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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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II.4 <strong>Rezeption</strong> <strong>als</strong> bipartites Netzwerk 49<br />

II.4 <strong>Rezeption</strong> <strong>als</strong> bipartites Netzwerk<br />

Stars <strong>und</strong> der lange Schweif der Fragwürdigkeit im CENSUS<br />

Unter den derzeit 44 definierten Relationen des CENSUS nimmt der <strong>Rezeption</strong>slink<br />

zwischen Dokument <strong>und</strong> Monument eine zentrale Rolle ein. Alle anderen<br />

Informationen des CENSUS dienen in erster Linie der Rekonstruktion dieser<br />

Beziehung. Sek<strong>und</strong>är lassen sich selbstverständlich jedoch auch aus der <strong>Rezeption</strong><br />

selbst Aussagen zu allen anderen Dimensionen des CENSUS ableiten. Es handelt<br />

sich um ein dynamisches System, das auf den zweiten Blick wesentlich interessanter<br />

<strong>und</strong> ertragreicher ist, <strong>als</strong> man vermuten würde. Dies wird besonders deutlich,<br />

wenn man den Blick von der Einzelbetrachtung zu einer Gesamtschau der vorhandenen<br />

Daten erweitert.<br />

Im CENSUS waren zum Zeitpunkt der Analyse über 35.000 <strong>Rezeption</strong>slinks zwischen<br />

23.777 Dokument- <strong>und</strong> 11.230 Monumentrecords hinterlegt. Zusammengenommen<br />

ergibt sich daraus ein so genanntes bipartites Netzwerk, das aus zwei<br />

Knotenarten (Monumente <strong>und</strong> Dokumente) sowie einer einzigen Linkart besteht.<br />

Auf beiden Seiten der Relation gibt es sehr wenige Einträge, mit einer extrem<br />

überdurchschnilichen Anzahl von Links. Sie stehen jeweils sehr vielen Einträgen<br />

mit einer eher unterdurchschnilichen Anzahl gegenüber. Es gibt <strong>als</strong>o genauso<br />

superdokumentierte Monumente wie supermonumentreiche Dokumente. Die<br />

Anzahl der Links folgt auf beiden Seiten einem so genannten power law, d.h. die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass ein Eintrag eine Bestimmte Anzahl von Links oder mehr<br />

besitzt fällt sehr steil (logarithmisch) ab.<br />

Aus dieser Verteilung folgt, dass das bipartite Netzwerk der <strong>Rezeption</strong> stetig<br />

wächst, selbstorganisierend ist, nicht vom Zufall regiert wird <strong>und</strong> in seinen Teilen<br />

auch Selbstähnlichkeit offenbart (siehe genauer Abschni V.1).<br />

Es handelt sich, wie etwa auch beim world wide web, um ein reales komplexes<br />

Netzwerk im Sinne der diskreten Mathematik. Die Ähnlichkeit zu zahlreichen anderen<br />

Netzwerken gibt einen Hinweis darauf, dass das inhaltliche Gewicht mancher<br />

Einträge nicht in erster Linie, wie o vermutet von bestimmten Vorlieben<br />

des CENSUS-Projekts abhängt, sondern dass es sich bei dem Phänomen um einen<br />

natürlichen Umstand handelt.<br />

Die folgenden Ausführungen über die <strong>Rezeption</strong> bilden gleichzeitig den Nachweis<br />

der Legitimität, den CENSUS <strong>als</strong> komplexes Netzwerk zu sehen.<br />

Zum Beleg wird exemplarisch eine Eigenscha herausgegriffen, die in der Mathematik<br />

der komplexen Netzwerke vor allem in den letzten Jahren eine bevorzugte<br />

Rolle einnimmt: die so genannte Gradverteilung (degree distribution), die Verteilung<br />

von Kanten oder Links an den einzelnen Knoten.<br />

Abb. 15 zeigt einige Monument– <strong>und</strong> Dokument–Records, verb<strong>und</strong>en durch den<br />

zugehörigen <strong>Rezeption</strong>slink. Die antiken Monumente erscheinen <strong>als</strong> blaue Knoten,<br />

die Renaissancedokumente in rot.

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