Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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der nationalen Revolution in einer demokratischen Partei organisiert werden können,<br />
das ist das dringendste Problem, vor das sich die indischen Revolutionäre gestellt sehen.<br />
Das Proletariat als revolutionärer Vortrupp muß bei der Lösung der Probleme mithelfen.<br />
Die Hegemonie des Proletariats im Kampfe für die nationale Befreiung muß so ausgeübt<br />
werden, daß die vollste Entfaltung aller Energien seitens der Streitkräfte der nationalen<br />
Revolution dadurch nicht begrenzt, sondern intensiver gestaltet wird. Das wird durch<br />
die Volkspartei gelingen, wie in den folgenden Seiten dargelegt ist." 469<br />
Er ging also auch in diesem Werk davon aus, daß es noch keine revolutionäre<br />
Organisation in Indien gab, und sprach damit dem indischen Nationalkongreß erneut<br />
jede revolutionäre Funktion im Kampf um die Selbständigkeit ab. Neu war jedoch der<br />
Gedanke an eine antiimperialistischen Volkspartei, auch wenn er Grundzüge einer<br />
solchen Orientierung bereits in seinen Ergän<strong>zu</strong>ngsthesen formuliert hatte. 470 Diese<br />
Partei sollte alle Kräfte auffangen und sammeln, die durch die <strong>zu</strong>nehmend reaktionäre<br />
Politik des Nationalkongresses 471 auf die Suche nach einer neuen politischen Heimat<br />
gegangen waren. Dies erklärt auch den ausdrücklichen Be<strong>zu</strong>g Roys auf die Kleinbürger<br />
(Händler etc.), da diese die Hauptklientel des indischen Nationalkongresses waren und<br />
durch die Konflikte zwischen heimischer und englischer Bourgeoisie besonders<br />
gebeutelt wurden. 472 Die Gründung einer reinen Arbeiterpartei, die Roy auch nach dem<br />
Scheitern des ersten revolutionären Versuches 1920/21 als Vorausset<strong>zu</strong>ng für<br />
gesellschaftliche Veränderungen in Indien angesehen hatte, war, wie oben gezeigt,<br />
gescheitert. Roy gestand diesen Fehler ein und kam selbstkritisch <strong>zu</strong> dem Schluß: "Von<br />
verschiedenen Seiten wird der Vorschlag der Organisation einer Arbeiterpartei<br />
gemacht. Tatsächlich sind Versuche gemacht worden, eine indische Arbeiterpartei <strong>zu</strong><br />
organisieren. All diese Versuche sind bisher mißlungen. Wie leicht <strong>zu</strong> erkennen ist, ist<br />
dieser Vorschlag nicht das Ergebnis eines eingehenden Studiums der Situation. Er ist<br />
den indischen Verhältnissen absolut nicht angepaßt." 473<br />
"Die Bedingungen für die Entwicklung einer Arbeiterpartei existieren in Indien nicht.<br />
[...] So würde in Indien unter den gegenwärtigen Bedingungen eine Arbeiterpartei eine<br />
künstlich gehegte Treibhauspflanze darstellen." 474<br />
Roy zog also einen radikalen Schlußstrich unter seine bisherigen Bemühungen <strong>zu</strong>r<br />
Gründung einer breiten Arbeiterpartei. Zwar war er immer noch für die Gründung einer<br />
469<br />
470<br />
471<br />
472<br />
473<br />
474<br />
Roy 1927; S.5/6.<br />
Vgl. These 9: "Auf der ersten Stufe ihrer Entwicklung muß die Revolution in den Kolonien nach<br />
dem Programm rein kleinbürgerlicher reformistischer Forderungen, wie Aufteilung des Landes<br />
usw., durchgeführt werden" [Der zweite Kongreß 1921; S.149].<br />
Roy versuchte diese Erkenntnis, die er schon 1920 entwickelt hatte, auch in diesem Buch den<br />
Lesern näher<strong>zu</strong>bringen. So schilderte er in aller Ausführlichkeit [Roy 1927; S.47-97] sämtliche<br />
Diskussionen und Differenzen im Nationalkongreß, um diesen <strong>zu</strong> desavouieren und als<br />
Debattierclub lächerlich <strong>zu</strong> machen, sowie das Bemühen der britischen Regierung <strong>zu</strong> einem<br />
Kompromiß mit der national-revolutionären Bewegung [ebd.; S.7-46]. Ob es ihm so gelang, die<br />
Leser davon <strong>zu</strong> überzeugen, daß "in der Praxis der Block der Bourgeoisie eine Einheitsfront mit<br />
den imperialistischen Hütern der Gesetzlichkeit <strong>zu</strong> schaffen und das Land gegen jede mögliche<br />
Revolution <strong>zu</strong> sichern [versucht]" [ebd.; S.98], darf angezweifelt werden.<br />
Vgl.: ebd.; S.98-110.<br />
ebd.; S.110.<br />
ebd.; S.111.