Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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Der vierte <strong>Welt</strong>kongreß teilte also die Analyse der Gesellschaften Asiens, die Roy entwickelt<br />
hatte, und schloß sich auch dessen Charakterisierung der nationalen Bourgeoisien an. 456 Die<br />
Kommunisten dieser Länder sollten neben dem Kampf gegen Dogmatismus, Dilettantismus<br />
und Sektiererei in den eigenen Reihen 457 ihr Hauptaugenmerk auf die Agrarfrage richten,<br />
denn "in den meisten Ländern des Ostens (Indien, Persien, Ägypten, Syrien und<br />
Mesopotamien) ist die Agrarfrage im Kampfe für die Befreiung vom Joch des Despotismus<br />
der Großmächte von hervorragender Bedeutung." 458<br />
Ein erster Schritt auf dem Weg <strong>zu</strong>r weltumspannenden Sowjetrepublik, die den<br />
Kolonialländern die Möglichkeit bieten sollte, unter Umgehung des Kapitalismus den<br />
Sozialismus <strong>zu</strong> erreichen 459 , war die Schaffung von "anti-imperialistischen<br />
Einheitsfronten" 460 , in denen dann die Kommunisten nach und nach eine dominierende<br />
Stellung erkämpfen sollten. 461 Diese Einheitsfronten sollten <strong>zu</strong>erst jedoch die Interessen<br />
aller Bevölkerungsteile repräsentieren und auch die nationalen Bourgeoisien einbinden.<br />
Die Kommunisten sollten dort, wo es bereits Bündnisse dieser Art gab wie in Indien<br />
oder China, in diese Bündnisse gehen und dort für ihre Ziele arbeiten. Dabei wollte die<br />
KI ihnen alle nur mögliche Unterstüt<strong>zu</strong>ng gewähren: "Die außerordentliche Bedeutung<br />
der kolonialen Revolutionsbewegungen für die internationale proletarische Revolution<br />
macht es notwendig, daß die Arbeit in den Kolonien gesteigert wird, vor allem seitens<br />
der kommunistischen Parteien der imperialistischen Mächte." 462<br />
Abschließend kann man sagen, daß es der vierte <strong>Welt</strong>kongreß der KI verstanden hat, die<br />
Veränderungen, die sich in Asien nach dem Ende des I.<strong>Welt</strong>krieges bis 1922/23<br />
vollzogen hatten, <strong>zu</strong> analysieren und auf sie <strong>zu</strong> reagieren. In der neu entwickelten<br />
Strategie wurde versucht, aus den Fehlern der ersten revolutionären Versuche <strong>zu</strong> lernen<br />
und auf ihnen auf<strong>zu</strong>bauen. Dabei kam es in fast allen Punkten <strong>zu</strong> einer Annäherung der<br />
KI-Mehrheit an die Royschen Theoreme. Einzig die unterschiedliche Auffassung über<br />
die Arbeit in und die Stellung der Kommunisten <strong>zu</strong> den bereits existierenden nationalrevolutionären<br />
Bündnissen trennte die beiden Linien.<br />
Die auf dem IV.<strong>Welt</strong>kongreß entwickelten Orientthesen waren für das Denken der Mehrheit<br />
der Kommunisten bis <strong>zu</strong>m VI.<strong>Welt</strong>kongreß dominierend. So folgten z.B. alle Aussagen<br />
Stalins bis <strong>zu</strong>m Beginn der Chinadebatte 1925 diesen Thesen fast wortgetreu. 463<br />
456<br />
457<br />
458<br />
459<br />
460<br />
461<br />
462<br />
463<br />
"Daher erweisen sich die herrschenden Klassen der Kolonial- und Halbkolonialvölker als unfähig<br />
und abgeneigt, den Kampf gegen den Imperialismus <strong>zu</strong> führen, soweit dieser Kampf die Form einer<br />
revolutionären Massenbewegung annimmt. Nur dort, wo die feudal-patriarchalischen Verhältnisse<br />
noch nicht genügend zersetzt sind, um die ein- [1035/1036] heimische Aristokratie von den<br />
Volksmassen vollkommen <strong>zu</strong> trennen, wie beispielsweise bei den Nomaden und Halbnomaden,<br />
können die Vertreter dieser Oberschichten als aktive Führer im Kampf gegen die imperialistische<br />
Gewaltpolitik auftreten (Mesopotamien, Mongolei)" [ebd.; S.1035/1036].<br />
Vgl.: ebd.; S.1038.<br />
ebd.; S.1036. "Die revolutionäre Bewegung in den rückständigen Ländern des Ostens kann nicht<br />
erfolgreich sein, wenn sie sich nicht auf die Aktionen der breiten Bauernmassen stützt" [ebd.;<br />
S.1037].<br />
Vgl.: ebd.; S.1039.<br />
Vgl.: ebd.; S.1040.<br />
Vgl.: ebd.; S.1041.<br />
ebd.; S.1043.<br />
Vgl.: Stalin Werke; Bd.6, S.125-128; Bd.7, S.91-94, S.124-129.<br />
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