jahren Kerker verurteilt.<br />
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