Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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weil sie in dieser Beziehung nichts oder nur wenig geleistet haben. 500 Aber Genossen,<br />
wenn wir dieser Untätigkeit, diesem Fehlen jeglicher praktischer Initiative von seiten<br />
der nationalen Sektionen in diesen Fragen ein Ende setzen wollen, so müssen wir den<br />
grundlegenden Fehler be- [639/640] seitigen, den man begeht, wenn man diese Thesen<br />
in einer mechanischen Weise liest und auf ihrer mechanischen Anwendung besteht." 501<br />
Deswegen wendete sich Roy auch gegen die schematische Übertragung des russischen<br />
Beispiels auf die Länder des Ostens. So war es seiner Auffassung nach völlig falsch, in<br />
den Ländern Parteien <strong>zu</strong> gründen, die sich nur auf das Proletariat stützen sollten.<br />
Stattdessen sollten Parteien der Arbeiter und Bauern entstehen, die vor allem die<br />
"Bauernmassen, die potentiell der revolutionärste Faktor" waren, <strong>zu</strong>m Kampf gegen den<br />
Imperialismus animieren sollten. 502 Dieses Konzept konnte jedoch nicht auf alle Länder<br />
übertragen werden, sondern für jede der drei Gruppen von Kolonien, die Roy auf dem<br />
vierten <strong>Welt</strong>kongreß analysiert hatte, mußte eine eigene Strategie entwickelt werden.<br />
Dabei könnte es in einigen Ländern sogar sinnvoll sein, mit der national-revolutionären<br />
Bewegung <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>arbeiten, wie es der Resolutionsentwurf des EKKI sogar für alle<br />
Länder gefordert hatte, aber man müßte nach Roy dabei berücksichtigen, daß "die<br />
nationalen Befreiungsbewegungen in den kolonialen und halbkolonialen Ländern nicht<br />
homogen" waren und daß deshalb vor einem Bündnis eine genaue Analyse der<br />
jeweiligen Bewegung <strong>zu</strong> erfolgen hatte. 503 Dieses versuchte er im weiteren am Beispiel<br />
Indien deutlich <strong>zu</strong> machen und wendete sich dabei scharf gegen die Thesen von<br />
Manuilski und des EKKI. Deren Aufforderung, auch in Indien mit der nationalen<br />
Bourgeoisie <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>arbeiten, sei "eine wahrhaft lächerliche Stellungnahme", weil<br />
diese schon längst ins Lager des Imperialismus übergewechselt war, wie Roy es seit<br />
1920 prophezeit hatte. 504 Diese These versuchte er auch mit dem Beispiel Ägypten <strong>zu</strong><br />
belegen, wo die nationale Bourgeoisie eine "Scheinunabhängigkeit" erkämpft hatte. 505<br />
Aber statt die roten Fahnen über den Pyramiden <strong>zu</strong> hissen, wie es der Vertreter der<br />
revolutionären Bewegung auf dem vierten <strong>Welt</strong>kongreß "angekündigt" hatte, war die<br />
gesamte kommunistische Bewegung verhaftet und ins Gefängnis gesperrt worden.<br />
500<br />
501<br />
502<br />
503<br />
504<br />
505<br />
Vgl.: Roys eigene Rede über die "sozialimperialistische Politik der Kommunisten in Groß-<br />
Britannien" [ebd.; S.149-152]. Aber auch die Reden von Ho Chi-Minh [dort unter dem Tarnnamen<br />
Nguyan Ai Quak] auf dem Kongreß [ebd.; S.237/238, S.685-689]. Dort attestierte er der<br />
französischen Partei, deren Mitglied er war und von der er <strong>zu</strong>m Kongreß delegiert worden war:<br />
"Ihr werdet mir meine Offenheit verzeihen müssen, aber ich kann nicht umhin, <strong>zu</strong> erklären, daß die<br />
Reden der Genossen aus den Mutterländern auf mich den Eindruck machen, daß sie eine Schlange<br />
töten wollen, indem sie ihr auf den Schwanz treten. Denn ihr wißt alle, daß heute das Gift und die<br />
Lebenskraft der kapitalistischen Schlangen mehr in den Kolonien als in den Mutterländern<br />
konzentriert sind" [ebd.; S.237]. Vgl. auch Ho Chi Minhs andere Kritiken an der Politik der KPF<br />
in: Ho Chi Minh; Reden und Schriften; Leipzig 1980; S.25-50; ders.; On Lenin and Leninism;<br />
Moskau 1971; p.5-38. Ho Chi Minh genoß eine sehr hohe Wertschät<strong>zu</strong>ng in den Augen Roys [vgl.;<br />
Roy 1968; p.137-146].<br />
Der V.Kongreß 1925; S.639/640.<br />
ebd.; S.640.<br />
Vgl.: ebd.; S.641.<br />
ebd.; S.645.<br />
ebd.; S.649.