Eine Welt zu gewinnen! - Dr. Kai Schmidt-Soltau
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Großteil der Differenzen zwischen Lenin und Roy. Während Lenin sein Augenmerk vor<br />
allem auf die Länder der zweiten und dritten Kategorie gerichtet hatte, bezog sich Roy<br />
fast ausschließlich auf Indien, das sich von den anderen in vielen Punkten unterschied.<br />
Im weiteren versuchte Roy seine Hauptthese, daß die nationale Bourgeoisie im Lager<br />
des Imperialismus stand, oder sich diesem mehr und mehr annäherte, anhand der<br />
Entwicklungen zwischen 1920 und 1922 deutlich <strong>zu</strong> machen. 438 Dabei stellte er fest:<br />
"Die Bourgeoisie wird <strong>zu</strong> einem revolutionären Faktor, wenn sie den Aufruhr gegen<br />
rückständige überlebte Gesellschaftsordnungen richtet, d.h. wenn der Kampf im Grunde<br />
gegen die Feudalordnung gerichtet ist und die Bourgeoisie dabei das Volk führt. Dann<br />
ist die Bourgeoisie die Vorhut der Revolution. Aber von der neuen Bourgeoisie der<br />
Orientländer oder von ihrem größten Teil kann man dies nicht behaupten." 439<br />
Seiner Ansicht nach zerfiel die Bourgeoisie in zwei Gruppen. <strong>Eine</strong> Gruppe, die direkt<br />
<strong>zu</strong>m Imperialismus überlief, und eine andere Gruppe, <strong>zu</strong>meist die Kleinbourgeoisie, die<br />
unentschlossen und abwartend den Veränderungen entgegen blickte. 440 Diesem<br />
Umstand und der Tatsache, daß die Bauern und Arbeiter durch die doppelte<br />
Unterdrückung noch nicht in der Lage waren, ihr Schicksal in die eigene Hand <strong>zu</strong><br />
nehmen, hatte auch die revolutionäre Bewegung Rechnung <strong>zu</strong> tragen.<br />
"... wir besitzen in fast allen orientalischen Ländern kommunistische Parteien, politische<br />
Massenparteien. Wir wissen, daß diese kommunistischen Parteien in den meisten dieser<br />
Länder nicht eigentliche kommunistische Parteien im westlichen Sinne des Wortes<br />
genannt werden können, aber ihr Dasein beweist, daß soziale Faktoren dort politische<br />
Parteien erfordern, nicht bürgerliche Parteien, sondern politische Parteien, die die<br />
Forderungen, Interessen und Aspirationen der Volksmassen, der Bauern und Arbeiter<br />
ausdrücken und widerspiegeln und die Sorte des Nationalismus ersetzen, der nur für die<br />
ökonomische Entwicklung und die politische Verstärkung der einheimischen<br />
Bourgeoisie kämpft. [...] Wir sehen, daß diese kommunistischen Parteien notwendig<br />
sind, wenngleich sie augenblicklich weiter nichts als Zellen sind, und daß sie bestimmt<br />
sind, eine große Rolle <strong>zu</strong> spielen, da sie die Führerschaft in dem nationalen<br />
Revolutionskampf übernehmen werden, wenn er von der Bourgeoisie verlassen und<br />
verraten werden wird. Sie werden fähig sein, den Kampf um die Befreiung vom<br />
Imperialismus fort<strong>zu</strong>setzen. Sie allein werden in der Lage sein, den Kolonialvölkern und<br />
den unterdrückten Nationalitäten <strong>zu</strong> völliger politischer und ökonomischer<br />
Unabhängigkeit <strong>zu</strong> verhelfen." 441<br />
Hier deutet sich die Abkehr Roys von seinen euphorischen Vorstellungen an. Er<br />
erkannte, daß die "Massen" sich noch lange nicht von der nationalistischen Bewegung<br />
abgewendet hatten, sondern daß die Beschleunigung dieses Prozesses die Hauptaufgabe<br />
der Kommunisten in den Ländern Asiens sein würde. Dabei sollten sich die<br />
kommunistischen Parteien zwar vor allem auf die Arbeiter und Bauern stützen 442 , aber<br />
438<br />
439<br />
440<br />
441<br />
442<br />
Vgl.: ebd.; S.592-593.<br />
ebd.; S.594.<br />
Vgl.: ebd.; S.595.<br />
ebd.; S.596.<br />
"Diese Parteien [die kommunistischen - KSS] sind für die Aufgabe [die Revolution - KSS]<br />
geschichtlich bestimmt und sozial befähigt, da sie sich auf die objektiv revolutionärsten Faktoren,