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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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330<br />

a1.3 Titusthermen<br />

Von den Titusthermen wissen wir fast nichts. 93 Der einzige physikalische Rest,<br />

der sich mit der Anlage in Verbindung bringen lässt, befindet sich im Bereich<br />

zwischen den Trajansthermen, der Domus Aurea <strong>und</strong> dem Colosseum. Die Reste<br />

enthalten eine Nische, die in der vollen Breite von so genannten tubuli, <strong>als</strong>o Hohlziegeln<br />

zum Zwecke der Wandheizung, durchsetzt ist. Sie gehören deshalb wahrscheinlich<br />

zu einer Therme. Im Oktober 2005 konnte der Verfasser einen großen<br />

Teil der fraglichen Ruine auf Veduten der Traiansthermen identifizieren. 94 Das<br />

entsprechende Ergebnis ist noch nicht in die THERMAE-Datenmenge eingearbeitet<br />

(siehe hierzu genauer Appendix 1.1 Anm. 35).<br />

Aus den Schriquellen lässt sich entnehmen, dass sich auf dem Esquilin mehrere<br />

Thermenanlagen bef<strong>und</strong>en haben. 95 Vom Colosseum aus gesehen, waren dies<br />

zunächst die Titus- <strong>und</strong> Vespasiansthermen sowie darauf folgend die Trajansthermen.<br />

Mit den Benennungen wurde durch die Zeit in beliebiger Form jongliert. Nahm<br />

man zum Beispiel an, die Capocce seien die Titusthermen, so konnten die oben<br />

genannten Reste <strong>als</strong> Vespasiansthermen gelten, die Trajansthermen wurden kurzerhand<br />

nördlich der Capocce bei der heutigen Kirche San Martino eingezeichnet.<br />

Heute wissen wir, dass die Capocce <strong>als</strong> Trajansthermen zu identifizieren sind. Im<br />

Bereich von San Martino befand sich ein anderes Gebäude – die so genannte<br />

Porticus Livia, die auf der Forma Urbis Marmorea sogar mit Namen bezeichnet ist. 96<br />

Das verhängnisvolle sopra, das man von den Kirchenführern diverser Pilgergruppen<br />

auch heute noch gerne hört, bezieht sich nicht darauf, dass San Martino über<br />

den F<strong>und</strong>amenten der Trajansthermen erbaut worden ist, sondern auf dem Hügel<br />

überhalb derselben.<br />

Die Titus- <strong>und</strong> Vespasiansthermen waren daher eher, wie bereits o vermutet, eine<br />

einzige Anlage <strong>und</strong> befanden sich am wahrscheinlichsten tatsächlich im Bereich<br />

der ergrabenen Reste.<br />

Die Rekonstruktion der Titusthermen von Andrea Palladio ist vermutlich höchst<br />

hypothetisch. 97 Seine beiden Varianten variieren im Detail erheblich. 98<br />

Auf den zahlreichen Ansichten <strong>und</strong> Veduten, die den Bereich zeigen, lassen sich<br />

außerdem keine vergleichbaren Strukturen nachweisen. Nur einige Stadtansichten<br />

zeigen eine Ruine im fraglichen Bereich. An erster Stelle ist hier Dosios Stadtansicht<br />

zu nennen, die sich im Palladio-Material des R.I.B.A. befindet. 99<br />

Da sich Palladios Rekonstruktion genauso wenig f<strong>als</strong>ifizieren wie verifizieren<br />

lässt, ist aufgr<strong>und</strong> seiner anderenorts gewählten Freiheiten absolute Vorsicht<br />

geboten.<br />

Es ist gut möglich, dass der Künstler sein allgemeines Wissen über die Thermen<br />

mit den geographischen Gegebenheiten, <strong>und</strong> den Raumproportionen der Domus<br />

Aurea kombinierte, um dann das zu erschaffen was Joseph Forsyth a creation of his<br />

own genannt hat. 100<br />

In der modernen Archäologie wird der Gr<strong>und</strong>riss Palladios wiederholt ungeprü<br />

<strong>als</strong> antik beschrieben <strong>und</strong> bewertet. 101 Da es sich um eine vermeintlich frühkaiserzeitliche<br />

Anlage handelt, ist dies besonders prekär. Die vermeintliche Einführung<br />

der Achsensymetrie sowie die kreuzgratgewölbte zentrale Halle in die Thermenarchitektur<br />

lassen sich auf dieser Gr<strong>und</strong>lage nicht ohne weiteres nachvollziehen.

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