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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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VI. Synopsis<br />

nicht angeben. Dennoch konnten im Laufe der Arbeit einige wichtige Eigenschaften<br />

der <strong>Tradierung</strong> ans Licht gebracht werden:<br />

Erstens sind die belegbaren <strong>Tradierung</strong>skeen, wie in Abschni 2.5 beschrieben,<br />

in der Regel wesentlich länger <strong>als</strong> die explizit vorhandenen Zitatekeen. Die<br />

visuellen Gr<strong>und</strong>lagen archäologischer Darstellungen reichen zumeist nicht nur in<br />

die „Anfangszeit“ der Klassischen Archäologie, <strong>als</strong>o ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück,<br />

sondern in der Regel mehrere Jahrh<strong>und</strong>erte weiter.<br />

Ein zweiter Effekt der <strong>Tradierung</strong>, der sich in der gesamten THERMAE-Datenmenge<br />

feststellen lässt, ist die Zunahme der Prägnanz: Kopierfehler sowie die<br />

Veränderung des Geschmacks führen im Laufe der <strong>Tradierung</strong> zu erheblichem<br />

Verlust von Detailinformation – ein Effekt, der im Rahmen der Einführung neuer<br />

Darstellungstechniken besonders stark zu beobachten ist. 13<br />

Eine weitere, sehr überraschende Eigenscha der <strong>Tradierung</strong> betri erneut die<br />

bereits im Rahmen der <strong>Rezeption</strong> erwähnten Montagen. Hierzu lässt sich feststellen,<br />

dass es offenbar durch alle Zeiten eine Kultur des fragmentarischen Zitats<br />

(sample) sowie damit verb<strong>und</strong>en der verschmelzenden Montage (remix oder mashup)<br />

gegeben hat.<br />

Es lässt sich zwar diesbezüglich keine stichhaltige zusammenhängende <strong>Tradierung</strong>skee<br />

im untersuchten Material nachweisen, dennoch gibt es zahlreiche<br />

Indizien dafür, dass das wiederholte Fragmentieren <strong>und</strong> Wiederzusammenbauen<br />

ein <strong>und</strong> desselben Materi<strong>als</strong> bereits seit langem praktiziert wird:<br />

Archäologische Monumente werden zunächst in kleinen Detailbereichen dokumentiert<br />

<strong>und</strong> darauf folgend in mehreren Schrien zu einer Gesamtrekonstruktion<br />

verb<strong>und</strong>en. Diese wird darauin beispielsweise zum besseren Transport in<br />

mehrere mielgrosse Teile zerlegt 14 <strong>und</strong> eventuell in Kombination mit anderen<br />

Quellen erneut zusammengefügt. 15 Einzeldeteils von Gesamtbildern dieser Stufe<br />

werden darauin erneut im Detail zitiert <strong>und</strong> in grössere Zusammenhänge eingefügt.<br />

Das Resultat ist eine unendliche Kee von sample <strong>und</strong> remix.<br />

Da das Netz der <strong>Tradierung</strong> in dieser o nur impliziten Form vor allem in den<br />

Abbildungen der wissenschalichen Literatur auch heute noch weitergestrickt<br />

wird, ist eine Trennung der alten Quellen von der modernen Wissenscha nicht<br />

sinnvoll. Der Übergang zur Realität der wissenschalichen Zitate ist fließend.<br />

Abschliessend bleibt Anzumerken, dass alle genannten Erkenntnisbereiche (diachron,<br />

synchron, achron) zu <strong>Rezeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> von rekursiver Art sind, das<br />

heisst sie werden nicht nur aus <strong>Rezeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> erschlossen; teilweise<br />

erschliessen sich <strong>Rezeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> auch umgekehrt aus dem Vorhandensein<br />

entsprechender Daten.<br />

Als mögliche weitere Anwendunggebiete der in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren<br />

<strong>und</strong> Konzepte kommen alle Gebiete in Frage, in denen entsprechende<br />

Erkenntnisse aus einer Menge von visuellen Quellen extrahiert werden sollen:<br />

Generell lässt sich die <strong>Rezeption</strong> von antiken Monumenten dabei durch beliebige<br />

andere Korrelationskriterien ersetzen.

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