Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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seine Selbständigkeit aufrechterhalten, von ihrem Recht der freien Kritik Gebrauch machen."<br />
596<br />
Palme Dutt, der neben Roy einer der Hauptvertreter des Entkolonialisierungstheorems<br />
war, erhielt die Gelegenheit, kurz seine Vorstellungen <strong>zu</strong> verteidigen, wobei er jedoch<br />
einige Fehler bei seiner Bewertung der Ökonomie <strong>zu</strong>gab und so einer weiteren Kritik<br />
entging. Er plädierte jedoch auch weiterhin für die Notwendigkeit von Arbeiter- und<br />
Bauernparteien neben den kommunistischen Gruppen. 597 Der Engländer Bennet<br />
versuchte, mit Marx-, Lenin- und Bucharinzitaten die Entkolonialisierungtheorie <strong>zu</strong><br />
untermauern. 598 Dabei bat er Bucharin, in dieser Frage ein Machtwort <strong>zu</strong> sprechen;<br />
jedoch übersah Bennet dabei, daß Bucharin offiziell zwar noch der Leiter der KI war,<br />
aber hinter den Kulissen bereits sein Sturz vorbereitet wurde. 599 Für die Frechheit, seine<br />
als falsch enttarnten Thesen <strong>zu</strong> verteidigen und da<strong>zu</strong> noch die Klassiker des Marxismus<br />
<strong>zu</strong> zitieren, wurde Bennet als "objektiver Verteidiger des Imperialismus"<br />
gebrandmarkt. 600 Die Entkolonialisierungstheorie wurde als "absurde und<br />
unmarxistische Theorie" verworfen. 601 In seinem Schlußwort verwies Kuusinen alle<br />
Teilnehmer an der Diskussion über die Entkolonialisierung auf das russische Beispiel.<br />
Dort hätte sich gezeigt, daß erst durch die Revolution eine industrielle Entwicklung der<br />
asiatischen Regionen möglich geworden wäre. 602 Abschließend erklärte er: "Es ist eine<br />
theoretische Streitfrage, Genossen, ob die kolonialen Revolutionen nur als Hilfskraft der<br />
sozialistischen <strong>Welt</strong>revolution dienen werden oder ob sie Bestandteile davon sind.<br />
Genossen, wichtig ist nur eins, daß sie unsere Verbündeten sein werden, Verbündete in<br />
dem Kampf gegen den Imperialismus und gegen den Kapitalismus." 603<br />
Ich hoffe, gezeigt <strong>zu</strong> haben, daß dies keine rein theoretische Streitfrage, sondern die<br />
Kernfrage einer möglichen Revolution ist. Kuusinen stellte hier die Grundpfeiler, die<br />
die KI in der Zeit zwischen dem ersten und sechsten <strong>Welt</strong>kongreß erarbeitet hatte, in<br />
Frage und knüpfte nach meinem Dafürhalten an den Theorien der II.Internationale an.<br />
Dies spiegelte sich auch in den "Thesen über die revolutionäre Bewegung in den<br />
Kolonien und Halbkolonien" 604 wieder, die einstimmig angenommen wurden. 605<br />
Einleitend wurde dort festgestellt, daß "die ungeheure <strong>Welt</strong> der Kolonien und<br />
Halbkolonien <strong>zu</strong> einem unverlöschlichen Herd der revolutionären Massenbewegung<br />
geworden [war]." 606<br />
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Der VI.<strong>Welt</strong>kongreß 1929; Bd.2, S.115.<br />
Vgl.: ebd.; Bd.2, S.380-384.<br />
Vgl.: ebd.; Bd.2, S.384-387.<br />
Vgl.: Der heiße Herbst 1928 - Über die Stalinisierung der Komintern; in: Watlin 1993; S.173-192.<br />
Schon vor dem Beginn des Kongresses hatte Bucharin bei Stalin seinen Rücktritt vom Amt des<br />
Vorstitzenden der KI eingereicht, jedoch wurde dies von Stalin verweigert [vgl. ebd.; S.173].<br />
Vgl.: Der VI.<strong>Welt</strong>kongreß 1929; Bd.2, S.457.<br />
ebd.; Bd.2, S.499.<br />
Vgl.: ebd.; Bd.2, S.470-483.<br />
ebd.; Bd.2.: S.497.<br />
Vgl.: ebd.; Bd.3 [Thesen, Resolutionen, Programm, Statut], S.154-201.<br />
Vgl.: ebd.; Bd.2, S.610.<br />
ebd.; Bd.3, S.154.