Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau

antiimperialistische Einheitsfront an, wollte diese aber mit anderen Inhalten füllen.
Sollten nach dem Willen der KI-Mehrheit dort alle Kräfte, die gegen die
Kolonialherrschaft kämpfen wollten, gebündelt werden, so orientierte Roy auf eine
nicht-bürgerliche Volkspartei, die, unter kommunistischer Führung, die Massen mehr
und mehr in die Auseinandersetzungen involvieren sollte, um so die bürgerlichen
Kräften aus der Politik zu verdrängen. Als Ziel sah er dabei den Aufbau einer
kommunistischen Partei, die Indien erst zur Unabhängigkeit und dann anschließend zum
Sozialismus führen sollte. Diese neue Strategie zog sich wie ein roter Faden durch alle
seine Artikel dieser Jahre und fand ihre engültige ideologische Manifestierung in seinem
1926 erschienenen Buch "The Future of Indian Politics". 466
Zink kommt zu dem Ergebnis, daß vor allem das Erscheinen des Buches "Modern India"
von Rajani Palme Dutt 467 , einem führenden Mitglied der KPGB, Roy zu der
Zusammenfassung seiner Thesen motiviert hatte, um so den an der indischen Revolution
Interessierten eine Gegenposition zu Dutts Thesen nahe zubringen. 468
Ähnlich wie in Roys Buch "Indien" kam auch hier der Einleitung eine zentrale Rolle zu,
denn sie nahm die zentralen Gedanken, die anschließend entwickelt wurden, vorweg.
"Dieses Buch legt die historische Notwendigkeit einer Volkspartei für Indien dar. Die
Frage einer Partei des Proletariats wird absichtlich nicht berührt. Die Rolle des
Proletariats im Kampf für die nationale Befreiung und Demokratisierung des Landes
wird nur in großen Zügen gestreift. Die politische Organisation des Proletariats, ihre
Struktur und ihr Programm gehören nicht in den Rahmen dieses Buches. Das Proletariat
wird als Bestandteil der nationalistischen Streitkräfte betrachtet. Durch die
Nichteinbeziehung dieser Frage soll die Bedeutung der Partei nicht im geringsten
herabgesetzt werden, noch ist die Volkspartei als Ersatz für die Partei des Proleatriats
gedacht. Dieses Buch verfolgt den Zweck, einen Weg zu den revolutionären
nationalistischen Kräften zu zeigen, die Ursachen des Niedergangs des bürgerlichen
Nationalismus aufzudecken, die kompromisselnde Tendenz bloßzulegen, die sich hinter
dem Wortradikalismus der oberen Bourgeoisie verbirgt, die historische Notwendigkeit
des Freiheitskampfes zu erläutern und in großen Zügen das Programm und die
organisatorische Form zu entwickeln, die der Kampf in seiner künftigen Phase
voraussichtlich annehmen wird. Wenngleich das Proletariat bestimmt ist, im Kampfe für
die nationale Befreiung als Hebel zu dienen, so gibt es doch noch andere soziale [5/6]
Schichten, die weit zahlreicher sind als das Proletariat und deren Bedeutung im Kampfe
für demokratische nationale Freiheit nicht verkannt werden darf. Die politische Zukunft
Indiens wird auch noch weiterhin bestimmt werden durch die Interessen dieser Klassen -
der Intellektuellen, Handwerker, Kleinhändler und der Bauernschaft. Wie diese Kräfte
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Roy, M.N.; The Future of Indian Politics; London [fiktiv] 1926; in: Roy 1988; p.451-532. Die
deutsche Ausgabe [Indiens politische Zukunft] erschien [Hamburg] 1927.
Dutt, R.Palme; Modern India; London 1926. Dort kam er zu der Auffassung, "daß der Kampf um
die nationale Befreiung ein Kampf vieler sozialer Schichten ist - der Arbeiter, der Bauern, der
unteren Mittelklasse, der Intelligenz und sogar eines Teils der Bourgeoisie" [ebd.; p.129; zitiert
nach: Zink 1974; S.312 - da das Orginal nicht auffindbar war]. Vgl. auch: Dutt, R.Palme; Indien
heute; Berlin/DDR 1951; und: ders.; The Crisis of Britain and the British Empire; London 1953.
Zink 1974; S.312.
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