Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

Roy, Borodin und die anderen KI-Vertreter in China erlebten bei ihrer Rückkehr im
September 1927 einen sehr kühlen Empfang. Stalin verweigerte sich jeglicher
Diskussion und sorgte sogar dafür, daß Roy seine Analysen der chinesischen Niederlage
auf dem neunten EKKI-Plenum im Februar 1928 nicht vortragen konnte, obwohl Roy
nominell einen weit höheren Rang als Stalin in der Kommunistischen Weltbewegung
bekleidete. 572 Roy erkannte erst jetzt sehr langsam, daß seine Analysen sowie seine
politischen Positionen unter den neuen Verhältnissen 1927/28 nicht mehr erwünscht
waren. In Gesprächen mit Bucharin, mit dem Roy schon längere Zeit eng befreundet
war, überredete dieser ihn, die Auskurierung eines Ohrenleidens, das Roy sich in China
zugezogen hatte, als Vorwand für das Verlassen der UdSSR und die Rückkehr nach
Mitteleuropa zu nutzen. 573 Seine Reise von Moskau über Berlin nach St. Moritz glich
einer Flucht. Den Aufenthalt in der Schweiz nutzte er zur Abfassung seines China-
Buches 574 , der Trotzki-Broschüre 575 und einiger Artikel für die InPreKorr 576 . Mit der
fehlenden Kritik an der Politik der KI-Führung und Stalin selbst, die sein China-Buch
durchzog, sowie der bösartigen Polemik gegen Trotzki und die linke Opposition in der
KI, wollte Roy wohl eine Harmonisierung seiner Beziehungen zur KI erreichen. Diese
war jedoch weder an seiner Person, noch an seinen Positionen interessiert. Als im
Herbst 1928 der sechste Weltkongreß der KI in Moskau stattfand, wurde Roy, der
nominell neben Bucharin, Crément, Togliatti, Kuusinen, Manuilski, Pjatnizki, Remmele
und Smeral einer der Führer der KI war, nicht mehr eingeladen. Er sollte Moskau nie
wieder sehen.
5.8. Der sechste Weltkongreß der KI
Wenn man die Kolonialdebatten aller Weltkongresse der Kommunistischen
Internationale an ihrem Umfange mißt, dann nimmt der 6.Weltkongreß eine
herausragende Stellung ein. Schon in der Eröffnung wurde der chinesischen Revolution
572
573
574
575
576
Vgl.: Overstreet and Windmiller 1959; p.98. Roy wurde dort ein letztes Mal ins Präsidium des
EKKI gewählt [vgl.: Schumacher 1989; S.284].
Vgl.: Haithcox 1971; p.80-87.
Roy 1930.
Roy 1928.
In der InPreKorr erschienen bis zu Roys Ausschluß aus der KI die Artikel: der V. Parteitag der
Kommunistischen Partei Chinas [Nr.69 8.7.27, S.1478/1479]; Revolution und Konterrevolution in
China [Nr.70 12.7.27, S.1490/1491]; Vor der Rückkehr Tschiang-Kai-Scheks [Nr.91 13.9.27,
S.1980/1981]; Ein historisches Dokument [Nr.104 25.10.27, S.2227]; Britischer Imperialismus und
indischer Nationalismus [Nr.1 3.1.28, S.1-3]; Linke britische Sozialdemokraten als Verteidiger des
Imperialismus [Nr.3 10.1.28, S.55]; Der Panamerikanische Kongreß [Nr.5 17.1.28]; Verfolgung
der Arbeiterbewegung in Indien [Nr.9 27.1.28, S.180/181]; Um die Verfassung Indiens [Nr.88
21.8.28, S.2841-2843]; Der indische Nationalkongreß [Nr.142 21.12.28, S.2841-2843]; Die
Ergebnisse des indischen Nationalkongreß [Nr.4 11.1.29, S.77/78]; Die Gegenrevolution in
Afghanistan und der britische Imperialismus [Nr.7 22.1.29, S.118/119]; Die Konferenz der
Arbeiter- und Bauernpartei Indiens [Nr.10 1.2.29, S.181/182]; Die blutigen Kämpfe in Bombay
[Nr.14 12.2.29, S.261-263]; Die indische Bourgeoisie und die nationale Revolution (I) [Nr.17
22.2.29, S.338/339]; Die indische Bourgeoisie und die nationale Revolution (II) [Nr.18 26.2.29,
S.365/366]; Indische Kommunisten im Wahlkampf [Nr.25 15.3.29, S.545/546].
In der "Kommunistischen Internationale", bei der Roy bis 1928 Redaktionsmitglied war, erschien
der Artikel: Imperialismus und Gegenrevolution in China [Nr.37 1927, S.1797-1804].
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